Durchmarsch! Aber Hitzfeld tobt
NÜRNBERG - Auch nach dem 1:1 gegen den Club marschieren die Bayern schnurstracks auf die 21. Meisterschaft zu. Dennoch wurde es laut in der Kabine. Hitzfeld: „Ich war richtig sauer.“
Na also. Da haben sich die Bayern offenbar doch das Flehen einiger Ex-Stars wie Roland Grahammer, Manni Schwabl oder Hans Dorfner in der AZ zu Herzen genommen und dem Club mit dem 1:1 ein wenig Nachbarschaftshilfe im Abstiegskampf geleistet. Gern geschehen! Ist ja nix passiert, denn die Konkurrenz hat wieder mal für die Münchner gespielt. Der HSV (1:1 in Bielefeld) und Schalke (0:0 beim KSC) verschenkten Punkte, Leverkusen (0:2 gegen Frankfurt) und Bremen (1:2 gegen Duisburg) leisteten sich peinliche Pannen. Da grinste Uli Hoeneß. „Trotz der Blöße, die wir uns gegeben haben, haben wir gewonnen.“
Seine Bayern, weiter sieben Punkte vor dem schärfsten Verfolger HSV, marschieren schnurstracks auf die 21. Meisterschaft zu. Und zwar per Durchmarsch: Vom ersten bis zum letzten Spieltag an der Spitze zu stehen, hat in der Bundesliga-Geschichte bisher nur ein Verein geschafft: Bayern in der Saison 1984/85. Mit Augenthaler, Matthäus, Pfaff, Kögl. Und mit Trainer Udo Lattek.
Ottmar Hitzfeld will Lattek das Kunststück nachmachen. Unbedingt. Deshalb hielt der Trainer gar nichts vom mildtätigen Gekicke seiner Stars in der ersten Halbzeit, die dank Misimovics Traumtor (44.) mit 1:0 an den Club ging. „Das war bis dahin ein müder Kick von uns. Dann wurde es etwas lauter in der Kabine“, sagte Hitzfeld, der seine Samariter in der Pause zusammen stauchte: „Ich war richtig sauer.“
Vor allem auf die Nationalspieler, die am Mittwoch Testkicks für die EM absolviert hatten. Hitzfeld schimpfte: „Die sind wohl am Mittwoch zu viel gelaufen. Man kann doch nicht im Länderspiel zwei Kilometer mehr laufen als bei uns. Jeder will sich nur für die EM aufdrängen.“ Sogar Superstar Franck Ribéry bekam’s ab. Hitzfeld: „Er war einer der Müdesten.“ Beim Franzosen kam wenigstens der Pausen-Weckruf an: Er gab Gas in der zweiten Halbzeit, bereitete mit einem genialen Pass den Ausgleichstreffer von Lukas Podolski (81.) vor.
Dennoch hätten die Nürnberger drei Punkte eingesackt, hätten die Bayern – neben Wüterich Hitzfeld – nicht einen zweiten Spielverderber gehabt: Kapitän Oliver Kahn. Erst meisterte der Keeper mit einem Superreflex einen Schuss von Koller (59.), dann grätschte er mit 40 Meter Anlauf den durchgebrochenen Wolf ab (62.). Mit vollem Risiko, Rot zu kassieren. Alles wegen Thomas Gottschalk. „Bisher haben wir immer verloren, wenn ich bei dir war“, sagte Kahn am Abend auf der Wetten-dass-Couch im ZDF, „ich wollte nicht schon wieder als Loser kommen.“ Hat ja gut geklappt.
Franz Meier