Ehrenpräsident Uli Hoeneß zur AZ: "Am Anfang war ich kein angenehmer Manager beim FC Bayern"

Unterhaltsam, ehrlich, polarisierend: Uli Hoeneß hat am Montagabend auf dem roten Sofa der AZ Platz genommen. Der Ehrenpräsident des FC Bayern blickte voraus – und auch weit zurück.
von  Thomas Becker
Auf dem roten Sofa (von Möbel Höffner) im Deutschen Theater: AZ-Chefredakteur Michael Schilling (links) und FC-Bayern-Reporter Patrick Strasser (rechts) im Gespräch mit Uli Hoeneß, dem Ehrenpräsidenten des FC Bayern.
Auf dem roten Sofa (von Möbel Höffner) im Deutschen Theater: AZ-Chefredakteur Michael Schilling (links) und FC-Bayern-Reporter Patrick Strasser (rechts) im Gespräch mit Uli Hoeneß, dem Ehrenpräsidenten des FC Bayern. © Daniel von Loeper

München - Zu sagen, dass zwischen Uli Hoeneß und der Abendzeitung immer alles harmonisch und einvernehmlich lief, wäre dann doch geflunkert.

Aber da der ewige Bayern-Boss Zeit seines Lebens einer gepflegten Auseinandersetzung noch nie aus dem Weg gegangen ist, konnte sich die AZ freuen, den mittlerweile 71-Jährigen im Rahmen des 75-jährigen AZ-Jubiläums in einer neuntägigen Diskussionsreihe "Das rote Sofa – Themen, die München bewegen" im Barocksaal des Deutschen Theaters zu begrüßen.

Uli Hoeneß, Ehrenpräsident des FC Bayern, wird von AZ-Chefredakteur Michael Schilling (rechts) und FC-Bayern-Reporter Patrick Strasser begrüßt.
Uli Hoeneß, Ehrenpräsident des FC Bayern, wird von AZ-Chefredakteur Michael Schilling (rechts) und FC-Bayern-Reporter Patrick Strasser begrüßt. © Daniel von Loeper

Auf dem Höffner-Sofa: Hoeneß und AZ-Sportreporter Patrick Strasser, der den Klub und seinen Lenker seit vielen Jahren begleitet und sogar eine Biografie über ihn verfasst hat. Ein Sessel weiter: AZ-Chefredakteur Michael Schilling.

Uli Hoeneß: "PSG ist das totale Gegenstück zum FC Bayern"

Chefredakteur Schilling, der mit dem Ehrenpräsidenten des FC Bayern in seiner Zeit als stellvertretender Ressortleiter der Sportredaktion so manchen Strauß ausgefochten hat, führt in den Abend ein mit einem Blick auf das bevorstehende Champions-League-Duell der Bayern gegen Paris St. Germain, sozusagen ein "Mustergegner" (Schilling) zum Festgeld-Klub von der Säbener Straße: "PSG ist das totale Gegenstück zum FC Bayern", sagt Hoeneß, "wir sind ein mitgliederstarker Verein" – und muss den Satz gar nicht vervollständigen, ohne dass jedem klar ist: PSG ist das nicht.

Uli Hoeneß: "Ich habe keinen Einfluss auf Oliver Kahn"

Lange dauert es nicht und die Diskussion ist schon beim ersten Knackpunkt gelandet: beim Werbe-Deal mit Qatar Airways. Hoeneß berichtet, dass sich der Vorstand derzeit Gedanken darüber macht – wie diese Diskussion letztlich ausgehe, wisse er allerdings auch nicht. Was er aber versichern könne sei Folgendes: "Der Ausgang des Spiels gegen Paris hat mit der Zukunft des Trainers Nagelsmann überhaupt nichts zu tun."

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Hoeneß legt aber Wert darauf festzustellen, dass er als Ehrenpräsident spricht, nicht mehr als Vorstandsmitglied: "Ich habe keinen Einfluss auf Oliver Kahn. So lange ich lebe, habe ich eine Meinung. Aber egal, was ich sage, heißt es schnell: 'Hoeneß kämpft gegen den Vorstand' – das ist total gaga."

In seiner Funktion als meinungsstarker Privatier spricht er sich gleich mal für die Aufhebung der seit Jahren diskutierten 50:1-Regelung vor – was der Spannung in der Bundesliga nur gut tun könne, so Hoeneß.

