Die Sportredaktion blickt zurück auf 2011

Es ist Halbzeit beim FC Bayern. Grund genug für die AZ, ein Zwischenfazit zu ziehen. Momente voller Emotionen: Die AZ-Reporter blicken zurück auf die herausragenden Szenen der Hinrunde.
München - Was war Hinrunde wichtig? Was bleibt haften, welche waren die Schlüsselmomente – für Spieler, Schatzmeister und Fans? Ein Halbjahr, in dem es noch keine Titel zu gewinnen gab, dafür jedoch eine Menge Emotionen: Glaube, Liebe, Hoffnung. In sechs Wettbewerben traten Bayern und Löwen ab Juli 2010 an.
Die Roten haben es geschafft, den Traum vom Triple über Silvester zu retten. Sie sind Herbstmeister, im Achtelfinale der Champions League und im Viertelfinale des Pokals.
Fragt sich nur: Was wird 2012? Es lauern: große Momente.
Emotionalster Moment
Die Nachricht war ein Schock – eben weil es nicht um Tore und Punkte ging, sondern lebensgefährlich war. In der Nacht vom 19. auf den 20. September brannte die Grünwalder Villa der Familie von Bayern-Abwehrspieler Breno komplett aus. Es entstand ein Millionenschaden. Der Brasilianer kam mit einer leichten Rauchvergiftung ins Krankenhaus, Frau Renata und die Kinder waren zum Zeitpunkt des Brandes nicht im Haus.
Für die Bayern-Verantwortlichen ein Schock, sofort kümmerten sie sich umBreno und dessen Familie, besorgten eine Unterkunft. Die Staatsanwaltschaft München erließ wegen Fluchtgefahr einen Haftbefehl gegen Breno. Der 21-Jährige saß knapp zwei Wochen in Untersuchungshaft. Anfang Oktober kam er gegen Zahlung einer Kaution und unter Auflagen wieder auf freien Fuß. Nach diversen Verletzungen kämpfte sich Breno beharrlich zurück ins Training und fand wieder Spaß an seinem Job. Kurz vorWeihnachten erreichten die Bayern, dass der Brasilianer im Januar mit nach Katar ins Trainingslager reisen darf – trotz der strengen Meldeauflagen.
Das Schlüsselerlebnis
Jupp Heynckes ahnte, was passieren würde. In dem Moment, als die Sanitäter am 2. November in der Partie gegen den SSC Neapel (3:2) nach 53Minuten Bayerns Mittelfeld- Chef Bastian Schweinsteiger auf der Trage an der Trainerbank vorbei Richtung Kabine trugen, schwante dem Bayern-Trainer Böses. Nicht nur das Schlüsselbein des 27-Jährigen war gebrochen, dahin waren auch Rhythmus und Stabilität im Mittelfeld. Bis zum Ende der Hinrunde sollte Schweinsteiger fehlen – und das war sofort nach dem Unfall zu spüren.
Gerade noch siegten die Bayern in Augsburg (2:1), verloren jedoch gegen Dortmund (0:1) und stürzten nach dem 2:3 in Mainz auf den dritten Rang ab. Erst als Schweinsteiger fehlte, merkte man, wie sehr er fehlte. Für Heynckes keine Überraschung: „Ich habe ihn schon zu Saisonbeginn in eine Liga mit Xavi und Iniesta gestellt. Das hat sich bestätigt. Er ist der Kopf der Mannschaft, die Seele unseres Spiels“, sagte er. Wenn in der Rückrunde Arjen Robben in Topform sei und Schweinsteiger zurückkomme, „werden wir auf ganz hohem Niveau spielen“, hofft Heynckes.
Das Fanerlebnis
Die Anfeindungen einiger ewig gestrigen Ultras gegen den Ex-Schalker Manuel Neuer waren noch in der Vorbereitung ausgestanden, der Großteil der Fans bereitete dem Nationaltorhüter einen grandiosen Empfang. Längst hat der gebürtige Gelsenkirchener das Herz der Bayern-Anhänger erobert.
