Die drei Müller-Regeln: "Spielen! Lachen! Alles können!"

München - Müller lacht immer. Da muss schon viel passieren, etwa eine Niederlage im Elfmeterschießen eines Champions-League-Finals (siehe Chelsea 2012), dass der Bayern-Profi nach einem Spiel nicht mehr grinst. Soweit Müller-Regel Nummer zwei.
Denn tritt einmal Müller-Regel Nummer eins („Müller spielt immer”) nicht in Kraft, heißt das nicht, dass der Betroffene schlecht drauf ist. Kommt ja auch nicht oft vor – beides. Beim 2:0 gegen Nürnberg verzichtete Trainer Pep Guardiola erstmals auf die Dienste des 23-Jährigen. Die Bayern arbeiteten sich am Club ab, eine zähe Geschichte – bis Müller in der 62. Minute reinkam. Mit einem energisch-entschlossenen Zweikampf samt Balleroberung an der Mittellinie weckte er Mitspieler und Fans, ein Hauruck-Effekt. „Es hat sich gut angefühlt, ich bin gut ins Spiel reingekommen”, sagte Müller und erklärte, dass selbst die ungewohnte Joker-Rolle ihm liege. „Ich bin ja dazu da, den direkten Weg zum Tor zu suchen. Wenn wir beim Stand von 0:0 ein Tor brauchen, war das auch ein guter Zeitpunkt für mich.” Ärger? Gar Frust über die Verbannung auf die Bank? Ach, wo! Siehe Regel Nummer zwei. Für die Auswärtspartie in Freiburg war er wieder als Fixstarter vorgesehen.
Und Regel Nummer drei besagt: Müller kann alles. Unter Guardiola hat der Pähler schon drei verschiedene Positionen im neuen 4-1-4-1-System gespielt. Ganz vorne als „falscher Neuner” in der Spitze, auf Rechtsaußen oder im halbrechten, offensiven Mittelfeld. Die Rolle, die er in der Triple-Saison unter Coach Jupp Heynckes als stürmender Zehner hinter Mandzukic ausfüllte gibt es unter Guardiola nicht mehr. Doch Müller sucht – und findet – immer seine ganz spezielle Lücke, sture Positionsbindung ist nicht seine Welt. Und Pep lässt ihm eine gewisse Freiheit. Er weiß: Wo ein Müller ist, ist auch ein Weg.
Da kann kommen, wer will. Die Verpflichtung von Mario Götze für 37 Millionen Euro von Borussia Dortmund wollten manche Beobachter als Misstrauensvotum und Konkurrenzbeschleuniger für Müller werten. Auch Götze ist in der Offensive vielseitig einsetzbar, war jedoch gehandicapt durch seine Verletzung. Götze, Kroos, Ribéry, Robben, Shaqiri, dazu kam noch Pep-Wunschspieler Thiago. Und wer spielt am Ende meistens doch? Eben. „Der Trainer hat eher mannschaftstaktisch etwas verändert, weniger individuell”, sagt Müller. Die zusätzliche Laufarbeit ist für den Schlaks kein Problem. Müller erklärt: „Die Positionen müssen in verschiedenen Konstellationen gehalten werden. Darum geht es.” Durchblick hilft.
Auch für eine detaillierte Trainingsanalyse nach zwei Monaten Pep ist Müller zu haben: „Wir arbeiten im Training derzeit nicht so sehr daran, den einzelnen Spieler weiterzubringen. Wir sind vielmehr dabei, mannschaftstaktisch neue Wege zu gehen und weiter Dominanz aufzubauen. Dadurch verbessert sich der Einzelne automatisch.”
Am Freitag kann Müller Vergangenheitsbewältigung betreiben. Im europäischen Supercup geht es gegen „Finale-dahoam-Verderber” Chelsea (20.45 Uhr, ZDF live). „Wir haben noch eine kleine Rechnung offen, auch wenn wir das verlorene Champions-League-Finale leider nicht vergessen machen können”, erklärt Müller und fordert: „Ins Supercup-Finale kommt man nicht immer, deshalb wollen wir diesen Titel mit aller Macht gewinnen.” Um 2012 endlich vergessen zu machen, als Bayern nach seinem Führungstor ins Elfmeterschießen musste. Warum bloß – fragt er sich heute noch, ohne eine Antwort zu haben. Müller: „Manchmal gibt’s im Fußball Dinge, die nicht einmal von mir zu erklären sind.”