Die AZ stellt den scheidenden Kapitän des FC Bayern abseits des Platzes vor
München - Telefonieren am Spieltag? Nur im Notfall. Aber schreiben. Kurz und knapp. "Alles Gute!", tippt Daniela Lahm. Ihr Philipp antwortet: "Merci!" Ein Mutter-Sohn-Ritual. Immer mit gleichem Wortlaut. Am Samstag zum letzten Mal.
Time to say "Servus!" Der gebürtige Münchner geht in Fußball-Pension. Dabei wollte er eigentlich Bäcker werden. "Weil man da nachmittags schon wieder Feierabend hat", verriet Lahms Mutter Daniela einmal. "Philipp hat nie gesagt, dass er Profifußballer werden will."
Und doch musste die Mama ins Tor, wenn der Sohnemann im Korridor hin zum Innenhof des Mehrfamilienhauses im Münchner Stadtteil Gern stundenlang kickte.
Unkompliziert sei er als Kind gewesen. Schon früh hasste der kleine Philipp eins: Verlieren. Laut seiner Mutter "flogen selbst beim Mensch-ärgere-dich-nicht regelmäßig die Figuren durch die Luft".
Großeltern wohnen eine Etage tiefer
Sie meldete ihren Sohn bei der Freien Turnerschaft Gern an, da ist er gerade einmal fünf Jahre alt. Dort hat Mama Lahm schon immer mitgeholfen, ist seit knapp 20 Jahren Jugendleiterin. Früher arbeitete sie halbtags noch in einem Zeitschriftenladen. Von Vater Roland, einem Fernmeldetechniker, hat Philipp das Talent – auch wenn es für den Papa bei der FT Gern nur zum Bezirksligaspieler reichte. Die Großeltern wohnten ein Stockwerk tiefer.
Als Lahm junior noch zu jung war, um Abendspiele im Fernsehen ganz anzuschauen, bat er seinen Opa, die zweite Halbzeit mit dem Videorekorder aufzunehmen. Das Kinderzimmer teilte sich Philipp mit seiner zwei Jahre älteren Schwester Melanie – buchstäblich.
Weil es mit Beginn der Pubertät immer wieder Streit gab, zogen die Eltern kurzerhand eine Wand durchs Zimmer: zwölf Quadratmeter für jeden. In seinem Reich hing Philipp ein Michael-Jordan-Poster an die Wand.
"Mama Capitano"
"Ich hab’ allen Leuten gesagt, sie sollen mich Triplesieger-Mama nennen", erinnert sich Mutter Lahm an den größten Triumph in Lahms Bayern-Karriere und lacht, "das hat aber nur zwei Tage geklappt." Als ihr Sohn bei der WM 2010 Nationalelf-Kapitän wurde, ließ sie sich scherzhaft "Mama Capitano" rufen.
Papa Roland gab seinem Sprössling den Rat, sich bei der Nationalhymne "nicht zwischen die langen Kerle zu stellen", weil die Kamera dann so weit herunter schwenken müsse.
Eigentlich sprechen die Lahms wenig über Fußball, wenn Philipp zu Hause ist. Dann geht es um die Familie, um Schwester Melanie, die bei der Polizei arbeitet. Im August 2012 zur Welt brachte Lahms Ehefrau Claudia (30) Sohn Julian zur Welt.
Wie das Paar am Mittwoch bestätigte, ist genau passend zum Karriereende Kinder Nummer zwei unterwegs. "Es wird ein Mädel. Da freuen wir uns natürlich", sagte Lahm. In Sachen Erziehung sieht er sich als "good cop", er sagt: "Mit unserem Sohnemann muss man nicht so streng sein, wenn, kann ich das auch, aber ich bin eher der nette Papa."
Lahm will sich fortbilden
Der vierjährige Julian entdeckt derzeit den Fußball, spielerisch. Mit dem Papa als Trainer? "Könnte sein, das war bei meinem Vater und mir auch so", sagt Lahm. "Ich weiß aber nicht, ob das die Ideallösung ist."
Neben seiner Rolle als Vater will er sich als Ex-Profi beruflich fortbilden, stärker bei den Unternehmen engagieren, in die er bereits investiert, "mit deren Werten und Zielen ich mich identifizieren kann". Lahm stieg 2015 als Gesellschafter beim Sportproduktehersteller "Sixtus" ein, im Juni letzten Jahres bei "Schneekoppe", dem Müsli-Spezialisten.
Zum Lahm'schen Portfolio gehört außerdem: ein Berliner Start-up namens "Die Brückenköpfe" sowie "Danova", ein Nürnberger Anbieter von betrieblicher Gesundheitsvorsorge. Bei all seinen Engagements gehe es ihm nicht nur um stille Teilhabe.
Wie Lahm eben tickt, will er sich unternehmerisches Wissen aneignen und im Austausch "mit den Geschäftsführern, dem Vertrieb oder Marketing aus und erhalte Informationen, um Entscheidungen mit beeinflussen und mittragen zu können".
Nebenbei kümmert er sich um die Stiftung, die seinen Namen trägt und 2007 ins Leben gerufen wurde. Das Ziel: Kinder und Jugendliche unterstützen, Projekte in Deutschland und Südafrika fördern, mit "Shongi Soccer" bei Johannesburg und "Soccer" in der Nähe von Kapstadt etwa den Bau von Sporteinrichtungen. Faule Haut? Kann Lahm nicht.
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