Die Tor-Revolution

Der FC Bayern bekommt neue Tore – sie sollen die Sicherheit für die Spieler erhöhen.
von  Thomas Becker
Neue Tore braucht der Klub: Gegen Mainz spielt der FC Bayern auf neu gestaltete Tore. Der verletzungsträchtige Bodenrahmen ist dabei im Rasen versenkt.
Neue Tore braucht der Klub: Gegen Mainz spielt der FC Bayern auf neu gestaltete Tore. Der verletzungsträchtige Bodenrahmen ist dabei im Rasen versenkt.

Miroslav Klose hat sich mal die Nase an ihm gebrochen, HSV-Verteidiger Ditmar Jakobs wäre wegen ihm fast im Rollstuhl gelandet. Die Rede ist vom unscheinbaren, aber dennoch so verletzungsträchtigen Bodenrahmen. Der gehört zu jedem handelsüblichen Fußballtor, liegt hinter der Linie auf dem Boden auf und hält das Netz. Bald wird er verschwinden, kommt unter die Grasnarbe, wird unsichtbar, im Rasen versenkt – und den Profis somit nicht mehr gefährlich. Die ersten beiden Tore namens „Liga Pro“ haben am Samstagnachmittag Premiere – in der Allianz Arena, beim Spiel des FC Bayern gegen Mainz 05.
Wenn Hanno Zwickl seine Neu-Entwicklung erklärt, ist ein gewisser Stolz nicht zu überhören. „Wir haben Anfragen aus der ganzen Bundesliga – und sogar von Real Madrid“, erzählt der Mann, der beim mittelfränkischen Sportgerätehersteller „Sport Erhard“ für die so genannten Außensportanlagen zuständig ist und dem DIN-Ausschuss Sportgeräte angehört. Seit zwölf Jahren konzipiert er Sportanlagen und -Geräte, aber wohl selten hat er von einem neuen Patent so geschwärmt wie von seinem „sicheren Tor“.
Im April 2008 hatte sich der ehemalige Bayern-Stürmer Miro Klose „nach einem Flugkopfball, der am rund fünf Zentimeter dicken Bodenrahmen endete“ (Zwickl) einen dreifachen Trümmerbruch der Nase zugezogen, der operiert werden musste. Ex-Nationalspieler Jakobs musste im September 1989 gar seine Karriere beenden, als er bei der spektakulären Abwehr eines Torschusses ins Tor rutschte und sich an einem defekten Karabinerhaken der Toraufhängung verfing. Erst nach 20 Minuten konnte er aus dieser Lage befreit werden: Der Mannschaftsarzt schnitt ihm den Haken mit einem Skalpell aus dem Rücken heraus, durchtrennte dabei aber Nervenbahnen in der Nähe der Wirbelsäule. Jakobs leidet noch heute an den Verletzungen.
Mit dem versenkbaren Aluminium-Bodenrahmen kann all das nicht mehr passieren. „Der Rahmen liegt nicht mehr auf dem Boden auf, sondern wird niveaugleich eingelassen“, erklärt Zwickl, „da ist dann nichts mehr, woran sich die Spieler verletzen könnten.“ Der Aufwand, einen entsprechenden Graben auszuheben, ist überschaubar, die Kosten für die Stadionbetreiber ebenfalls: Rund 4000 Euro kostet ein Tore-Paare samt Netzen. In der Allianz Arena braucht man insgesamt sechs Tore: „Zwei mit rotem Bayern-Netz, zwei mit blauem Sechziger-Netz, zwei mit neutral weißem Netz für Länderspiele“, so Zwickl.
In Fröttmaning nutzte man nun die Länderspielpause für die Installation der neuen Tore. Jürgen Muth, Geschäftsführer der Allianz Arena, begrüßt die neue Technologie: „Ich freue mich, dass wir die Ersten sind, die dieses System bekommen. Der FC Bayern ist ja immer offen für neue Ideen. Ich habe dann meinen Greenkeeper gefragt, was er davon hält, denn ohne dessen Meinung entscheide ich so etwas nicht. Und er fand’s auch prima. Ich denke, das wird einen gewissen Signalcharakter für andere Stadien haben.“
Aber was geschieht mit dem alten, ausgedienten Gestänge, an dem unlängst ein gewisser Bastian Schweinsteiger recht geschichtsträchtig scheiterte? „Wegschmeißen werden wir die Tore jedenfalls nicht“, meinte Muth, „vielleicht versteigern wir sie ja.“
Nur auf eins wird man dank der neuen Technik künftig verzichten müssen: auf das Netz-Gezoppele der Schiedsrichter vor dem Spiel. Denn: Da gibt’s jetzt nichts mehr zu zoppeln. Das Netz verschwindet bündig im Rasen, ohne Haken und Ösen.

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