Ein Jahr im Amt: Bilanz von Hasan Salihamidzic als Sportvorstand beim FC Bayern

Am Donnerstag ist Hasan Salihamidzic auf den Tag genau 365 Tage als Sportvorstand des FC Bayern im Amt. Sportlich blickt "Brazzo" auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Das richtige Händchen fehlte ihm aber bisweilen - und das in mehrerlei Hinsicht. Die AZ zieht eine Bilanz.
Bernhard Lackner |
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Seit einem Jahr Sportvorstand beim FC Bayern: Hasan Salihamidzic
Seit einem Jahr Sportvorstand beim FC Bayern: Hasan Salihamidzic © IMAGO / Poolfoto

München - Es war eine der letzten Amtshandlungen von Uli Hoeneß vor seinem Abgang als Präsident: Am Donnerstag vor genau einem Jahr hat Hasan Salihamidzic das Amt als Sportvorstand des FC Bayern angetreten und füllt seitdem einen essenziellen Posten im höchsten Gremium des Klubs an. 

Nicht einmal drei Jahre hat es gedauert, bis der einstige Fan-Liebling beim FC Bayern den Weg vom Markenbotschafter über den Sportdirektorenposten bis in den Vorstand ging - eine bemerkenswerte Funktionärskarriere.

Die AZ zieht Bilanz zu "Brazzos" erstem Jahr als Sportvorstand:

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Sportliches Abschneiden: Erst Sextuple, dann Single

Besser hätte die Amtszeit von Hasan Salihamidzic als Sportvorstand nicht beginnen können: Nicht einmal zwei Monate nach seiner Beförderung gewann die Mannschaft unter seiner Ägide in Lissabon die Champions League, mit dem furiosen 8:2-Sieg gegen den FC Barcelona hatten sich die Münchner bereits zuvor in die Geschichtsbücher des Wettbewerbs geschossen. Es folgten sowohl der nationale als auch der internationale Supercup sowie der Gewinn der Klub-WM. Am Ende stand das historische Sextuple, das rein formell aber teilweise noch unter die vorangegangene Saison fiel.

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Blickt man ausschließlich auf die Erfolge der letzten Spielzeit, fällt die Bewertung weniger positiv aus. Im DFB-Pokal setzte es ein bitteres Aus im Elfmeterschießen bei Holstein Kiel, in der Champions League war ohne die verletzten Robert Lewandowski, Serge Gnabry und Leon Goretzka aufgrund der Auswärtstorregel im Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain Schluss. Die Meister-Serie konnten die Münchner mit dem neunten Bundesliga-Titel in Folge aber dennoch fortsetzen.

Transfers: Mehr als ein guter Lewy-Backup war nicht drin

"Brazzos" Transferbilanz als Sportvorstand fällt bislang eher ernüchternd aus: Königstransfer Leroy Sané blieb in seiner Debütsaison insgesamt hinter den Erwartungen zurück. Die Last-Minute-Transfers Bouna Sarr, Marc Roca, Tiago Dantas und Douglas Costa spielten die komplette Saison überhaupt keine Rolle. Einzig Eric Maxim Choupo-Moting, der nach Vertragsablauf bei PSG ablösefrei verpflichtet wurde, konnte in seiner Rolle als Lewandowski-Backup überzeugen und verlängerte bis 2023.

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Auch in Sachen Vertragsverhandlungen wirkte Salihamidzic nicht immer glücklich. Eine Einigung mit David Alaba konnte er auch nach monatelangem Poker nicht erzielen, bei Kingsley Coman stocken die Gespräche nun ebenfalls seit Wochen. In beiden Fällen waren und sind allerdings die Gehaltsvorstellungen der Spieler der Knackpunkt. Hier sind Salihamidzic aufgrund der finanziellen Vorgaben des Vereins ab einem gewissen Punkt schlicht die Hände gebunden.

Bild in der Öffentlichkeit: Nicht nur der Flick-Zoff hat Salihamidzic geschadet

Den wohl größten Aufreger der abgelaufenen Saison stellte die Trennung von Erfolgstrainer Hansi Flick dar - und das über Wochen. Das Verhältnis zwischen dem neuen Bundestrainer und Salihamidzic war bereits seit längerem angespannt, am Ende gab man seinem Wunsch nach Vertragsauflösung nach.

