"Die Bayern? Sandhausen wäre mir lieber gewesen"
AZ: Herr Gerber, haben Sie noch Reptilien zu Hause?
FRANZ GERBER: Nein, nein. Das ist lange her.
Kennt denn überhaupt noch irgendwer Ihren alten Spitznamen „Schlangen-Franz”?
Kaum, die Leidenschaft für Reptilien hatte ich in den 70er Jahren, das hat aufgehört.
Sie sollen zahlreiche Schlangen in der Wohnung gehalten haben.
Na ja, ein paar im Terrarium. Heute finde ich keine Zeit für solch ein Hobby – vielleicht als Rentner dann wieder.
Und das scheint weit weg. Sie sind 58 Jahre alt, haben Jahn Regensburg als Manager vor drei Jahren vor der Insolvenz gerettet, in die Zweite Liga geführt – und nun werden Sie mit einem Pokalduell gegen den FC Bayern belohnt.
So ein Spiel gab’s hier in Regensburg in den letzten 50 Jahren nicht, das wird eine tolle Sache. Aber ich bin nicht restlos glücklich mit dem Los.
Wieso nicht?
Mir wäre ein schlechter Zweitligist lieber gewesen, einer unserer Mitaufsteiger etwa, Sandhausen oder der VfR Aalen.
Warum das denn?
Ganz einfach: Gegen die Bayern hoffen wir auf einen schönen Pokalabend, ein möglichst enges Ergebnis, also eine knappe Niederlage – aber nach 90 Minuten ist es vorbei. Gegen einen Zweitliga-Gegner hätten wir in die Zweite Runde einziehen können, da kommt man dann an die prallen Geldtöpfe. Ich muss ja das Wirtschaftliche im Auge haben. Wir hätten ja auch in der Zweiten Runde noch gegen Bayern spielen können.
Dafür haben Sie nun mit dem TV-Livespiel am Montagabend die größtmögliche Aufmerksamkeit. Doch warum sind Sie nicht ins Nürnberger Stadion umgezogen? Dort hätten 48.500 Fans Karten kaufen können, nicht nur 12.500 wie im Jahnstadion.
Unterm Strich hätten wir rund 200000 Euro mehr eingenommen durch die Business-Seats und Logen. Und bei einem Gesamt-Etat unseres Vereins von 3,5 Millionen Euro ist das eine Menge. Doch in Nürnberg wäre es ein ganz normales Pokalspiel gewesen, hätte niemanden richtig emotionalisiert. Mit dem Umzug hätten wir viele Menschen hier in Regensburg verärgert. Wir sind es der Stadt, der Region und den Fans schuldig, hier zu spielen – für Regensburg ist es ein Jahrhundertspiel.
In einem Stadion mit – pardon – dem Charme der Vergangenheit.
Wir haben es nun mit Hilfe der Stadt für eine Million Euro saniert, die Anforderungen der DFL erfüllt. Aber wir bekommen ja ein neues Stadion, direkt an der Autobahn wie die Allianz Arena. Für 15000 Zuschauer, Vorbild ist der Audi-Sportpark in Ingolstadt. In zwei Jahren ist es fertig.
Aber warum jetzt erst?
Sie müssen sehen: Der Jahn war in 50 Jahren nur eine Saison in der Zweiten Liga (2003/04 stieg man sofort wieder ab, d.Red.). Der Fußball hat hier keine Rolle gespielt, das war schade, schlimm. Es hieß: Warum braucht man für die Dritte oder Vierte Liga ein neues Stadion?
Der größte Erfolg des Jahn war das Pokal-Achtelfinale 2003/04, Sie sind Meister – mit 21 Minuten Spielzeit im Bayern-Trikot 1971/72.
Aber Meister ist Meister! Ich war dabei, habe immer mittrainiert mit Müller, Maier, Beckenbauer, saß auf der Bank – ein schönes Erlebnis.
Als gebürtiger Münchner kamen Sie mit zehn Jahren vom TSV Eching zu Bayern.
Bei Bayern bin ich groß geworden und habe als A-Jugendlicher einen Vertrag über dreieinhalb Jahre bekommen. Doch ich wollte spielen und bin zu St. Pauli. Auf meiner Position gab es den Gerd Müller.
Von 1978 an spielten Sie zwei Jahre für den TSV 1860.
Als feste Größe! Die 800000 Mark Ablöse waren Rekord für einen Zweitligaspieler. Das Schöne war: Die Blauen haben mich akzeptiert.