Der Tag, an dem Musiala Geschichte schrieb

München - Es war ein Treffer, der an die Sololäufe eines Arjen Robben erinnerte - nur von der anderen Seite. Keine 600 Sekunden stand Jamal Musiala als Einwechselspieler auf dem Platz, da zog er von links in den Strafraum, umkurvte die sogenannten Verteidiger des FC Schalke 07 (Sekunden später 08) und hämmerte den Ball mit dem rechten Fuß ins linke Eck - 8:0.
Ein historisches Tor. Musiala traf bei seinem zweiten Profi-Einsatz nach dem Bundesliga-Debüt im Juni gegen Freiburg (3:1, damals erst zwei Minuten vor Ende eingewechselt) - und das jetzt im zarten Alter von 17 Jahren und 205 Tagen.
Damit ist er der fünftjüngste Torschütze der Bundesliga, in der Historie des Rekordmeisters sogar der jüngste aller Zeiten. Roque Santa Cruz ("Ich, Roque") , der bisherige Inhaber der Bestmarke, der nach seinem Wechsel aus Paraguay 1999 bei seinem ersten Tor für die Münchner 18 Jahre und 12 Tage alt war.
Jamal Musialas Start in England
Trainer Hansi Flick lobte den Sohn eines Nigerianers und einer Deutschen: "Er hat im Training oft bewiesen, was er nun gezeigt hat. Jamal ist ein ausgezeichneter Fußballspieler." Flick wäre nicht Flick, würde er nicht auch bremsen: "Wir werden versuchen, ihn behutsam dahin zu führen, dass er noch besser wird und uns noch mehr helfen kann. Aber das ist ein weiter Weg."
Der ihn von seinem Geburtsort Stuttgart und Fulda, wo er als Kind aufwuchs, über England an die Säbener Straße führte. Als Jamals sieben Jahre alt war, zog seine Mutter wegen eines Auslandsstudiums nach Southampton.
Der erste Verein, der das junge Talent scoutete, war der FC Southampton, nach wenigen Monaten lockte der FC Chelsea den Jungen, damals elf, und seine Familie mit einem Wechsel. Mit 15 Jahren spielte er erstmals für die U18 der Blues. 2019 zog seine Mutter zurück nach Deutschland, man entschied sich für das Angebot des FC Bayern.
Flick würde Musiala gerne als Nationalspieler sehen
"Wenn so ein großer Klub in Deutschland interessiert ist, kannst du nicht Nein sagen. Und ich liebe Bayern, seit ich sehr jung bin", erzählte Musiala einmal. Für Bayerns zweite Mannschaft in der Dritten Liga hat der Teenager mit der Nummer 42 bisher acht Spiele (zwei Tore) bestritten. Der offensive Mittelfeldspieler besitzt die englische und die deutsche Staatsbürgerschaft, kann als Minderjähriger noch wechseln. Zuletzt spielte er für Englands U17, zuvor für Deutschlands U16.
Flick, ehemals Assistenztrainer der Nationalelf und DFB-Sportdirektor, würde ihn gerne als deutschen A-Nationalspieler sehen. "Ich würde mich auf jeden Fall um ihn bemühen", sagte Bayern-Coach Flick, "aber das ist seine Entscheidung, er hat da auch klare Vorstellungen." Die Tendenz, so ist zu vernehmen, soll Richtung England gehen.
Neuzugänge und neue Erfolge für den FC Bayern
Zunächst will er sich weiter bei Bayern beweisen. "Wir haben gute junge Spieler in der Hinterhand, das sind vielversprechende Leute", hatte Vorstand Oliver Kahn jüngst gesagt ohne Namen zu nennen. Daher müsse man "nicht immer von Neuverpflichtungen reden", so Kahn. Die wird es dennoch geben, betonte Flick. Bei Rechtsverteidiger Sergiño Dest (19/Ajax Amsterdam) wollte Kahn "noch nicht Vollzug melden", der Transfer steht aber unmittelbar bevor.
Und wäre ein weiterer Baustein neuer Erfolge und Titel nach dem einschüchternden 8:0-Auftritt der Nimmersatten. "Mit welcher Gier Bayern nach einer Woche Mannschaftstraining wieder auf dem Platz war, ist schon sehr beeindruckend und auch vorbildlich für uns", sagte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc. Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann meinte: "Wenn alles normal läuft, ist Bayern nicht einzufangen, da lege ich mich fest."
Mit Youngstern wie Musiala und Innenverteidiger Chris Richards. Der 20-jährige US-Amerikaner feierte ebenso als Einwechselspieler seinen zweiten Bundesliga-Einsatz.