Das Bild, das der Klub während der Zoff-Wochen in der Öffentlichkeit abgegeben hat, war dabei alles andere als Bayern-like. Das muss sich auch Salihamidzic ankreiden lassen. Während sich Flick als Trainer rund um die Spieltage bei den obligatorischen Pressekonferenzen und TV-Interviews den kritischen Nachfragen der Öffentlichkeit stellen musste, war vom Sportvorstand irgendwann überhaupt nichts mehr zu hören.

Auch bei den Fans hat sich der 44-Jährige mit seinem Auftreten im Streit mit Flick viel Kredit verspielt. Sogar eine Petition für seinen Rauswurf wurde gestartet, insgesamt unterschrieben mehr als 72.000 Personen.

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Doch nicht nur in der Causa Flick agierte Salihamidzic unglücklich. So teilte er etwa die Entscheidung, dass der Vertrag von Jérôme Boateng (trotz guter Leistungen gegen den Wunsch von Trainer Flick und Teilen der Mannschaft) nicht verlängert wird, nicht einmal eine Stunde vor Anpfiff des Viertelfinal-Hinspiels gegen Paris Saint-Germain in einem Interview bei "Sky" mit. Boateng selbst soll erst beim Anschwitzen am Spieltag darüber informiert worden sein. 

Wirtschaftliches: Salihamidzic muss den Corona-Einbußen Rechnung tragen

Bei aller Angriffsfläche für berechtigte Kritik muss man Salihamidzic zugestehen: Die Corona-Krise macht den Job des Sportvorstandes einfach auch extrem schwer. Laut Präsident Herbert Hainer rechnet man im Klub mit Einbußen im dreistelligen Millionen-Bereich, alleine bei jedem Heimspiel ohne Fans gehen den Bayern mehrere Millionen durch die Lappen. Eben diesen Einbußen muss Salihamidzic als Sportvorstand Rechnung tragen.

Im Sommer vergangenen Jahres verbuchten die Münchner ein Transfer-Minus von etwa 40 Millionen Euro, in diesem Jahr stehen nach den Verpflichtungen von Dayot Upamecano und Julian Nagelsmann mehr als 50 Millionen als Saldo in der Bilanz. Weitere Ausgaben wird es nur geben, wenn Spieler verkauft werden. Ansonsten beschränkt man sich bis auf weiteres auf ablösefreie Spieler.

Im internationalen Vergleich zählen die Bayern damit tatsächlich zu den Klubs, die während der Corona-Krise mit am meisten in ihren Kader investiert haben. Nur aufgrund der guten wirtschaftlichen Gesamtsituation des Vereins ist dies möglich.

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16 Kommentare
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  • Lackl am 03.07.2021 23:08 Uhr / Bewertung:

    Bin gespannt ob unser Frühstückssportdirektor Coman und Goretzka auch vertreibt.
    Aber er wird sicher "Ersatz" von Europas Restrampe finden. Fehleinkaufe wie Sarr, Sane, Rocca, Cuisance und und und...
    Ich weiß wirklich nicht, warum Hoeneß auf Bayern so grantig ist, dass er sich mit diesem Brazzo so furchtbar gerächt hat.

  • Graf Rotz von Falkenschiss am 04.07.2021 13:26 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Lackl

    Brazzo ist doch Ulis Kartenspezi. Höchstwahrscheinlich wurde das dort so beschlossen und alle Anderen haben dann des Paten Idee abgenickt.

  • Südstern7 am 03.07.2021 10:43 Uhr / Bewertung:

    Meine Bewertung der bisherigen Amtszeit des Sportvorstandes ist mit einem Wort zu beschreiben:
    Desaströs.

    Dieses Kuckucksei hat die Statik des Vereins in Wanken gebracht. Seine Vorgänger Schwan, Hoeneß, Nerlinger und Sammer hatten alle ihre Ecken und Kanten, aber sie haben den Laden zusammen gehalten. Sie waren Bindeglied zwischen Mannschaft und Vorstand. Diese Selbstverständlichkeiten sind weg. Salihamidzic ist die personalisierte Unruhe, der kann seinen Vorgängern nicht das Wasser reichen und ist in dieser Funktion überfordert.

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