Der Stehauf-Süle: Zwei Ziele hat der Abwehrboss noch beim FC Bayern

München - Stark begonnen, stark nachgelassen - der Auftritt der Bayern gegen Bayer Leverkusen kurz zusammengefasst. Das 1:1 des Tabellenführers gegen den Tabellendritten bedeutete: Zum ersten Mal in dieser Saison verloren die Münchner Punkte gegen ein Team aus der oberen Tabellenhälfte. Klingt gut, beschönigt jedoch die akuten - und seit langem - anhaltenden Defensiv-Probleme des Abo-Meisters.
Weil Lucas Hernández wegen einer Gelb-Sperre fehlte, baute Trainer Julian Nagelsmann erneut die Abwehr um. Er nahm Omar Richards als Linksverteidiger ins Team. Doch der Brite hat schlicht nicht das Format für Bayern. Benjamin Pavard reibt sich zwischen Defensive und Offensive auf, ihm fehlt die Konstanz.
Noch drei Monate in München für Niklas Süle
Dayot Upamecano kann die Kollegen nicht mitreißen, weil er zu sehr mit sich und seinen Patzern zu tun hat. Bleibt Niklas Süle, der Abwehr-Chef auf Abruf. Die letzten drei Monate seiner Zeit bei Bayern sind angebrochen. Nachdem der 26-Jährige mit den Verantwortlichen nicht mehr verhandeln wollte, weil ihm die Wertschätzung fehlte, entschied er sich für das Angebot von Borussia Dortmund.
Ab 1. Juli wirft sich der Koloss (99 Kilo bei 1,95 Meter) nach fünf Jahren in München für den BVB ins Zeug. Ablösefrei.
Die Fans feierten Süle am Samstag trotzdem. "Ich bin dankbar", sagte Süle nach der Partie bei Sky, "es ist nicht selbstverständlich, dass ich hier spiele, jetzt nach Dortmund wechsle und die Zuschauer trotzdem meinen Namen rufen, wenn ich eine Grätsche mache. Daran sieht man, dass ich in den letzten fünf Jahren alles gegeben habe für den Klub, alles gewonnen habe. Dafür bin ich dankbar."
Sein Motto: "Ich werde bis zum letzten Tag hier alles geben und hoffentlich noch zwei Titel holen." Er wolle unbedingt, "dass Dortmund Zweiter" werde. So was kommt an bei den Fans.
Süle: "Irgendwann werde ich etwas zu meinem neuen Klub sagen"
Seitdem der Nationalspieler (37 Länderspiele, ein Tor) seinen Abschied Anfang Februar bekanntgegeben hat, steigerte er sein Leistungsniveau, wirkt befreit. Die wahren Gründe für die Trennung vom FC Bayern will Süle allerdings noch ein wenig für sich behalten. "Ich habe mich nicht umsonst nie öffentlich geäußert, weil ich von meinen Eltern Dankbarkeit vermittelt bekommen habe. Der Tag wird kommen, an dem ich etwas dazu sagen werde und mich zu meinem neuen Klub äußere. Aber wie man hoffentlich sieht, gebe ich hier Woche für Woche alles."
Und Nagelsmann hält bedingungslos am scheidenden Abwehrchef fest. Wie Hansi Flick im letzten Frühjahr an David Alaba (zu Real Madrid) und Jérôme Boateng, der ebenso ablösefrei ging. Dessen Wechsel zu Olympique Lyon kam allerdings erst im August 2021 zustande.
Kahn über Süle: "Wir haben ihm ein Angebot gemacht"
Vorstandsboss Oliver Kahn lobte die "professionelle Einstellung, die Niklas an den Tag legt" und erklärte noch einmal die Vereinsperspektive der Trennung: "Wir haben ihm ein Angebot gemacht, dieses Angebot hat er nicht angenommen und nun wechselt er eben den Verein. Aber es spricht für seine absolute Professionalität, dass er hier noch einmal alles hineinwirft, damit wir unsere Ziele erreichen können." Was allerdings auch selbstverständlich sein sollte - nicht nur wegen des Gehalts.
Am Dienstag will Süle das Champions-League-Viertelfinale erreichen. Die aktuellen Leistungsschwankungen- und dellen belasten den Abwehrchef nicht. "Es ist eine lange Saison. Wir haben schon abgeliefert in diesem Jahr, viel guten Fußball gezeigt, vor allem zu Hause", sagte er: "Man hat ab und zu Phasen, wo man etwas weniger Selbstvertrauen hat, wenn mal Rückschläge kommen." Damit kennt es sich aus, das bullige Stehaufmännchen.