Die Transfer-Taskforce des FC Bayern: Das haben die glorreichen Sieben gerockt und verbockt

München - Sie sind gekommen, um zu siegen. Und natürlich, um den Bayern-Kader nach einer verkorksten Saison wieder auf Vordermann zu bringen. Die Rede ist von der Transfer-Taskforce des Rekordmeisters. Genauer gesagt, die glorreichen Sieben um Jan-Christian Dreesen, Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß, Marco Neppe, Herbert Hainer, Michael Diederich und natürlich Thomas Tuchel. Um wieder eine triplefährige Mannschaft aufzustellen, haben die Bayern-Bosse eine klare Marschroute formuliert.
"Als die Transferperiode begonnen hat, waren wir uns im Sportausschuss klar, dass wir zwei primäre Ziele haben. Das Erste ist, dass wir unbedingt einen Mittelstürmer brauchen. Das Zweite war, wir wollten nochmal eine Verstärkung für die Innenverteidigung haben", erklärte Präsident Herbert Hainer jüngst im "Doppelpass". Doch war die Arbeit der glorreichen Sieben erfolgreich? Die AZ hat die Transferaktivitäten der Transfer-Taskforce des FC Bayern genauer unter die Lupe genommen.
Vor seinem Aus beim FC Bayern: Brazzo tütete den Transfer von Konrad Laimer ein
Bevor die Bayern-Bosse sich aber an das Abarbeiten ihrer Einkaufsliste machten, hatte der ehemalige Sportvorstand der Münchner, Hasan Salihamidzic, den ersten Transfer des Sommers schon eingetütet. Konrad Laimer (26), der unter anderem auch auf dem Radar des FC Liverpool war, kam ablösefrei von RB Leipzig in die bayerische Landeshauptstadt.
Somit nahm die Transfer-Taskforce die Arbeit schon mit der ein oder anderen Vorschusslorbeere auf. Nach dem Leihende von João Cancelo brauchte der FC Bayern zusätzlich dringend einen zweiten Linksverteidiger. Dabei rückte Dortmunds Raphael Guerreiro, den Tuchel noch aus seiner Zeit vom BVB kennt, schnell ins Visier der Münchner. Dass der flexibel einsetzbare Linksverteidiger eine Verstärkung für den Klub ist, war sich die Transfer-Taskforce schnell einig.

"Als der Name bei uns in dem Kaderplanungskreis genannt wurde, er ist ablösefrei, haben wir alle sofort zugestimmt", bestätigte Uli Hoeneß Anfang Juni. Dass der Deal letztlich innerhalb weniger Tage umgesetzt werden konnte, war vor allem der Verdienst von Jan-Christian Dreesen, Thomas Tuchel und Marco Neppe, die Guerreiro von einem Wechsel an die Säbener Straße überzeugten.
Innenverteidiger oben auf der Wunschliste: Bosse locken Kim Min-jae zum FC Bayern
Noch während des Trainingslagers am Tegernsee konnten die glorreichen Sieben auch den Innenverteidiger von der Einkaufsliste streichen. Nachdem plötzlichen Abgang von Lucas Hernández zu Paris Saint-Germain wechselte das neapolitanische Abwehrmonster Min-jae Kim für 50 Millionen Euro (Ausstiegsklausel) zum FC Bayern. Zwar muss der Südkoreaner erst noch unter Beweis stellen, dass er auch ein bayerisches Abwehrmonster ist, dennoch ist der Transfer ein echter Coup.
Kim war maßgeblich daran beteiligt, dass der SSC Neapel nach 33 Jahren wieder den Scudetto in den Himmel stemmen durfte. Gleichzeitig wurde die Abwehrkante für seine starken Auftritte zum besten Verteidiger der Serie A gewählt. Nicht zu Unrecht sagte Tuchel nach der Ankunft von Kim: "Ich liebe ihn, ich liebe ihn."

Dass der Wechsel nahezu reibungslos über die Bühne ging, lag auch hier vor allem in der Verantwortung von Dreesen und Neppe. "Min-jae Kim hat eine tolle Entwicklung hingelegt. Wir sind überzeugt, dass er mit seiner Spielweise auch unsere Fans begeistern wird", sagte Dreesen stolz nach der Bekanntgabe des Transfers. Aber auch auch Rummenigge, der einen exzellenten Draht nach Italien hat, dürfte seine Kontakte beim Transfer von Kim spielen haben lassen.
Die härteste Nuss für den FC Bayern: Der Mega-Transfer von Harry Kane
Die härteste Nuss, die es in diesem Transfer-Sommer zu knacken galt, kam in den kommenden Wochen auf die Transfer-Taskforce der Münchner zu: Daniel Levy. Der Tottenham-Boss wollte seinen Star-Stürmer Harry Kane mit allen Tricks und Kniffen behalten. Um den Mega-Transfer schließlich über die Bühne zu bringen, brauchte es die gesammelte Mannschaft.
Tuchel übernahm dabei die Überzeugungsarbeit bei Kane. Der Bayern-Coach telefonierte mehrmals mit dem Kapitän der englischen Nationalmannschaft und machte ihn heiß auf den FC Bayern. Währenddessen setzten sich Hainer, Rummenigge, Dreesen und Neppe an den Verhandlungstisch mit Levy. Dreesen und Neppe flogen sogar mehrmals mit Angeboten im Gepäck nach London. Im Hintergrund prüfte Diederich, der neue Dagobert Duck des berühmten Festgeldkontos des Rekordmeisters, die Finanzen.

