Des Kaisers rechte Hände: Welche Menschen am meisten Einfluss auf Franz Beckenbauer hatten

Für Franz Beckenbauer hat nur der Fußball gezählt, für sämtliche andere Baustellen hat er stets beratende Helfer an seiner Seite. Die AZ stellt die wichtigsten Personen und ihre Rolle in der kaiserlichen Welt vor.
von  Thomas Becker
"Er war mein bester Freund", sagte Franz Beckenbauer (l.) einst über Robert Schwan, der gleichzeitig ihn und den FC Bayern groß machte.
"Er war mein bester Freund", sagte Franz Beckenbauer (l.) einst über Robert Schwan, der gleichzeitig ihn und den FC Bayern groß machte. © imago images/Fred Joch

München - "Fußball ist unser Leben, denn König Fußball regiert die Welt." So trällerte die deutsche Fußballnationalmannschaft vor der Heim-WM 1974 in die Studio-Mikros. Der von Jack White komponierte Song genießt längst Kult-Status – und das völlig zurecht.

Nicht unbedingt, weil die Kicker damals so formvollendet die Töne trafen, sondern weil der Text die Lebenswirklichkeit all dieser Männer einfach so perfekt abbildete. Auch die von Franz Beckenbauer.

Fußball: was sonst? Selbst die Familie – mit 23 hatte Beckenbauer schon drei Kinder in die Welt gesetzt – vernachlässigte er, um seinen Kicker-Traum zu leben. Für so banale Dinge wie Geld, Verträge und andere Nebensächlichkeiten hatte Beckenbauer weder Zeit noch Nerv. Das mussten schon Andere für ihn regeln, und das Zeit seines Lebens.

Franz Beckenbauer und seine Berater – ein Überblick der AZ:

Mutter Antonie: Sie war – und da wird keine der Ehefrauen und Lebensgefährtinnen widersprechen – die Frau seines Lebens. Von Anfang an erste Anlaufstelle bei Problemen aller Art, bis zuletzt der Anker in seinem so bewegten Leben. Und dann geschah doch das, was immer Beckenbauers größte Angst war: Dass er in ihren letzten Stunden nicht bei ihr sein konnte.

Anfang 2006 war er in Südafrika, als er erfuhr, dass seine Mutter im Alter von 92 Jahren in einer Klinik gestorben war, obwohl sie auf dem Weg der Besserung schien. Sein Leben lang hatte er sich fast jeden Tag per Telefon erkundigt, wie es ihr geht. Mit Vater Franz, der mit der Fußballverrücktheit seines Sohnes nie etwas anfangen konnte, hatte er bis zum Schluss ein alles andere als inniges Verhältnis. Der Mutter konnte er dagegen alles erzählen, auch, dass er mit 17 eine Arbeitskollegin geschwängert hatte. Mit drei hatte sie selbst den Vater verloren, im ersten Weltkrieg. Mitten im Zweiten Weltkrieg kam Walter, der erste Sohn, zur Welt, ein halbes Jahr nach Kriegsende hatte sie mit einer Franziska gerechnet – es wurde dann doch ein Franz.

Schau, Mama, das ist New York: Franz mit Mutter Antonie.  imago
Schau, Mama, das ist New York: Franz mit Mutter Antonie. imago © imago

Gut möglich, dass Beckenbauers fünftes Kind deshalb Francesca heißt. Wie ihre Jungs war auch Antonie fußballverrückt: Als 1954 die Weltmeister im Zug durch Deutschland triumphierten, lief sie mit Walter und Franz zum Hauptbahnhof. Die oft zitierten einfachen Verhältnisse trafen auf die Beckenbauers wirklich zu: Zeitweise zu acht teilte man sich die Wohnung in der Zugspitzstraße 6 mit Oma, Tanten und deren Kinder. Zig Kilometer radelte die Mutter nach dem Krieg raus aufs Land, um Kleidung, Wäsche und Bücher gegen Brot, Eier, Gemüse, Milch und Speck zu tauschen. Ein Satz von ihr verdeutlicht ihre Grundhaltung, die auch die ihres berühmten Sohnes werden sollte: "Auf den Walter, meinen anderen Buben, bin ich genauso stolz. Der ist auch ein ordentlicher Mensch geworden."

