Die Verwandlungskünstler

Fünf Münchner gehören derzeit zur Stammelf von Löws Nationalmannschaft – und im Gegensatz zum Verein überzeugen sie dort: „Bei Bayern fehlt mir das Glück, hier fällt mir der Ball auf den Helm."
von  Abendzeitung
Klatsch ab, Torschütze! Was Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm im Bundes-Dress ständig zu Miroslav Klose sagt, passierte bei Bayern schon lange nicht mehr.
Klatsch ab, Torschütze! Was Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm im Bundes-Dress ständig zu Miroslav Klose sagt, passierte bei Bayern schon lange nicht mehr. © GES/Augenklick

Fünf Münchner gehören derzeit zur Stammelf von Löws Nationalmannschaft – und im Gegensatz zum Verein überzeugen sie dort: „Bei Bayern fehlt mir das Glück, hier fällt mir der Ball auf den Helm."

BERLIN Es sind bewegende Tage für Toni Kroos. Der Mittelfeldspieler des FC Bayern doubelte am Freitag beim 3:0 in Berlin gegen die Türkei den verletzten Bastian Schweinsteiger auf der eminent wichtigen Position im defensiven Mittelfeld. Er bekam viel Lob von Bundestrainer Joachim Löw. Am Dienstag, beim nächsten EM-Qualifikationsspiel in Kasachstan muss Kroos womöglich die zweite Königsposition besetzen: Spielmacher Mesut Özil vertreten, der wegen einer Prellung am linken Knöchel übers Wochenende nicht trainieren durfte.

Über Özils Einsatz („Ich hoffe, dass ich rechtzeitig fit werde und will unbedingt spielen") wird wohl erst am Dienstag in Astana entschieden. Günter Netzer über Kroos in „BamS": „Es ist gut für einen Trainer zu wissen, dass ein Spieler gleich auf mehreren Positionen eingesetzt werden kann. Kroos kann so für die Nationalelf und für den FC Bayern ein wertvoller Mann werden." Das Problem an der Sache: Für die Bayern ist der Rückkehrer von Bayer Leverkusen dies noch nicht. Unter Louis van Gaal spielt der 20-Jährige auch eine andere Position, meist als Ersatz für den verletzten Franck Ribéry auf dem linken Flügel.

Kroos ist kein Einzelfall. Stabil und gelöst, frei aufspielend, im Nationaltrikot – verkrampft und gehemmt beim FC Bayern. Siehe die letzten Wochen. Der einzige, der meist konstant gut in beiden Dressen und Systemen spielt, ist Innenverteidiger Holger Badstuber. Im Folgenden ist von drei Verwandlungskünstlern die Rede, die ein Doppelleben führen. Hier in der Bayern-Krise, dort im Nationalelf-Dauerhoch.

Miroslav Klose:

Man fragt sich mittlerweile: Hat Klose nicht nur Zwillingskinder, sondern auch einen Zwillingsbruder? Einen, der bei Bayern bislang lediglich drei Saisontreffer (Supercup, DFB-Pokal und Champions League, nicht in der Bundesliga) erzielt hat und den DFB-Miro, der nach der WM in drei Spielen fünf Mal traf, zuletzt doppelt gegen die Türkei. „Bei Bayern fehlt mir das Glück, hier fällt mir der Ball wie bei diesem 1:0 einfach auf den Helm", sagte der 32-Jährige, der nun 57 Treffer in 104 Länderspielen auf der Habenseite hat. Unter Löw genießt Klose vollstes Vertrauen, ist uneingeschränkt Stürmer Nummer eins. Anders bei Bayern, wo er mit Olic und Gomez um einen Platz kämpfen muss. Dazu kommt das andere System von Louis van Gaal. „Das Spiel bei uns ist mehr auf unseren zentralen Stürmer zugeschnitten. In München passiert viel mehr über außen, bei uns über das Zentrum", sagt Löw, „Miro hat bei uns mehr Freiheiten. Die tun ihm gut."

Thomas Müller:

Bei Bayern noch sehr schwankend in seinen Leistungen, bestätigt er im DFB-Trikot seine Stellung als WM-Torschützenkönig. Gegen die Türkei ermöglichte er mit seinem Bogenlampen-Kopfball an Latte und Pfosten das 1:0 von Klose. In der Nationalelf spielt Müller immer vorne rechts mit klaren Aufgaben, bei van Gaal sollte er auch mal hinter der Spitze zentral ran. Natürlich fehlen Müller kreative Spieler wie Ribéry und Robben, im DFB-Team hat er Özil neben sich.

Philipp Lahm:

Gegen die Türkei bot der Rechtsverteidiger seine beste Saisonleistung, ging als Kapitän voran, leitete Treffer eins und zwei ein. Im Bayern-Trikot schleppte sich Lahm bisher durch, gab zu: „So kaputt war ich noch nie." Die Kapitänsbinde und das DFB-Umfeld scheinen ihn zu tragen. Vielleicht sollten die Bayern einfach mal in schwarz-weiß spielen, in Nationalelf-Verkleidung.

Patrick Strasser

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