Der rote Rückpass (4): Roland Wohlfarth

Roland Wohlfarth (46), schoss 119 Tore für den FC Bayern, war zweimal Torschützenkönig, fünfmal Deutscher Meister und der erste Dopingsünder der Bundesliga.
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Roland Wohlfarth (l.) feiert mit Trainer Jupp Heynckes und Olaf Thon (r.) die Meisterschaft 1989.
Imago Roland Wohlfarth (l.) feiert mit Trainer Jupp Heynckes und Olaf Thon (r.) die Meisterschaft 1989.

Roland Wohlfarth (46), schoss 119 Tore für den FC Bayern, war zweimal Torschützenkönig, fünfmal Deutscher Meister und der erste Dopingsünder der Bundesliga.

AZ: Herr Wohlfarth, Sie sind wieder dorthin zurück gegangen, wo Sie herkommen - nach Bocholt. Vermissen Sie die Zeit im Rampenlicht?

ROLAND WOHLFARTH: Ich bin sehr zufrieden mit meinem jetzigen Leben und mit meinem Beruf. Ich bin einigermaßen froh, meine Fußballkarriere hinter mich gebracht zu haben.

Sie haben keine Lust mehr auf Fußball?

Mit Fußball will ich nichts mehr zu tun haben. Mein Sohn spielt, ihm zuliebe gehe ich noch hin und wieder ins Stadion und begleite ihn natürlich zum Training.

Klingt, als sei das Profi-Dasein eine schwere Bürde.

Ich habe nie gedacht, dass ich Profi werden kann, hatte mir nie einen Kopf darüber gemacht und bin dann einfach so da reingerutscht. Dann habe ich es durchgezogen, mich durchgebissen - 17 Jahre meines Lebens. Als Profi braucht man eine harte Psyche, und die hatte ich einfach nicht.

Sie galten als sehr heimatverbunden und als Familienmensch. Welche Rolle spielen diese Faktoren heute in Ihrem Leben?

Das Wichtigste in meinem Leben sind meine Eltern, meine Frau und meine beiden Kinder. Meine Frau und ich sind eines der wenigen Paare aus der damaligen Zeit, die noch zusammen sind.

Trotzdem sind Sie vom FC Bayern zum AS St. Étienne, fernab der Heimat, gewechselt?

Ich bin Steinbock und ein sturer Hund. Erich Ribbeck, mein Trainer damals bei Bayern, hatte versucht, mich kaltzustellen - da habe ich mir eben 1993 einen neuen Verein gesucht.

Immerhin nach Frankreich, dem Land des guten Essens und Trinkens? Sie sollen ja nicht gerade ein Kostverächter gewesen sein?

Frankreich war klasse - obwohl ich kein Weinliebhaber bin. Bier dagegen habe ich immer gerne getrunken und bin auch gerne ausgegangen, jetzt ist das alles deutlich weniger geworden.

Übergewicht war ja schon immer Ihr Problem...

Ich wiege heute knapp 100 Kilo - da komme ich nicht tiefer und nicht höher - hab einen kleinen Bauch und zwei neue Hüften, aber mir geht es gut und ich kann nach wie vor meine Arbeit verrichten.

Was machen Sie beruflich?

Ich arbeite für ein Bauunternehmen in Bocholt.

Können Sie noch Sport treiben?

Nein, ich kann mich nur noch sehr langsam bewegen. Es tut doch manchmal weh zu sehen, wenn ältere Leute als ich, noch Sport treiben können. Ich gehe nur noch Spazieren.

Die negativen Folgen des Profi-Fußballs?

Meine Knochen sind kaputt, das ist ein Handicap, das aus meiner Zeit als Profi resultiert.

Sie sind nicht nur als großer Fußballer, sondern auch als der erste Dopingsünder der Bundesliga in die Geschichte eingegangen. Wie stehen Sie heute zu dem Skandal?

Ich habe es auf die Rübe gekriegt, der DFB hat knallhart zugeschlagen und an mir ein Exempel statuiert. Ich wollte nur mit einem Appetitzügler gegen das ständige Übergewicht angehen - deswegen bin ich nicht schneller gelaufen. Ich mache mir immer noch Gedanken, wie es dazu kommen konnte. Ich dachte immer: Was ich kaufen kann, darf nicht verboten sein.

Wie begegnen Ihnen die Menschen in Ihrem Heimatort - sind Sie eine Berühmtheit?

Ich bin hier einer von Vielen. Die Leute kennen mich seit meiner Kindheit. Es gab mal Zeiten, da haben die Menschen ein bisschen zu mir aufgeschaut, aber das ist vorbei und das ist auch gut so - ich bleibe gerne unentdeckt.

Sie waren trotz Ihrer großen Erfolge immer eher der Antistar. Woran lag das?

Ich musste unglaublich hart für meinen Job arbeiten. Während die anderen in den Biergarten gingen, musste ich trainieren, während die anderen mampften, musste ich fasten, wenn ich eine Woche gesündigt hatte, musste ich Wochen büßen. Ich brauchte etwas Essbares nur anzuschauen und schon wurde ich dick.

Haben Sie damals daran gedacht, aufzuhören?

Nein, ich habe mich immer durchgebissen, auch wenn es manchmal Tage gab, da habe ich am Abend gehofft, dass ich am nächsten Tag nicht mehr aufwache. Aber ich hatte auch eine großartige Zeit, super Trainer und überraschend viel Erfolg.

Interview: Boris Breyer

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