Die Münchner Mauer: Wer spielt in der Innenverteidigung?

München - Die Bilanz: 16 Gegentreffer in sechs internationalen Testspielen und dem Supercup gegen Dortmund. Die Stimmung: trotzdem bestens. Es war in den vergangenen Jahren selten so leicht, Tore gegen den FC Bayern zu schießen wie in dieser Vorbereitung.
Doch wenn Trainer Carlo Ancelotti über die Abwehr seiner Mannschaft spricht - genauer: über die Innenverteidigung -, sagt er: "Auf dieser Position sind wir die Besten."
Und er hat damit recht. Wie das zusammenpasst? Nun, Ancelotti weiß die Umstände der Sommerperiode einzuschätzen. Die stressige Asien-Tour etwa, die oft wechselnden Aufstellungen mit Not-Innenverteidiger David Alaba, das Fehlen von Jérôme Boateng, der seit Mai kein Spiel bestritten hat. Und nun auch noch der Verletzungsschreck bei Javi Martínez, der wegen einer Wadenverhärtung allerdings nur wenige Tage ausfällt.
Was Ancelotti beruhigt: Nominell haben die Bayern mit Boateng, Martínez, Mats Hummels und Neuzugang Niklas Süle "vier erstklassige Spieler", wie Sky-Experte Lothar Matthäus sagt, das wohl stärkste Abwehrzentrum der Welt.
Die AZ erklärt Bayerns mächtige Mauer – und sagt, wer die besten Chancen hat, zu spielen.
Mats Hummels
Auch der Ex-Dortmunder war in der Vorbereitung nicht frei von Patzern, doch er darf sich aktuell als Innenverteidiger Nummer eins fühlen. "Es fehlen in allen Punkten auf jeden Fall noch ein paar Prozente", sagte Hummels nach dem Supercup. "Das habe ich auch gemerkt. Ich war nach dem Spiel sehr kaputt, aber in zwei, drei Wochen können wir die 90 Minuten deutlich leichter gehen."
Nach den Rücktritten von Philipp Lahm und Xabi Alonso ist Hummels in der Bayern-Hierarchie aufgestiegen, könnte dritter Kapitän werden. Öffentlich spricht er nach Niederlagen Klartext, übernimmt Verantwortung. So sagte er etwa in Dortmund, dass das Spiel nur "der Anfang einer Antwort" auf die kritischen Fragen zuletzt gewesen sein könne.
Hummels’ Realismus tut den Bayern gut. "Wenn alle vier Innenverteidiger fit sind, glaube ich, dass Ancelotti Hummels und Boateng zusammen spielen lassen wird", meint Matthäus.
Jérôme Boateng
Der Weltmeister-Kollege von Hummels kämpft sich nach seiner Muskelverletzung im rechten Oberschenkel zurück, muss jedoch immer wieder kürzertreten. Boateng war eigentlich schon ins Mannschaftstraining eingestiegen, dann trainierte er plötzlich wieder individuell.
Sein Comeback zum Liga-Start ist fraglich. In der vergangenen Saison ließ Ancelotti Boateng im Pokal-Halbfinale gegen Dortmund auf der Bank, nominierte stattdessen Hummels und Martínez. Das sorgte für Frust bei Boateng. Ist er in dieser Spielzeit wieder gesetzt?
"Ja" - hofft Klaus Augenthaler. Das Argument des früheren Bayern-Kapitäns: "Wenn Boateng und Hummels agieren, dahinter Manuel Neuer, hat man die Abwehr der deutschen Nationalmannschaft."
Javi Martínez
Der Spanier musste gegen Dortmund frühzeitig raus, seine Wade soll jedoch nicht schlimmer lädiert sein. Tendenz: Martínez ist schon beim Pokalspiel am Samstag in Chemnitz wieder einsatzfähig.
Und sonst? War der 28-Jährige einer der konstantesten Bayern in der Vorbereitung, sein Patzer vor dem 1:0 der Dortmunder am Samstag die absolute Ausnahme. Schon in der vergangenen Saison absolvierte Martínez starke 37 Pflichtspiele, profitierte dabei auch von Boatengs Verletzungspech.
Patrik Andersson, Bayerns Meisterheld von 2001, würde Martínez gern in der Startelf sehen: "Bayern hat genug Spiele in drei Wettbewerben, da brauchst du vier hochkarätige Spieler. Ich glaube, Boateng und Martínez werden sich durchsetzen."
Niklas Süle
Und was ist mit dem Neuzugang aus Hoffenheim? Der geht als Außenseiter in den Viererkampf. Doch in einer solchen Rolle sah man auch den Ex-Hoffenheimer Sebastian Rudy - ehe er im Supercup überzeugte und nun als aussichtsreicher Startelfkandidat in die Anfangsphase der Saison geht.
Süles Perspektiven sind etwas schwieriger, da er es mit drei Weltmeistern aufnimmt. Die Verletzungen von Boateng und Martínez könnten ihn aber in die Anfangsformation spülen. "Ich will mich durchsetzen", sagt der 21-Jährige forsch. Er sei ein "fantastischer Verteidiger", lobt Ancelotti.
Matthäus merkt an, dass sich Süle "noch entwickeln" müssen, "aber er hat mich beim Confed Cup überzeugt". Da spielte der 1,94-Meter-Mann in einer Dreierkette. Ein Modell für die Bayern? "Ich denke nicht, dass Ancelotti das probieren wird", sagt Matthäus. "Er ist der Viererketten-Typ."
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