Disziplin? Fehlanzeige! Die ehemaligen FC-Bayern-Bosse ließen ihren Stars zu viel durchgehen

München - Der FC Bayern steckt im größten Umbruch der jüngeren Vereinsgeschichte. Das Experiment mit Oliver Kahn als Vorstandsboss und Hasan Salihamidzic als Sportvorstand an der Klubspitze ist gescheitert, nun haben neben Präsident Herbert Hainer, Kahn-Nachfolger Jan-Christian Dreesen und Trainer Thomas Tuchel auch wieder die beiden alten Bayern-Granden Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge das Sagen.
Zu tun gibt es einiges – und das nicht nur auf dem Transfermarkt, wo in diesem Sommer womöglich die 100-Millionen-Euro-Schallmauer für einen Spieler durchbrochen werden könnte. Auch sonst gab es unter Kahn und Salihamidzic in den vergangenen Monaten und Jahren so manche Fehlentwicklung, die von der neuen Klubführung glattgebügelt werden muss. Die AZ gibt einen Überblick. Teil zwei: Die fehlende Disziplin – nicht nur innerhalb der Mannschaft.
FC Bayern: Mit Manuel Neuers Skiunfall ging die Misere los
Das vergangene war sicherlich eines der turbulentesten Halbjahre seit langem. Auf dem Platz ließ das Team jegliche Konstanz vermissen und auch daneben gab es jede Menge Schlagzeilen. Auch deshalb, weil die Verantwortlichen ihren Spielern viel zu viel durchgehen ließen.
Los ging die Misere mit dem schweren Skiunfall von Manuel Neuer im Dezember. Kurz nach der enttäuschenden Weltmeisterschaft hielt es der mehrfache Welttorhüter trotz schwieriger Verhältnisse für eine gute Idee, mit ein paar Freunden zu einer Skitour aufzubrechen, wo er am unteren Bereich des steilen Südhangs des Roßkopfs am Spitzingsee folgenschwer verunglückte.
Fahrlässiger Skiausflug: FC-Bayern-Kapitän Manuel Neuer zeigt keine Einsicht
Verboten war der Ausflug zwar nicht, ein derart erfahrener Profisportler wie Neuer hätte sich der möglichen Konsequenzen eines Unfalls – insbesondere mit Blick auf die Mannschaft und den kompletten Verein, allerdings bewusst sein müssen.
Besonders einsichtig zeigte sich Neuer in der Folge allerdings nicht. In seinem aufsehenerregenden und nicht vom Klub autorisierten Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" und dem englischen Portal "The Athletic", in dem er auch die Klubführung für den Rauswurf von Torwarttrainer Toni Tapalovic scharf kritisierte, rechtfertigte der gebürtige Gelsenkirchener seine Tour.
"Ich fahre seit über 30 Jahren Ski, für mich ist das wie Brötchenholen. Felle an, Berg hoch und Piste runter. Bei uns heißt das auch 'Schwabenrunde', weil man nicht für den Lift zahlt", erklärte er lapidar.
Neuer kommt ohne Strafe davon: Bosse verpassen es, ein Zeichen zu setzen
Obwohl Neuer mit seinem Ausflug die sportlichen Ziele in Gefahr gebracht und mit dem nicht autorisierten Interview samt Führungsschelte auch noch gegen interne Regeln verstoßen hatte, soll ihm eine Geldstrafe erspart geblieben sein. Hier verpassten es die Bosse, ein klares Zeichen zu setzen – auch an dessen Mitspieler.
Die nutzten die lange Leine ihrer Chefs ihrerseits zu Disziplinlosigkeiten und nahmen es mit der Professionalität im Laufe der Rückrunde dann ebenfalls nicht allzu genau. Ein Strafenkatalog wurde etwa erst eingeführt, nachdem Leroy Sané gleich mehrfach zu spät zu Treffpunkten erschienen war. Auch der Trip von Serge Gnabry zur Fashion Week nach Paris an einem trainingsfreien Tag während einer englischen Woche (!) ließ durchaus Rückschlüsse auf dessen Berufsauffassung zu. Von der Kabinen-Prügelei zwischen Sadio Mané und Sané ganz zu schweigen!
FC Bayern: Nach Verlust der Tabellenführung reiste Ex-Coach Nagelsmann in den Skiurlaub
Bemerkenswert: Nicht nur die Spieler sorgten mit wenig professionellem Verhalten für Stirnrunzeln, sondern auch Ex-Coach Julian Nagelsmann. Der verabschiedete sich während der Länderspielpause im März samt Lebensgefährtin in den Skiurlaub nach Kitzbühel – obwohl er mit den Bayern nach der 1:2-Niederlage bei Bayer Leverkusen gerade die Tabellenführung verloren hatte und direkt danach das wichtige Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund anstand.
Womöglich auch deshalb war er noch vor dem BVB-Kracher seinen Job los, wie Ehrenpräsident Uli Hoeneß gegenüber dem "kicker" andeutete.
"Julian Nagelsmann hätte nach der Niederlage in Leverkusen nicht in den Skiurlaub fahren dürfen. Wäre er in München geblieben, hätte man sich am Montag oder Dienstag zusammengesetzt und gesprochen", meinte Hoeneß: "Und, wer weiß, was dann passiert wäre?" Unabhängig davon wäre es ohnehin die klügere – und professionellere – Entscheidung gewesen, auf den Kurztrip zu verzichten.
Für maximalen Erfolg braucht es beim FC Bayern maximale Professionalität
Auch aufgrund der Vielzahl an Disziplinlosigkeiten kam der FC Bayern in den vergangenen Monaten kaum zur Ruhe. Die neue Klubführung wird interne Verfehlungen deutlich besser im Blick behalten und wesentlich strenger ahnden müssen, um die hochgesteckten Ziele zu erreichen und auch in Sachen Außendarstellung wieder dem eigenen Selbstbild gerecht werden zu können.
Für maximalen Erfolg braucht es maximale Professionalität – und die ließen bei den Bayern in den vergangenen Monaten zu viele vermissen...