Für den spektakulärsten und künstlerisch wertvollstenMoment sorgte die Fanvereinigung „Club Nr.12“ vor dem Champions-League- Heimspiel am 2. November gegen den SSC Neapel. Die Abteilung Gänsehaut meldete sich bei den rund 60 000 Bayern-Fans als die Südkurve vor dem Anpfiff eine Europa-Karte über drei Ränge bildete – samt Spruch „Wer nach Hause will, muss sich auf den Weg machen“. Zum Finale am 19. Mai 2012 in München. Die erste Zwischenstation wird imAchtelfinale der FC Basel sein.
Am Spieltag begann um 11 Uhr die Organisation im Stadion, rund 50 Leute waren beteiligt. Die Fans bezahlen die Materialien, der Verein stellte Ordner sowie Räumlichkeiten zur Vorbereitung. Die nächsten Choreographien für 2012 sind schon in Planung.
Der Cash-Moment
Sie hatten es sichmit der verpatzten Rückserie im Frühjahr 2011 selbst eingebrockt, diese Strafrunde für Europas bedeutendsten und ertragreichstenWettbewerb. Nach Platz vier in der Bundesliga mussten die Bayern in der Qualifikation zur Champions League antreten. Es ging um Geld. Passenderweise wurde mit dem FC Zürich ein Schweizer Verein als Gegner gezogen. Machbar.
Und dennoch wurde Präsident Uli Hoeneß im Hinspiel in der Allianz Arena richtig nervös. Nur 1:0 zur Pause, die Mannschaft gerade frisch in der Saison und noch auf der Suche nach sich selbst, da hielt es Hoeneß nicht mehr auf der Tribüne. Hoeneß eilte zur Kabine, diskutierte im Vorraum laut mit Sportdirektor Nerlinger. Hoeneß gestand später einmal: „Ich war so unruhig, schließlich ging es da um 50 Millionen.“ Und um seinen großen Traum: das Finale in der Allianz Arena 2012.
In Halbzeit zwei konnte sich Hoeneß entspannen. Robben traf zum 2:0, im Rückspiel reichte ein früher Gomez-Treffer zum 1:0. Nach dem Einzug ins Achtelfinale hat man nun bereits rund 23,5 Millionen Euro sicher.
Schönster Moment
Sensationelle 33:0 lautete die Tor-Bilanz zwischendurch. Von nichts und niemandem schienen die Bayern aufzuhalten im Spätsommer wie im Frühherbst. Arena-Besuche machten Freude, die Gegner bekamen eine Packung plus Mitleid. 5:0 gegen den HSV, 7:0 gegen Freiburg, 3:0 gegen Leverkusen, 4:0 gegen Hertha – mehr Spaß ging kaum, vor allem Franck Ribéry blühte unter dem neuen, alten (zugleich ewig jungen) Jupp Heynckes wieder auf.
Das 2:0 gegen Manchester City im September war die wohl beste Leistung – gegen den stärksten Gegner des Halbjahres. Doch die größte Freude entlud sich nach dem 2:1 im Dezember beim VfB Stuttgart. Erstmals in der Saison hatte man einen Rückstand gedreht, Torjäger Mario Gomez traf nach einer peinlichen Slapstick-Nummer doch noch, sogar doppelt. 2:1 – der Herbstmeistertitel. Und obendrauf das gute Gefühl: Uns kann keiner was.
Schlimmster Moment
Sie hatten sich so viel vorgenommen, es war das Adrenalin-Spiel der Hinrunde. Im März hatten die Dortmunder mit ihrem „Kindergarten“ (O-Ton Trainer Jürgen Klopp) den Bayern in der Allianz Arena eine Lektion erteilt und 3:1 gewonnen – ein Meilenstein auf dem Weg zum Meistertitel 2011 und für die Bayern ein emotionaler Magenschwinger.
War die Pleite gegen die eine Borussia, das 0:1 gegen Gladbach am ersten Spieltag, noch ein Ausrutscher, zeigte das 0:1 gegen Dortmund am 19. November den Bayern: sie sind verletzlich, besiegbar. Statt eines komfortablen Vorsprungs von acht Punkten war Doertmund wenig später ebenbürtig. Zeit zur Revanche: 10./11. April’12.