Der Schicksalstag

In Florenz entscheidet sich Dienstag mehr als nur die Frage, ob Bayern ins Viertelfinale einzieht. Es geht um die Philosophie der nächsten Jahre.
von  Abendzeitung
Die Bayern um Daniel van Buyten taten sich im Hinspiel beim 2:1 gegen Florenz sehr schwer.
Die Bayern um Daniel van Buyten taten sich im Hinspiel beim 2:1 gegen Florenz sehr schwer. © dpa

In Florenz entscheidet sich Dienstag mehr als nur die Frage, ob Bayern ins Viertelfinale einzieht. Es geht um die Philosophie der nächsten Jahre.

FLORENZ Am Flughafen verbreiteten die Bayern schon wieder Angst und Schrecken. Der Hund einer Passagierin auf dem Weg nach Montreal, die neben der Schlange des Bayern-Trosses auf den Check-In wartete, fühlte sich vom Bayern-Maskottchen Berni eingeschüchtert. Der Hund bellte und versuchte, dem armen Maskottchen, an die Wäsche, äh, Fell zu springen.

Das war natürlich nicht Sinn und Zweck der Übung. Berni soll schließlich das gute, das sympathische Gesicht der Bayern repräsentieren.

Angst und Schrecken sollen die Kicker verbreiten – auf den Fußballplätzen der europäischen Eliteklubs. So wünschen es sich die Bosse, so wünschen es sich die Fans.

„Das Ziel des FC Bayern kann nur sein, jedes Jahr eine gute Rolle in der Champions League zu spielen", sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge auch vor dem Abflug nach Florenz (20.45 Uhr, Sky live). Die Bayern träumen davon, endlich den Abstand zu den spanischen und englischen Geld- und Spitzenklubs wieder zu verringern. Das Ziel ist, Europa zu erobern, wenn schon nicht dieses, dann wenigstens in den nächsten Jahren. Und außerdem: endlich wieder in einem Atemzug genannt zu werden mit Barcelona, Real Madrid, Chelsea und Co.

Insofern steht Dienstag Abend beim Entscheidungsspiel in Florenz (20.45 Uhr, nur im Pay-TV bei Sky) Dienstag Abend mehr auf dem Spiel als nur das Erreichen des Champions-League-Viertelfinales. In Florenz entscheidet sich auch, welchen Weg die Bayern einschlagen in den nächsten Jahren. Die AZ erklärt, um was es beim Schicksalsspiel alles geht.

DER ANSPRUCH

„Mia san mia" – der Ausspruch, der Bayern seit jeher umgibt, wurde jüngst, pünktlich zum 110-jährigen Jubiläum, zum Slogan erhoben. Ein Werbe- und Identitätsspruch, klar angelehnt an das „Mes que un club“, dem Slogan des FC Barcelona. Doch was sind die Bayern? Ein Klub, der mittlerweile auch in der Bundesliga nicht mehr unbedingt das Maß der Dinge ist und in der Champions League regelmäßig früh ausscheidet? Das kann keiner wollen.

DIE STARS

Die Personalie Franck Ribéry bewegt noch immer die Gemüter beim FC Bayern. Der Franzose hat am Wochenende erklärt, Angebote vom FC Chelsea, Barcelona und Real Madrid zu haben. Er möchte nur bleiben, wenn Bayern ihm das Gefühl geben kann, künftig eine gute Rolle in der Champions League zu spielen. „Ribéry ist unser wichtigster und wertvollster Spieler", sagt Rummenigge. Bei einem Ausscheiden wäre er weg.

DIE IDENTITÄT

Nach dem Betriebsunfall in der Saison 2006/07, als man sogar die Champions League verpasste, änderte Bayern die Einkaufsstrategie, gab zum ersten Mal richtig viel Geld aus für Spieler, lotste so Ribéry, Klose und Toni nach München. Danach versuchte man die Struktur- und Identitäts-Revolution mit Jürgen Klinsmann, was so sehr scheiterte, dass man vor dieser Saison wieder richtig viel Geld in die Hand nahm und mehr als 74 Millionen Euro für sieben Spieler ausgab. Von denen sind zwei (Baumjohann, Braafheid) schon wieder weg sind, zwei weitere spielen keine Rolle (Timoschtschuk, Pranjic). Stattdessen setzt van Gaal lieber konsequent auf die Jugend, baute Müller, Badstuber und jetzt die Neulinge Contento und Alaba ein.

Weltklasse dank Eigengewächse, verstärkt durch Superstars wie Ribéry und Arjen Robben? Die Stratege ist sympathisch und könnte aufgehen – aber nur, wenn man nicht schon wieder frühzeitig scheitert. Zumal Weltstars sich in Zukunft nur schwer nach München lotsen lassen würden, wenn sie in München keine Perspektive sehen würden. Da würden auch die Millionen vom Ribéry-Transfer nichts nutzen.

Filippo Cataldo

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