Bei den Hardcore-Fans würden allerdings nicht viele so denken, schätzt er. Die Identität des FC Bayern beschreibt Bayern mit einem Rückblick auf 1970, als er zum FCB kam: "Damals war das ein Fußballverein. Wenn schönes Wetter war, war das Stadion fast voll, aber halt nur fast. Als ich knapp zehn Jahre später den Klub als Manager übernommen habe, habe ich versucht den Klub zu einer Marke zu machen."

Uli Hoeneß: "Die Super League ist der falsche Weg"

In den USA und Großbritannien habe er sich mit dem Thema Merchandising vertraut gemacht – und dieses Wissen nach Oberbayern transferiert. Der Rest ist Geschichte. "Am Anfang war ich kein angenehmer Manager, habe die Ellenbogen ausgefahren", bekennt er, betont aber, dass der FC Bayern schon immer ein sozialer Verein gewesen ist. Die Super League sei dagegen "der falsche Weg": "Der FC Bayern muss immer ein Verein sein, der den Fan in den Mittelpunkt stellt."

Philipp Lahm habe man nach dessen Karriereende ein Angebot für den Posten des Sportdirektors gemacht, um dann nach einer Bewährungszeit in den Vorstand aufzusteigen: "Das wollte er nicht", sagt Hoeneß. Bastian Schweinsteiger sei in seinem Job als TV-Experte "anfänglich unsicher gewesen, aber heute sagt er dem Hansi Flick, wenn die deutsche Mannschaft einen Scheißdreck spielt. Ich bin überzeugt, dass für Bastian Schweinsteiger die Türen beim FC Bayern weit aufgehen".

Uli Hoeneß lobt Sommer, erwartet aber einen fitten Neuer auch im Tor

Yann Sommer sei "ein Glücksfall für den FC Bayern, aber Manuel ist Manuel" – gemeint ist der verletzte Nationaltorwart Manuel Neuer: "Wenn Manuel fit ist, wird er wieder im Tor stehen."

An seinem Faxgerät hält Hoeneß bis heute fest, Instagram ist nichts für ihn, er schwärmt von den längst vergangenen Zeiten, als der FC Bayern einfach mal so aufs Oktoberfest gehen konnte, von mittags bis spät abends: "Ich lebe gut ohne E-Mailadresse, weil ich mir 400 oder 500 Mails am Tag erspare. Die paar Leute, die mich sprechen wollen, können mich ja anrufen. Wir haben in der Pandemie zwei Aufsichtsratssitzungen digital geführt – das waren die schlechtesten überhaupt. Wie soll man denn da diskutieren? Wie soll ich da einem sagen 'Du Arschloch!'"

Uli Hoeneß und Mario Basler: "Das war manchmal schon anstrengend"

An die Zeiten des FC Hollywood erinnert er sich nicht so gern: "Mit Mario Basler habe ich bis heute ein super Verhältnis, aber das war manchmal schon anstrengend. Wenn der mit Pizarro, Giovane Elber und Effe unterwegs war: Da war aber was los!"

Die allermeisten Trainer seien als Bekannte gekommen und als gute Freunde gegangen. Sogar mit Carlo Ancelotti, Louis van Gaal und Niko Kovac habe er immer noch ein gutes Verhältnis. 

Uli Hoeneß privat: "Ich bin ein alter Store-Checker"

Patrick Strasser hebt dann auf den Privatmenschen Hoeneß ab, der seinen vier Enkeln (6, 8, 10 und 12 Jahre) schon mal eine Cola ausgibt und mit ihnen Bud Spencer schaut: "Das macht schon Spaß mit denen." Der aktuelle Hund Ben sei nach Ben Johnson benannt, so wie der Vorgänger Kuno nach dem Trainer Kuno Klötzer benannt war. "Morgens kriegt er von mir eine halbe Semmel – und auch mal ein Stück Wurst."

Ansonsten sei er zuhause für den Einkauf zuständig: "Ich bin ja ein alter Store-Checker, und jetzt habe ich eine Bayern-München-Pizza gefunden – und dann kaufe ich die natürlich, 3,90 Euro. Gestern habe ich eine Gartenschere mitgebracht: 2,99 Euro!"

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