Eine Bombe namens Ivica Olic
Während Präsident Uli Hoeneß eine Verstärkung für den Sturm ankündigt, empfiehlt sich der eigentlich schon abgeschriebene Kroate mit Einsatz und Toren im Trainingslager als Gomez-Ersatz.
Es ist nicht so, dass Witzchen über Christian Wulff und sein Telefonierverhalten nur in Deutschland angesagt wären. „Vielleicht spreche ich es Ihnen sogar auf die Mailbox“, sagt Jupp Heynckes also und stimmt munter in das laute Gelache der Umstehenden mit ein. Es ist der letzte Tag des Bayern-Trainingslagers in Doha, Heynckes hat die letzte Trainingseinheit beendet und ist gefragt worden, ob er die Reporter teilhaben lassen könnte an den Überlegungen der Bosse über die Transferstrategie der Bayern für kommende Saison.
Die Diskussion angestoßen hatte zuvor Uli Hoeneß. Via „SZ“ hatte der Präsident sich für die nächste Saison neben einem neuen Verteidiger auch einen neuen Stürmer gewünscht. „Unser größtes Problem ist doch: Was machen wir, wenn sich Mario Gomez verletzt?“, hatte Hoeneß gefragt – und selbst geantwortet: „Da werden wir eine richtige Bombe brauchen, einen, der immer spielen kann, in Barcelona oder in Manchester.“ Heynckes hat gegen solche Gedankenspiele nichts einzuwenden, der Präsident dürfe schließlich alles, scheint einstweilen aber anders als sein alter Freund Hoeneß nicht die Notwendigkeit zu sehen für derlei Überlegungen. „Wenn wir der Meinung gewesen wären, nicht für den Ernstfall, wenn Mario sich verletzt, gerüstet zu sein, dann hätten wir uns doch jetzt bedient auf dem Transfermarkt. Wir vertrauen den Spielern, die wir haben", sagt Heynckes.
Dies ist vor allem als Vertrauensbeweis für Ivica Olic zu verstehen. Der lange verletzte Kroate hatte wegen seiner geringen Einsatzzeiten in der Hinrunde mit seinem Abschied kokettiert. Heynckes verbot den Wechsel – und möchte Olic nun weiter aufbauen.
Und tatsächlich darf sich der Kroate als einer der größten Gewinner dieses Ausflugs nach Arabien fühlen. Bereits am Samstag trat zum ersten Mal dieser Ernstfall ein, wenigstens ein kleiner. Beim sehr amüsanten Testspiel gegen Al Ahly Cairo, den populärsten und erfolgreichsten Klub der arabischen Region, ließ sich Gomez bereits nach acht Minuten auswechseln. Eine Vorsichtsmaßnahme, Gomez hatte leichte Schmerzen am Zehengelenk und machte den Platz im Sturm frei für Olic. Der kam, rannte, ackerte – und traf: erst per Kopf zum 1:0, dann besorgte er in der Nachspielzeit den 2:1-Siegtreffer. Zuvor hatte Olic beim Jux-Kick gegen den katarischen Klub Al-Sailiya fünf der 13 Bayern-Tore erzielt.
Heynckes hat dies natürlich registriert – und hebt nun zum Lobgesang auf den 32-Jährigen an: „Ivica hat etwas, das mir sehr gut gefällt. Er ist ein Spieler, der stets nimmermüden Einsatz zeigt, der sich für die Mannschaft aufopfert. Und wenn er fit ist, macht er seine Tore. Außerdem ist er in München Publikumsliebling, das ist auch ein wichtiges Kriterium.“ Heißt die Bombe für den Sturm also etwa Olic? „Ivica ist sicher die erste Alternative für Mario“, sagt Heynckes. Ansonsten könnte auch Thomas Müller im Sturmzentrum spielen. Der im Sommer aus Cottbus gekommene Nils Petersen ist eher außen vor.
Olic selbst sagt, dass er „offen“ sei für alles, auch eine Vertragsverlängerung. „Ich habe nie gesagt, dass ich alle Spiele machen möchte“, meint er. Dennoch: Olic ist 32, sein Spiel ist extrem kräftezehrend, zudem ist er verletzungsanfällig. Ob er auch nächste Saison noch das Niveau haben wird, das die Bayern sich wünschen?
Es wird jedenfalls schwer sein, einen Angreifer zu finden, der ähnliche Anlagen wie die Tormaschine Gomez hat, aber zunächst kaum Chancen auf einen Stammplatz haben wird. Aus der Bundesliga käme wohl nur Freiburgs Papiss Demba Cissé in Frage. Dass der bei ManUnited angeblich in Ungnade gefallene Wayne Rooney nach München wechselt ist ebenso unwahrscheinlich wie die Verpflichtung der charakterlich nicht ganz einwandfreien Carlos Tevez oder Mario Balotelli (ManCity). Vielleicht bleibt Olic am Ende also doch.