Der rote Rückpass (8): Marcel Witeczek
Der ehemalige Bayernstar über zufällige Treffen in New York mit Uli Hoeneß und warum er Kinder wieder zum Sport führen will.
AZ: Herr Marcel Witeczek, man munkelt, Uli Hoeneß habe Sie 1993 verpflichtet, weil Sie - damals noch bei Kaiserlautern - den Bayern ein Tor eingeschenkt haben.
MARCEL WITECZEK: Uli Hoeneß hat meine Karriere intensiv mitverfolgt. Er wollte mich schon nach München holen, da war ich gerademal 15 Jahre alt. Ich hab bei Kaiserlautern - einer nicht besonders starken Mannschaft damals - viele Tore geschossen, das hat Uli Hoeneß wahrscheinlich beeindruckt.
Wie ist Ihr Verhältnis heute zum Bayern-Boss?
]Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Ich schätze Uli als Mensch und als Manager sehr - auch wenn es früher ab und zu gekracht hat.
Gekracht?
Das ist völlig normal im Fußballgeschäft.
Wann haben Sie Hoeneß zum letzten Mal gesehen?
Wir haben uns, vor nicht allzu langer Zeit, zufällig in New York getroffen und sind gemeinsam Essen gegangen - eine schöne Anekdote.
Reden Sie dann über den Sport oder über andere Dinge, die Sie nach Ihrer aktiven Karriere interessieren?
Der Sport bestimmt nach wie vor mein Leben und es gibt für ehemalige Fußballer auch andere Möglichkeiten, in ihrer Branche zu bleiben, als Trainer zu werden.
Inwiefern?
Ich arbeite bei der AOK als Sportreferent.
Was ist die Aufgabe eines Sportreferenten bei einer Krankenkasse?
ch gehe an Schulen und Vereine, um ein Bewusstsein zu schaffen, wie wichtig Sport ist.
Wo genau liegt da das Interesse der AOK?
Die Krankheiten, die man früher mit 60 hatte, hat man heute schon mit 40. Langfristig entstehen auch für die AOK Kosten, wenn sich die Kinder nicht bewegen.
Haben die Kinder den früher mehr Sport getrieben.
Früher haben die Kinder ihre Freizeit im Freien verbracht, sind auf Bäume geklettert und über Wiesen gerannt. Heute sitzen die meisten vor dem Fernseher, spielen Computerspiele, essen Chips und bewegen sich nicht. Das ist ein Problem.
Wie genau versuchen Sie, das zu verhindern?
Ich versuche an der Basis, bei den Kindern, über meinen Namen und meine Erfahrung, etwas zu bewegen. Begeisterung für den Sport zu wecken. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Kinder Sport treiben.
Spielen Sie selber noch Fußball?
Ich spiele in der Traditionsmannschaft des FC Bayern und in der AOK-Mannschaft.
Reicht das, um Sie zu motivieren?
Als ehemaliger Leistungssportler brauche ich weiterhin Ziele. Ich laufe zum Beispiel Marathon. Beim Marathon in Hamburg, bin ich 42 Kilometer unter drei Stunden gelaufen.
Von 20.000 bin ich als 320er ins Ziel gekommen. Aber es geht mir nicht um die Platzierung, ich stecke mir meine eigenen Ziele.
Und wo sollen die hinführen?
Ich möchte in näherer Zukunft mit dem Triathlon beginnen.
Gibt es auch privat Ziele?
Gesund bleiben, Spaß im Beruf, Familie. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Endlich habe ich die Zeit, den Rhythmus unseres Familienlebens selber zu bestimmen. Kann am Wochenende mit der Familie wegfahren, kann Urlaube planen - all das ist als Fußballprofi schwierig.
Ist Ihre Sportbegeisterung auf die Kinder übergesprungen?
Mein Sohn spielt Tennis, meine Tochter turnt und tanzt.
Die sportliche Fackel wird von den Kindern weiter getragen...
Meine Kinder betreiben keinen Leistungssport. Sie sind nicht so ehrgeizig und das ist auch gut so. Sie haben andere Qualitäten. Sie sollen erstmal ihren Schulabschluss machen, das ist sehr wichtig, und dann sehen wir weiter.
Jetzt, wo Sie mehr Zeit haben - fahren Sie hin und wieder nach Polen, die Heimat Ihrer Eltern?
Selten. Ich bin dort nicht sehr stark verwurzelt.
Interview: Boris Breyer
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