"Er war mein bester Freund": Franz Beckenbauer über Robert Schwan

Robert Schwan: "Er war mein bester Freund", sagte Beckenbauer 2002 nach dem Tod seines Machers: "Er hatte mich fast 40 Jahre in meiner Karriere als Spieler, Trainer und Funktionär begleitet und geleitet. Für den FC Bayern war er einer der Architekten, die das Fundament legten, auf dem dieser Klub heute steht." Das konnten Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß nur bestätigen: "Schwan ist der Mann, der eines der größten Kapitel der Erfolgsgeschichte unseres Klubs geschrieben hat. Wir haben ihn als jungen Spieler kennen, schätzen und manchmal auch fürchten gelernt. Er war ein großer Visionär, der in seiner Art Bayern groß gemacht hat und dazu beitrug, dass unser Verein heute zu den Großen des internationalen Fußballs gehört."

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Viel mehr Lob geht nicht. Vor 40 Jahren war Schwan, der zuvor mit Autos und Gemüse gehandelt und bei einer Versicherung gearbeitet hatte, als ehrenamtlicher Spielausschuss-Vorsitzender zu den Bayern gekommen. Zwei Jahre später wurde er der erste hauptamtliche Manager im deutschen Fußball – und Beckenbauers Manager und väterlicher Freund, der hoch dotierte Werbeverträge für ihn abschloss.

Für ihn lohnte sich das auch: "Mister 20 Prozent" lautete sein Spitzname. "A Hund" war er aber scho, wie man in Bayern sagt, hatte er doch die Neben- und Werbeeinkünfte seines Schützlings über eine Schweizer Firma abgerechnet, was Beckenbauer eine Steuernachzahlung von 1,8 Millionen Mark bescherte. Auch bei der dubiosen 6,7 Millionen-Euro-Zahlung an den noch sehr viel dubioseren Jack Warner hatte Schwan die Finger im Spiel. Aber das ist eine andere Geschichte...

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Fedor Radmann: Ein Wegbegleiter Beckenbauers, an dem viele Geschichten kleben – und keine davon hat mit Sport zu tun. Sondern mit Sportpolitik, einem Feld, dem Beckenbauer zuweilen mit einer gewissen Naivität begegnete, was ihm letztlich zum Verhängnis wurde, was seinen Ruf betrifft. Der gebürtige Berchtesgadener hatte schon einige Funktionärsposten inne gehabt, als er im Rahmen der deutschen Bewerbung für die WM 2006 fünf Jahre zuvor Beckenbauer als Vizepräsident des Organisationskomitees zur Seite gestellt wurde.

Fortan steckten die beiden oft die Köpfe zusammen, und über was da alles geredet wurde, darüber rätseln nicht nur die Gerichte bis heute. Fest steht: 2015 wurde gegen Radmann ein Verfahren wegen des Verdachts auf Betrug, ungetreue Geschäftsbesorgung, Geldwäscherei und Veruntreuung eingeleitet. Jahre später wurde ihm im Rahmen der Vergabe der WM 2018 an Russland vorgeworfen, Beckenbauers Stimme für drei Millionen Euro und weiteren 1,5 Millionen im Erfolgsfall zum Kauf angeboten zu haben. Will sagen: Beckenbauer wird Schwan schmerzlich vermisst haben.

Beckenbauer (l.) und Radmann mit WM-Vergabe-Urkunde.  Baumann
Beckenbauer (l.) und Radmann mit WM-Vergabe-Urkunde. Baumann © Pressefoto Baumann / Augenklick

Franz Beckenbauer: "Kein Ort auf der Welt", wo er nicht erkannt wird

Marcus Höfl: Schwans direkter Nachfolger auf der Manager-Position. Typischer Satz: "An Franz Beckenbauers Seite stehen und arbeiten zu dürfen, würde ich als Traumjob bezeichnen." Seit 2003, ein Jahr nach Schwans Tod, war der gelernte Kommunikationswirt Beckenbauers Schatten.

Franz Beckenbauer (r.) bei der Alpinen Ski-WM 2013 mit Manager Marcus Höfl (l.), dessen Ehefrau Maria Höfl-Riesch Bronze gewann.  Augenklick
Franz Beckenbauer (r.) bei der Alpinen Ski-WM 2013 mit Manager Marcus Höfl (l.), dessen Ehefrau Maria Höfl-Riesch Bronze gewann. Augenklick © Augenklick

Der Kontakt bestand schon von Kindesbeinen an, über Höfls Vater Herbert, der für Beckenbauers langjährigen Partner Adidas arbeitete. Auf Beckenbauers bis heute schwer fassbarer "Welcome-Tour" vor der WM 2006 in die 31 Teilnehmer-Länder rund um den Globus war er als persönlicher Assistent stets an seiner Seite, allzeit staunend, dass die Lichtgestalt überall erkannt wurde: "Es gibt, glaube ich, keinen Ort auf der Welt, wo das nicht so ist."

Kein Widerspruch, nirgends.

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