„Die Zeit für Experimente ist jetzt vorbei“

... „und das weiß auch Trainer Jürgen Klinsmann“, sagt Zé Roberto, der Beste der kriselnden Bayern.
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... „und das weiß auch Trainer Jürgen Klinsmann“, sagt Zé Roberto, der Beste der kriselnden Bayern.

AZ: Mal höflich gefragt: Wie geht es Ihnen, Zé?

ZÉ ROBERTO: Nicht so gut. Zumindest geht es mir nicht so, wie ich es mir wünsche.

Weshalb? Sie sind zurzeit der beste Bayern-Spieler.

Das kann sein, aber die Mannschaft geht durch eine schwierige Situation, unsere Lage in der Bundesliga ist sehr kompliziert. Zum Glück sieht sie in der Champions League anders aus.

Haben Sie eine Erklärung dafür?

Nein. Ich habe sie gesucht, aber bisher nicht gefunden. In all meinen Jahren beim FC Bayern kann ich mich nicht daran erinnern, so einen Saisonstart gehabt zu haben. In meiner gesamten Karriere habe ich so etwas noch nicht erlebt. Es haben sich schon viele Leute damit beschäftigt, eine Erklärung für diese Momentaufnahme des Klubs zu liefern. Meiner Meinung nach ist die Situation so komplex, dass sie keine Erklärung braucht. Wir müssen einfach weiter arbeiten dürfen, um unser Ziel erreichen zu können: an der Spitze der Tabelle zu sein.

Dort belegt Bayern Platz elf. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie das sehen?

Dann denke ich an das nächste Spiel, an die Chance, mit einem Sieg drei Punkte zu holen, damit wir uns nach oben orientieren. Ich glaube nicht, dass wir unseren Zielen fern sind. Ich bin überzeugt, dass wir uns verbessern werden, dass wir auf keinen Fall auf diesem Platz stagnieren werden. Wir werden eine ganz gute Saison hinlegen, hier erleben wir gerade den Anfang einer neuen Arbeitsphilosophie, und jeder Anfang ist schwer.

Ein wichtiger Teil dieser neuen Arbeitsphilosophie von Jürgen Klinsmann besagt, jeden Spieler jeden Tag besser zu machen. Kritiker sagen, dass Sie der einzige Spieler beim FC Bayern sind, der wirklich besser geworden ist.

Das wird auch bei der ganzen Mannschaft funktionieren. Ich glaube, dass sich bei mir auf Grund meines Alters und meiner Erfahrung als Fußballer diese Philosophie fester verankert hat. Ich habe Jürgen Klinsmann von Beginn an verstanden, ich kann sehen, warum er experimentiert, warum er bestimmte Sachen durchzieht. Es ist mir klar, was er will und wie er es erreichen möchte. Das Ausprobieren gehört zur jetzigen Phase des Plans. Die Mannschaft hat diese Saison schon ansatzweise gezeigt, dass sie die Philosophie von Jürgen Klinsmann versteht, etwa gegen Köln, gegen Nürnberg oder in der zweiten Halbzeit im Champions-League-Spiel gegen Lyon. Es fehlt uns nur Konstanz und eine gute Balance.

Deshalb gerät der Trainer in Erklärungsnot.

Seit Jürgen Klinsmann unser Trainer ist, hat er vieles ausprobiert: neue Systeme, neue Spieler, neue Aufstellungen, neue Ideen. Er ist auf der Suche nach dem optimalen Team, aber bevor er es findet, muss er experimentieren. Klinsmann kam mit seiner eigenen Arbeitsmentalität, er kennt die Mannschaft, hier sind immer noch die gleichen Spieler, die er während der letzten Saison beobachtete, die, die Meisterschaft und Pokal gewannen. Aber um den FC Bayern zu haben, den er möchte, muss er seine eigenen Erfahrungen machen. Es ist ungerecht, hart mit ihm ins Gericht zu gehen, ohne zu berücksichtigen, dass er erst vor kurzem begonnen hat und langfristig plant. Letztendlich hat er einen Vertrag für zwei Jahre.

Aber die Fans haben nicht so viel Geduld.

Es ist mir klar, dass sie gute Ergebnisse wollen. Ihre Reaktion ist verständlich. Aber die Fans denken wie Fans, nicht wie der Trainerstab oder die Entscheidungsträger des Klubs, denn zu deren Verantwortung gehört es, auch für die Zukunft zu sorgen. Die Fans sollen Geduld haben und uns Vertrauen schenken.

Wie lange sollen sie warten? Wie viele Experimente sollen sie noch erdulden?

Wir haben keine Zeit mehr. Der HSV hat sieben Punkte Vorsprung. Die Zeit für Experimente ist vorbei. Ich bin nicht der einzige, der dies weiß, der Trainer weiß es sicherlich auch. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um zu jammern oder Erklärungen zu suchen. Ab dem kommenden Spiel müssen wir einfach unsere Situation ändern. Gegen Karlsruhe fängt für uns die Saison neu an.

Es ist ihre letzte in Deutschland. Haben Sie sich schon mit der englischen Sprache befasst?

Nein, warum?

Weil Sie angeblich in die USA auswandern, zum FC Dallas.

Nein, der FC Dallas hat, wie andere Vereine auch, Interesse an mir gezeigt, aber ich habe noch keine 100-prozentige Entscheidung getroffen, ob ich in Deutschland bleibe oder nicht.

Haben Sie ein Angebot vom FC Bayern über eine Vertragsverlängerung abgelehnt?

Nein. Um Missverständnisse um das Thema auszuräumen, muss ich klarstellen: Erstens, ich bin noch nicht vom Verein in Sachen Vertragsverlängerung angesprochen worden. Zweitens, falls ich jetzt vom FC Bayern oder einem anderen Klub wegen eines Vertrages ab 2009 angesprochen würde, werde ich allen die gleiche Antwort geben: Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu reden. Erst im Februar oder März nächsten Jahres werde ich anfangen, über meine Zukunft nachzudenken, zurzeit konzentriere ich mich nur auf die laufende Saison. Drittens, eine endgültige Entscheidung werde ich zusammen mit meiner ganzen Familie treffen. Egal wie es am Ende aussieht, meine Frau, meine Kinder und ich fühlen uns sehr wohl in München.

Die Bayern-Fans dürfte es Freude, wenn Sie bleiben – weil Sie ja mit zunehmendem Alter ständig besser werden.

Mittlerweile glaube ich fest an meine eigenen Witze. Vor kurzen habe ich erzählt, dass ich wie ein guter Wein bin: Mit den Jahren werde ich immer besser. Es scheint tatsächlich so zu sein.

Interview: Daniel Martinez

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