Der Unersetzliche: Wird Kimmichs Fehlen entscheidend gegen RB Leipzig?
München - Um 10.47 Uhr am Donnerstagvormittag ging die Comeback-Jagd für Joshua Kimmich (25) so richtig los. Gemeinsam mit Bayerns Fitnesscoach Peter Schlösser betrat Kimmich den Rasenplatz an der Säbener Straße - und präsentierte die neuen Trainingsjacken der Münchner. Passenderweise in jägergrün.
Bei 0 Grad Außentemperatur absolvierte Kimmich ein 25-minütiges Programm mit verschiedenen Laufformen, Koordinationsübungen und kurzen Sprints. Sogar den Ball hatte Kimmich schon wieder am Fuß. Die Laune des Mittelfeldstars? Entsprechend gut. "Na, habt ihr alles drauf?", rief Kimmich den lauernden Fotografen zu, ehe er eine Joggingrunde später über ein gelbes Hütchen stolperte. Nur eine Schrecksekunde, nichts passiert. Kimmichs Kommentar, bevor er kurz darauf wieder in die Kabine ging: "Den habt ihr hoffentlich nicht drauf!" Er lachte.

Geplante Rückkehr im Januar erscheint realistisch
Knapp vier Wochen nach seiner Verletzung am rechten Knie im Spiel bei Borussia Dortmund und anschließender Operation am Außenmeniskus macht Kimmich große Fortschritte. Anfang der Woche war er ins lockere Lauftraining eingestiegen, nun konnte er sein Pensum steigern. Die geplante Rückkehr im Januar erscheint realistisch. Im besten Fall könnte es eher Anfang als Ende Januar werden. Für den FC Bayern und Trainer Hansi Flick wäre dies ein Glücksfall.
"Er ist auf dieser Position mit unser Schlüsselspieler", sagt Flick über Sechser und "Mentalitätsmonster" Kimmich: "Es ist nicht ganz so einfach, ihn zu ersetzen." Wenn man ehrlich ist, haben die Münchner Kimmichs Fehlen seit dem Dortmund-Spiel nicht kompensieren können. Kimmich ist der Unersetzliche beim FC Bayern. Und Flicks Mannschaft aktuell äußerst anfällig. Statistiken belegen diese Beobachtung. Ohne Kimmich kassierte Bayern in den vergangenen fünf Partien immer mindestens ein Gegentor, insgesamt waren es sechs Treffer. Manuel Neuer musste deutlich mehr Großchancen verhindern als zuvor, im defensiven Mittelfeld klafften oft riesige Löcher. Übrigens auch in der deutschen Nationalmannschaft.
Gegen Spanien fehlte Kimmich an allen Ecken und Enden
Beim blamablen 0:6 in Spanien fehlte Kimmich an allen Ecken und Enden. "Ich glaube, es war klar zu erkennen, dass Joshua Kimmich der wahre und richtige Leader dieser Mannschaft ist. Und damit ist es dann auch nicht Toni Kroos", analysierte Bayerns früherer Kapitän Stefan Effenberg bei Sport1.
Ohne Kimmich geht im Nationalteam nichts - und beim FC Bayern zumindest deutlich weniger.
Neben dem gesetzten Leon Goretzka (25) probierte Coach Flick im Zentrum einige Spieler aus. Doch weder Marc Roca (24) noch Javi Martínez (32) oder Corentin Tolisso (26) erwiesen sich als gleichwertige Kimmich-Vertreter. Der Franzose Tolisso wurde zudem durch eine Muskelverletzung gestoppt. Es überrascht nicht, dass sich die Münchner nach neuen Mittelfeldspielern umsehen und dabei auch auf die Gladbacher Florian Neuhaus (23) und Denis Zakaria (24) aufmerksam geworden sind. Einen wie Kimmich haben sie sonst nicht.

Beim 1:1 in der Champions League gegen Atlético Madrid bildeten in der zweiten Halbzeit Thomas Müller (31) und Jamal Musiala (17) die Doppelsechs. Es war das wohl offensivste Zentrum der Bayern-Historie. Und ein weiterer Hinweis, wie groß die Not ist, wenn Kimmich mal über einen längeren Zeitraum nicht mitwirken kann. Der neben Müller wichtigste Lautsprecher wird extrem vermisst, als Mittelfeld-Chef, emotionaler Anführer, Verbindungsspieler zwischen Abwehr und Angriff, als Vorbereiter und Torschütze.
Zehn direkte Torbeteiligungen in elf Spielen
In elf Partien dieser Saison war Kimmich an zehn Toren direkt beteiligt (drei Treffer, sieben Vorlagen). Ein Top-Wert für einen defensiven Mittelfeldspieler. Umso bitterer für Bayern, dass Kimmich am Samstag im Liga-Gipfel gegen seinen Ex-Klub RB Leipzig (2013 bis 2015) nicht zur Verfügung steht (18.30 Uhr Live bei Sky und im AZ-Liveticker)
Ein entscheidender Bayern-Nachteil?
Bei Markus Krösche, dem Sportdirektor der Leipziger, ist der große Respekt vor Kimmich deutlich zu spüren. "Joshua Kimmich ist ein herausragender Spieler", sagt Krösche im Gespräch mit der AZ: "Er hatte auch bei RB Leipzig eine sehr gute Zeit. Bei Bayern hat er sich sofort durchgesetzt. Man muss den Hut vor seiner Leistung ziehen, vor seiner fußballerischen und auch vor seiner Mentalität. Für ihn persönlich ist es natürlich unglücklich, dass er verletzt ist."
Bayern habe auch ohne Kimmich "eine sehr gute Mannschaft. An unserer Herangehensweise für das Spiel ändert sein Fehlen nichts." Aber klar: Kimmich sei "für Bayern sicher ein wichtiger Spieler". Erst recht in so einem Topduell. Doch bis Januar müssen sich Kimmich und alle Bayern-Fans gedulden.