Die Bayern-Flatter
Sie reden so, als seien sie längst Meister. Dabei gibt es Probleme, die beim Rekordmeister dieser Tage Nervosität schüren.
MÜNCHEN Letzte Saison, als der FC Bayern mit einem Start-Ziel-Sieg Meister wurde, gab man sich auch in der Rückrunde trotz des weiten Abstandes zu den Verfolgern bescheiden: Nein, nein, noch sei nichts entschieden, man hoffe aber und glaube, dass...
In diesem Stil.
Ein Jahr später ist Bayern Tabellen-Vierter. Mit drei Zählern Rückstand auf Primus Hoffenheim, mit je einem auf Hertha und den HSV. Eine Prise Demut wäre angebracht, sollte man meinen, denn Erster waren sie erst einmal und nur viermal Zweiter. Die bajuwarische Bescheidenheit klingt so: „Am Ende wird es keinen Konkurrenten geben. Meister wird der FC Bayern.“ Sprach Manager Uli Hoeneß. Und Kapitän Philipp Lahm tönte: „Wenn wir unsere Leistung bringen, wird uns in der Liga keiner stoppen.“
Etwa doch nervös? Bei jeder Gelegenheit weisen die Bayern auf ihre Überlegenheit hin. „Wir arbeiten daran, zügig Tabellenführer zu werden“, sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge auf „fcb.de“. Doch soll die Selbstsicherheit nicht die Ungewissheit überspielen? In vielen Punkten drückt diese aufs Gemüt. Die Bayern flattern.
Wegen des unzähmbaren Ribéry:
Die Abhängigkeit von Bayerns Bestem ist eklatant. In Stuttgart trotz Arroganz-Elfer top, daher 5:1. In Hamburg mau, ergo 0:1. Ribérys Leistungs- und Stimmungsschwankungen schlagen sich direkt auf die Mannschaft nieder. Dazu kommen seine stetigen Forderungen nach Wunschspielern seinerseits. Da gibt er nicht nach. Trotz mehrfacher Rüffelchen – einen deutlicheren Ton schlagen die Bosse nicht an.
„Es gibt da keinen Dissens mit Franck. Er muss nur akzeptieren, dass wir nicht, wie zum Beispiel Real Madrid, 160 Millionen Euro durch das Fernsehen einnehmen, sondern eben nur 30 Millionen“, sagte Rummenigge, „dementsprechend sind unsere Möglichkeiten nicht immer dieselben.“ Auch nicht, wenn Real oder ein anderer Großklub mit einem Wahnsinnsangebot an Ribéry herantritt. Wie lange bleibt er wirklich? Auch ein Unsicherheitsfaktor.
Wegen des unsicheren Rensing
Seine Leistungen sind ordentlich bis gut, doch ein Problem bleibt. Uli Hoeneß: „Michael hat keine Lobby, er kann machen, was er will.“ Nach dem 0:1 in Hamburg reagierte der Kahn-Nachfolger gereizt auf Nachfragen zum Gegentor: „Das war ja klar, dass irgendjemand das wieder erwähnen muss. Ich hab den Ball gut gehalten, er war abgefälscht. Ich bin froh, dass ich noch hinkomme. Es hätte ja einer von uns wach sein können und den Ball rausköpfen.“ Als unumstritten kann man ihn noch nicht bezeichnen.
Wegen ungeklärter Personalien
Am Donnerstag war eine Pressekonferenz mit Mark van Bommel, dem Kapitän, einberufen worden. Doch der Holländer musste passen. Er hatte einen Termin mit Hoeneß. Der Manager sicherte ihm zu, das Angebot zur Vertragsverlängerung um ein Jahr sei fristlos. Als er aus der Tiefgarage fuhr, grüßten ihn eine Handvoll Fans, sie hatten ein Transparent aufgehängt. Darauf hieß es: „Unfassbar! Wir werden unseren Mark sehr vermissen.“ Er wird sich wohl gegen Bayern entscheiden.
Wegen des steigenden Drucks
Die nächsten Wochen könnten bereits entscheidend sein, noch fehlt die Doppelbelastung durch den Europapokal. Ottmar Hitzfeld, der Ex-Trainer, kennt das zu Genüge: „Die Spiele in der Champions League und das Reisen gehen schon an die Substanz. Deshalb wäre es besser gewesen, schon jetzt Punkte zu holen.“
Siehe das 0:1 beim HSV. Da kann man schon mal die Flatter kriegen. Hoeneß im „kicker“: „Jetzt wird es heiß, jetzt bekommen wir die anderen in den nächsten vier, sechs Wochen nicht von der Pelle.“ Also fordert er „volle Pulle“. Weil: „Jetzt gibt es von den anderen Feuer ohne Ende gegen uns.“ Patrick Strasser