Die goldene Gladiole
Bayern-Trainer van Gaal nimmt an der Farbe grün des DFB Anstoß und sieht dadurch Pokalgegner Bremen bevorzugt. Nebenbei glaubt er, einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten.
BERLIN Feierbiest - dieser Begriff passt ja nun überhaupt nicht. Auf Trainer Thomas Schaaf. Alles ist der Mann aus Mannheim, nur kein Partyhengst. Der 49-jährige Werder-Trainer bemühte sich, bierernst dreinzuschauen, als er mit Louis van Gaal zum Fototermin in den Katakomben des Berliner Olympiastadions gebeten wurde. Sie nahmen den Pott in die Mitte – und van Gaal nahm Schaaf in den Arm. Der lächelte gequält. Anders van Gaal. Der Bayern-Trainer zeigte schon wieder dieses Weißbierdusche-Lachen. Vorfreude ist doch die schönste Freude.
Van Gaal genoss den Auftritt am Freitagnachmittag vor seinem ersten Endspiel um den DFB-Pokal (20 Uhr, ZDF und Sky live). Nur die Eigenheiten in der Hauptstadt waren dem Holländer nicht bekannt. „Als ich heute Morgen hier nach Berlin kam, dachte ich, dass ich in Bremen bin. Überall grüne Fahnen!“ Stille auf dem Podium. Bis DFB-Sprecher Stephan Brause aufklärte: „Die Farbe des DFB ist grün.“ Van Gaal überrascht: „Oh, aber das ist ein Vorteil.“ Konter Schaaf: „Wir haben ja trotz des neutralen Austragungsortes laut DFB ein Heimspiel, deshalb ist alles schön grün gemacht worden.“
Es war der einzige Moment, in dem Schaaf auf der gemeinsamen Pressekonferenz etwas aus sich herausging. Der Bremer-Coach ist die Abteilung nüchtern. Dafür aber Pokalfinalspezialist. Keiner hat mehr Erfahrung. Werder steht das zehnte Mal im Endspiel, das neunte Mal mit Schaaf. Und der 49-Jährige könnte einen Rekord aufstellen, es wäre sein vierter Pokal-Titel als Trainer. In seiner Lieblingsstadt. Zu Berlin hat der Familienmensch eine ganz besondere Beziehung, erst kürzlich hat er mit Ehefrau Astrid und Tochter Valeska eine Stadtrundfahrt mit dem Boot gemacht und „einige Ecken erkundet, die uns zuvor verborgen geblieben waren“. Schaaf hat ein Ritual: Er geht immer am Pokalfinalsamstag im Tiergarten zum Joggen.
Van Gaal hofft auf sein zweites Triple. Nach dem Meister-Dreier (diesen Titel hatte er schon in Holland und Spanien gewonnen) steht nun der nächste Coup an. „Es ist für mich eine Herausforderung, dass ich den Pokal dann in drei Ländern gewonnen hätte.“ Und zwar: 1993 mit Ajax Amsterdam, 1998 mit dem FC Barcelona. Van Gaal: „Ich wäre das auch gerne in Deutschland. Hier ist der Stellenwert höher. Wir wollen gewinnen.“ Für den zweiten Schritt zum Triple. Für die goldene Gladiole. "Es ist wieder ein Spiel ,Der Tod oder die Gladiolen' - und wir haben diese immer gewonnen in dieser Saison", sagte van Gaal.
Er persönlich noch mehr. Jüngst erzählte der holländische Botschafter Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, wie leicht ihm die Arbeit dank der Oranje-Bayern mit van Gaal, Robben und van Bommel falle. Van Gaal sieht sich als Völkerverständiger. „Ich glaube auch, dass die Beziehung zwischen Deutschland und Holland sich verbessert hat. Noch nie haben so viele Menschen in Holland gejubelt, wenn eine deutsche Mannschaft gewinnt. Sport verbrüdert.“
Und Erfolge machen klebrig. Als ein Film über die letzten Finals eingespielt wurde, frohlockte van Gaal: „Ich habe kein Paulaner-Bier bei den Bildern gesehen. Das freut mich sehr.“ Wird ihm nichts helfen. Die Weißbierduschenabordnung reiste zum Teil bereits am Freitag nach Berlin.
Patrick Strasser