Der rote Rückpass (9): Katsche Schwarzenbeck

Hans-Georg Schwarzenbeck ist Fußballgeschichte und noch dazu eine bayerische: Mit dem FC Bayern wurde „Katsche“ sechsmal Deutscher Meister, dreimal Deutscher Pokalsieger, einmal holte er den Pokal der Pokalsieger und dreimal in Folge den Landesmeistercup.
AZ: Herr Schwarzenbeck, Sie waren nicht nur ein bayerischer Fußballheld, Sie haben sich auch als Schauspieler versucht - ein spät entdecktes Talent?
Nein, zur Schauspielerei habe ich überhaupt kein Talent (lacht). Ich habe voriges Jahr eine kleine Gastrolle übernommen, in der Fernsehserie „Dahoam is Dahoam“, und musste ein paar Worte zum Fußballspiel sagen, mehr nicht.
Hatten Sie Lampenfieber?
Ein wenig nervös war ich natürlich, dass Ganze war ja völlig neu für mich aber vor allem war es eine interessante Erfahrung. Ich habe einen ganzen Tag beim Dreh verbracht.
Der Autor Wondratschek hat Ihnen ein Gedicht gewidmet und Sie darin als „eckig wie eine leer gegessene Pralinenschachtel“ beschrieben - ein Kompliment?
Ich war immer eckig und kantig, das ist richtig. Kein filigraner Techniker, sondern ein harter aber fairer Spieler. Die Pralinenschachtel hat mir etwas gestunken, das klingt so zynisch, aber in das Handwerk des Dichters will ich mich nicht einmischen.
Als was wollen Sie sich wohl als nächstes versuchen?
Ich werde alles etwas ruhiger angehen lassen und mit meiner Frau die Dinge machen, für die es früher keine Zeit gab: Im Garten arbeiten und ins Theater gehen zum Beispiel.
Sie sind früher viel rumgekommen und haben dann, 28 Jahre lang, Ihren Schreibwarenhandel betrieben - treibt es Sie wieder in die Ferne?
Meine Frau und ich sind keine Reisemenschen, wir sind sehr heimatverbunden.
Wie wichtig war das Heim während Ihrer Zeit als Profi?
Die Familie war schon immer das Wichtigste für mich. In ihr hatte ich meinen Rückhalt, auf sie konnte ich mich hundertprozentig verlassen. Hätte es daheim nicht gestimmt, wäre ich nie so weit gekommen.
Einen Schwarzenbeck-Fußballprofi aber wird es nur einmal geben...
Mein Sohn hat BWL, meine Tochter Sprachen studiert. Sie gehen beide einer Arbeit nach. Ich bin sehr, sehr zufrieden mit meinen Kindern.
Der Sohn hat keinen Hang zum Fußball?
Er hat in einer Studentenmannschaft gespielt, aber Fußball als Leistungssport hat für ihn nie eine Rolle gespielt.
Welche Rolle spielt Fußball heute in Ihrem Leben?
Fußball, wird immer eine Rolle in meinem Leben spielen. Ich gehe regelmäßig ins Stadion, diskutiere mit meiner Frau und meinem Sohn über die Spiele. Insgesamt aber ist mein Verhältnis zum Fußball ruhiger geworden. Der Reiz am Fußball lag für mich immer darin, selber auf den Platz zu gehen.
Da zuckt sicherlich noch hin und wieder der Fuß...
Die Zeit, dass der Fuß zuckt, ist vorbei. Ich habe in der Zwischenzeit eine künstliche Hüfte und kann nicht mehr spielen. Ich fahre stattdessen Fahrrad und trainiere auf dem Stepper.
Als Spieler waren Sie der Ausputzer, der Arbeiter hinter Beckenbauer - er aber stand im Rampenlicht...
Ich habe meine Arbeit auf dem Platz gemacht. Ich war ein Mannschaftsspieler und Wasserträger - und habe diese Aufgabe sehr gut erfüllt. Ich wusste immer, was ich kann und was der Franz kann. Ich habe mich nie zurückgesetzt gefühlt. Da gab es keinen Neid und keine Eifersucht.
Wie ist Ihr Verhältnis zu den anderen Mitstreitern von damals?
Es arbeiten ja etliche beim FC Bayern - Müller, Pflügler, Dremmler... - wir treffen uns an der Säbener Straße und ratschen. Außerdem sieht man sich immer auf den Bayern-Feiern. Es ist vorbildlich, wie der FC Bayern sich um seine Ehemaligen kümmert.
Werden Sie nicht nostalgisch, wenn Sie an die Ruhmeszeiten zurückdenken?
Wenn es zu Ende geht, ist es wichtig zu wissen - was macht man danach. Der Übergang ins normale Leben ist mir recht gut gelungen. Ich hatte mich darauf vorbereitet, dass die herrlichen Fußball-Zeiten irgendwann vorüber sind.
Dann kam der Schreibwarenhandel in der Ohlmüllerstraße.
Ich bin in kein großes Loch gefallen. Mit dem Fußball, habe ich mein Hobby zu Beruf gemacht - das war Luxus. Im Schreibwarenladen habe ich elf Stunden am Tag gearbeitet. Mir war klar, ich muss arbeiten, ich hatte ja eine Familie zu ernähren.
Sorgen, die ein Profi heute nicht mehr kennt...
Wir haben nicht schlecht verdient - besser jedenfalls als ein Buchdrucker, den Beruf habe ich gelernt - aber bis ans Lebensende hätte es nie gereicht.
Was halten Sie da von den utopischen Summen, die Fußballprofis heute verdienen?
Wäre ich an ihrer Stelle, ich würde es auch nehmen.
Interview: Boris Breyer