Hoeneß brachte seine Crew bei diesem Transfer das ein oder andere Mal ins Schwitzen und Levy wohl dazu, weiter den Preis in die Höhe zu treiben. Mitten unter den Verhandlungen sagte der Ehrenpräsident des Rekordmeisters: "Bis jetzt ist es so, dass Harry in allen Gesprächen ganz klar signalisiert, dass seine Entscheidung steht. Und wenn die bleibt, kriegen wir ihn."
Umso erleichterter war die gesamte Transfer-Taskforce als Levy nach Wochen zäher Verhandlungen am 11. August endlich grünes Licht gab und Kane noch am selben Tag seinen "Servus" unter den Vertrag setzte. Bis auf den kleinen Fauxpas von Hoeneß bewies der Sportausschuss beim Kane-Coup nicht nur Durchhaltevermögen, sondern auch eine gute Teamarbeit.
Nur eine B-Lösung? Daniel Peretz soll beim FC Bayern von Neuer und Ulreich lernen
Deutlich weniger Durchhaltevermögen, aber dafür ein scharfes Auge im Scouting mussten die Bayern-Bosse beim Transfer von Daniel Peretz (23) an den Tag legen. Nachdem Yann Sommer den Verein Richtung Inter Mailand verließ, wollte die Transfer-Taskforce zunächst eine neue Nummer zwei verpflichten. Doch Favorit Kepa wechselte kurz vor knapp in seine Heimat zu Real Madrid.

So entschied man sich in München, auch durch die Reha-Fortschritte von Manuel Neuer, zunächst auf Sven Ulreich zu setzen und statt einem gestandenen Routinier den "israelischen Neuer" zu verpflichten. Vor dem Hintergrund des Neuer-Comebacks ein guter Schachzug, zumal Peretz durch Neuer und Ulreich langsam herangeführt werden kann.
Pavard geht, Palhinha kommt nicht: Hier hat sich die Transfer-Taskforce verzockt
Bei der letzten Mission des Sommers trat die Transfer-Taskforce jedoch alles andere als geschlossen auf. Während Tuchel schon seit Beginn der Transferperiode auf eine "Holding Six" drängte, verwehrten ihm seine Bosse lange diesen Wunsch. So sagte Hoeneß unter anderem im Juli, dass die Bayern die Baustelle im Mittelfeld mit Laimer gestopft hätten.
Eine umso unglücklichere Figur machten die glorreichen Sieben nach dem Abgang vom Benjamin Pavard zu Inter Mailand, als sich die Bayern-Bosse doch noch kurzfristig entschieden, Tuchel den Wunsch von einem Abräumer im Mittelfeld zu erfüllen. Erst wenige Tag vor dem Deadline-Day starteten die Münchner die Mission Joao Palhinha (28). Sie sollte das Finale Furioso der Transfer-Taskforce werden.

Doch am vergangenen Freitag um 18.00 Uhr (Transferschluss in Deutschland) entwickelte sich der Palhinha-Deal zum echten Deadline-Day-Desaster. Zwar einigten sich Neppe und Dreesen innerhalb eines Tages in Rekordgeschwindigkeit sowohl mit dem Spieler als auch mit dem FC Fulham, jedoch wollten die Engländer zuerst einen Nachfolger für ihren Mittelfeldmotor verpflichten.
Da sich die Transfer-Crew der Münchner jedoch erst zu spät über den Deal einig war, fanden die Engländer innerhalb dieser kurzen Zeit keinen ehrwürdigen Vertreter für Palhinha. So musste der Portugiese noch am selben Abend mit enttäuschter Mie ne zurück in den Flieger nach London steigen.
Der FC Bayern hat den kleinsten Kader der Liga – Trainer Tuchel soll kreativ werden
Damit geht der FC Bayern mit dem kleinsten Kader aller Bundesligavereine (23 Spieler mit Torhütern) auf die Mission Triple und für Tuchel heißt es, wie Dreesen jüngst betonte, etwas kreativer zu sein. Denn kurz vor Ende der Transferperiode gab man auch noch Ryan Gravenberch an den FC Liverpool ab.
Während die Bayern-Bosse um Dreesen und Hainer trotz des gescheiterten Last-Minute-Transfers von Palhina mit ihrer Arbeit mehr als zufrieden sind, hadert Tuchel noch etwas mit seinem Kader: "Es ist ein bisschen dünn, ein bisschen wenig. Wir haben einen guten Kader, aber auf manchen Positionen ist es ein bisschen mutig."
Ähnlich wie Tuchel sieht es auch die AZ: Zwar hat die Transfer-Taskforce vor allem beim Kane-Deal eine beeindruckende Teamleistung gezeigt und mit Kim den besten Verteidiger der Serie A nach München gelotst, dennoch haben die glorreichen Sieben beim gescheiterten Palhinha-Deal gezeigt, dass zu viele Köche durchaus den Brei beziehungsweise den Bayern-Kader verderben können. Deshalb gibt es für Dreesen, Hainer und Co. eine 2 + für ihre Arbeit.
Die gibt es auch für die Verpflichtung von Sportdirektor Christoph Freund, der in Zukunft den Bayern-Kader zusammenstellen soll. Gleichzeitig haben die Bayern-Bosse damit das Ende der Transfer-Taskforce eingeläutet. "Eines ist aber klar. Wir werden natürlich das Know-How, die Erfahrung und das Netzwerk eines Karl-Heinz Rummenigge oder eines Uli Hoeneß weiter nutzen", erklärte Hainer. Das verspricht doch eine glorreiche Zukunft für den FC Bayern.