Der schönste Sauhaufen
BERLIN - "Lasst die Sau raus! Feuer frei!“, hieß das "Kommando" nach dem Gewinn des DFB-Pokals. Ausgelassen wie selten feiert der FC Bayern seinen ersten Titel 2008 – und hat Lust auf mehr.
Es war zehn vor 4 Uhr in der Nacht zum Sonntag, da reichte es Karl Hopfner. Der Finanzminister des FC Bayern – sein offizieller Titel lautet Vorstandsmitglied verantwortlich für die Bereiche Finanzen und Rechnungswesen – nahm seine Frau zur Rechten und den DFB-Pokal in den linken Arm. Keiner der Spieler, keiner der Trainer, nicht Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge – er, Hopfner war es, der Verantwortung übernahm und den Pott nach der Bankettfeier in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom AG am Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte zurück ins Mannschaftshotel „The Regent Berlin“ brachte.
Wenn sich schon sonst keiner kümmert. Während der Magenta-Party hatte sich jeder Spieler mit seinen Liebsten x-mal mit der Siegestrophäe aus dem 2:1 nach Verlängerung gegen Borussia Dortmund fotografieren lassen. Doch nun, in den frühen Morgenstunden, waren einige Spieler samt Familie schon wieder im Hotel oder noch in In-Diskotheken wie etwa das „Felix“ weitergezogen. Mit Ausgang bis zum Wecken. Sonntagmittag flogen die Bayern zurück, danach war Freizeit bis heute Nachmittag 15.30 Uhr angesagt. Erst dann ist wieder Training an der Säbener Straße. Bis dahin sollte der Pokalkater passé sein.
"Mal die Sau raus lassen"
Die Erlaubnis für ein rauschendes Fest hatten die Spieler. Von Trainer Ottmar Hitzfeld, dem sonst so preußischen Wächter über Disziplin. „Wir haben zwar momentan fast alle drei Tage ein Spiel, und am Donnerstag geht es im ersten Uefa-Cup-Halbfinale gegen St. Petersburg“, sagte er, „doch heute müssen wir mal die Sau raus lassen.“ Um die gab es auch noch Streit. „Der Uli hat gesagt: ,Lasst nicht die Sau raus’“, erzählte Karl-Heinz Rummenigge beschwingt, „ich sage: Lasst die Sau raus! Feuer frei!“
Es wurde dennoch eine zurückhaltende Party bei Gastgeber René Obermann, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG. Dafür sorgte das gediegene Ambiente, die Aufschrift auf dem Bankett-Dessert mahnte: „Auf zum nächsten Titel!“
Ganz anders als vor zwei Jahren
Auf dem Rasen hatten die Bayern wie kleine Kinder ihren Sieg ausgekostet. Franck Ribéry schnappte sich den Pokal beim Mannschafts-Siegerfoto und flüchtete schnellen Schrittes. Luca Toni betätigte sich als Tanz-Animateur, der Titel des fleißigsten Weißbier-Verschütters sicherte sich Bastian Schweinsteiger, der auch vor Kapitän Kahn und Toni nicht halt machte. Es war ein ausgelassenes Treiben, ganz anders als vor zwei Jahren nach dem 1:0 gegen Frankfurt an selber Stelle. „Das geht mir langsam auf die Nerven, wie hier mit den Titeln und dem FC Bayern umgegangen wird“, motzte damals Kahn, „als wäre das eine lästige Pflichterfüllung.“
Diesmal feierten sie richtig. Der schönste Sauhaufen. Es soll noch lange nicht Schluss sein. „Wenn wir wirklich alle drei Titel gewinnen“, sagte Hoeneß, „kann man das im Sport nicht toppen.“ Nicht auszudenken, was dann bei der Feier los ist.
P. Strasser, J. Schlosser, G. Jans