Die Superbayern sind zurück: Das macht FCB-Trainer Vincent Kompany aktuell richtig

München – Wenn sich Angestellte des FC Bayern am Mittwoch auf den Fluren der Geschäftsstelle oder in der Kaffeeküche begegneten, schüttelten sie irritiert und zugleich voller Anerkennung den Kopf. Als könnten sie immer noch nicht glauben, was sie am Abend zuvor gesehen hatten. 9:2! Ja, das war wirklich passiert in der Allianz Arena, in einer "unglaublichen Nacht", wie Torjäger Harry Kane meinte.
Die Profis genossen am Mittwoch einen freien Tag, konnten so entspannt in ihren Chats noch einmal die Bewunderung für ihre Taten nachlesen, die im nächsten Guinness-Buch der Rekorde zu finden sein werden. In ihrem ersten Champions-League-Spiel der neuen Saison, zugleich Auftakt zur Mission "Finale dahoam 2025", erzielten die Bayern gegen Dinamo Zagreb neun Tore – so viele wie noch kein Team zuvor in der Königsklasse.
9:2 gegen Zagreb: FC Bayern feiert höchsten Champions-League-Sieg
Bisher war acht das Limit. Im früheren Landesmeister-Wettbewerb muss man lange zurückblättern, um "alle Neune" zu finden. Real Madrid demontierte 1990 Wacker Innsbruck mit 9:1. Acht Dinger hatten die Bayern einst unter Trainer Hansi Flick gegen den FC Barcelona erzielt, beim legendären 8:2 im Triple-Jahr 2020. Mit dem 9:2 feierten die Münchner zudem ihren bisher höchsten Champions-League-Sieg.
Es hätte locker zweistellig enden können gegen harmlose und bemitleidenswert unterlegene Kroaten. Nach solch einem Kantersieg stellt sich die Frage: Waren die Verlierer so schlecht oder die Gewinner so stark? Die Wahrheit liegt in der Mitte, des Pudels Kern heißt Kane. Harry Kane. Unnachahmlich, mit welcher Konsequenz und Sicherheit der Mittelstürmer Elfmeter oder Abstauber verwandelt.
In der Liga war er am Samstag beim 6:1 in Kiel drei Mal erfolgreich, am Dienstagabend vier Mal. Bei einem weiteren Treffer stand der Engländer knapp im Abseits.
Harry Kane: Erste Spieler mit drei Elfmetertoren in einem Europapokalspiel
"Ein verrücktes Spiel. Drei Elfmeter in einem Spiel hatte ich noch nie. So etwas passiert ja eigentlich auch nicht", wunderte sich der 31-Jähirge und hatte recht: Er ist nun der erste Spieler mit drei Elfmetertoren in einem Europapokalspiel. "Ich habe immer meine Routine, aber beim dritten Elfmeter wusste ich nicht mehr so recht, was ich machen soll – zum Glück habe ich ihn versenkt."
Zum dritten Mal ins selbe Eck. Das sind Sorgen – bei nun 53 Toren in 50 Pflichtspielen für die Bayern. Mit 15 Vorlagen ist Kane alle 63 Minuten an einem Tor beteiligt. Unheimlich.
Unheimlich gut ist nicht nur Mittelstürmer Kane in Form, sondern die gesamte Bayern-Mannschaft. Die frühere Gier nach Toren und Siegen ist nach der titellosen Saison zurück. Einer wie Routinier Thomas Müller (35), meist nur Joker von der Bank, spürt den neuen, alten Geist.
Müller, der mit nun 152 Champions-League-Spielen für einen Verein einen weiteren Rekord aufgestellt hat: "Der Saisonstart war gut. Das ist kein Zufall. Wir versuchen, die Zitrone auszupressen bis zum letzten Tropfen. Anders geht's nicht und anders darf's auch nicht sein." Unwiderstehlich.
Kompany lässt spektakulären, aber auch riskanten Fußball spielen
Ohne Mitleid mit den Gegnern, dafür ist der teaminterne Konkurrenzkampf, vor allem in der Offensive, zu hoch. Beeindruckende 24:5 lautet die Torbilanz der ersten fünf Pflichtspiele, sämtlich gewonnen. Auch wenn die Gegner Ulm, Wolfsburg, Freiburg, Kiel und nun Zagreb hießen.
Dank Vincent Kompany. Der neue Trainer lässt spektakulären, aber auch riskanten Fußball mit hohem Verteidigen spielen. Da sind Fehler und plötzliche Gegentore wie kurz nach der Pause gegen Zagreb (binnen zwei Minuten von 3:0 auf 3:2) eingepreist. "Das darf uns nicht passieren, das müssen wir abstellen", meinte der 38-Jährige.
Wichtig ist dem belgischen Coach die Reaktion – und die stimmte. Nach kurzem Schütteln warfen die Bayern wieder die Tormaschine an. Das Personal? Egal. Der Tor-Motor läuft. Da trifft selbst der vom Verein am liebsten abgegebene Leon Goretzka.
Und nun? Muss sich Werder Bremen am Samstag (15.30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker) einem erneuten Schützenfest entgegenstemmen. Am 28. September wartet dann die erste Prüfung auf die bayerische Zirkus-Truppe: Double-Gewinner Bayer Leverkusen. Gegen Wirtz & Co. wird Kompany Netz und doppelten Boden einbauen.