Der rote Rückpass (13): Peter Kupferschmidt

Peter Kupferschmidt, "ein Roter durch und durch", erinnert sich an die Bundesliga-Anfänge des FC Bayern - und zählt Klinsmanns Fehler auf.
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Absolvierte zwischen 1965 und 1970 für den FC Bayern 135 Spiele: Peter Kupferschmidt.
AZ Absolvierte zwischen 1965 und 1970 für den FC Bayern 135 Spiele: Peter Kupferschmidt.

Peter Kupferschmidt, "ein Roter durch und durch", erinnert sich an die Bundesliga-Anfänge des FC Bayern - und zählt Klinsmanns Fehler auf.

AZ: Herr Kupferschmidt, Sie und Ihre Mannschaftskollegen gehörten schon zum FC Bayern, als er noch nicht der FC Hollywood genannt wurde, und die großen Erfolge noch Zukunftsmusik waren. Was unterscheidet Sie von den heutigen Profis?

PETER KUPFERSCHMIDT: Rein gar nichts war so extrem wie heute. Die Spieler waren heimatverbunden, man wechselte den Verein nicht so oft, man ging nur ungern ins Ausland. Franz Beckenbauer beispielsweise, hatte schon 1966/67 ein Angebot von Inter Mailand, aber er blieb bei Bayern.

Bodenständig, nennt man sowas wohl.

Bis zum Aufstieg in die Bundesliga 1965, waren wir noch nicht einmal Profis. Wir haben Fußball gespielt und nebenbei gearbeitet. Wir konnten uns nicht von Beginn an nur dem Training widmen.

Womit wir auch schon bei der Bezahlung wären.

Die Bezahlung? Wenn ich den hochbezahlten Spielern von heute einen Rat geben darf: Immer ordentliche Eheverträge abschließen. Bei der hohen Scheidungsrate unter Fußballern ist das Geld so schnell weg wie es eingenommen wurde.

Macht Geld schnellere Beine?

Geld spielt heute eine viel wichtigere Rolle als früher. Geld ist der Grund, warum heute viele Fußball spielen wollen.

Hätten Sie und Ihre Kameraden von früher in der heutigen Zeit überhaupt Ihre Chance bekommen?

Das spielerische Potential und die Klasse hatten wir, um auch heute mitzuspielen. Aber natürlich ist das heutige Spiel, vor allem was das Tempo betrifft, nicht mehr mit damals zu vergleichen. Die Bedingungen waren andere.

Das bedeutet konkret?

Erst als wir Profis waren, hatten wir die Zeit, hart genug zu trainieren, um erfolgreich zu sein. Wir haben vor unserer Karriere als Fußballer gearbeitet - und taten dies auch nach unserer Karriere wieder.

Was haben Sie nach Ihrem Karriereende gemacht?

Ich habe 30 Jahre lang beim Sport Scheck in der Sportabteilung gearbeitet.

Sie sagten einmal: Wir waren keine Stars!

Der Gerd Müller, der Franzi Beckenbauer - das waren Stars. Ich musste ackern. Was uns und den FC Bayern damals ausgezeichnet hat, war eine starke, gewachsene Mannschaft und eine mit Geschick und Fingerspitzengefühl arbeitende Vereinsführung.

Wie würden Sie selber Ihre fußballerische Qualität bewerten?

Note befriedigend! Ich war kein überragender Spieler. Ich hatte nicht das große Talent und musste mir alles erarbeiten. Aber auch dem sind Grenzen gesetzt: Das Gefühl für den Ball erlernt man nicht.

Was hat Sie ausgezeichnet?

Ehrgeiz, Biss und Kampfgeist auf dem Platz.

Haben Sie den auch heute noch?

Nur beim Tennis.

An welchen letzten hohen Sieg können Sie sich erinnern?

Letztes Wochenende in Coburg, da haben wir mit der Ehrenliga des FC Bayern, allesamt über 50 Jahre, gegen eine Mitgliederauswahl 8:2 gewonnen. Da hat man den Unterschied gemerkt, wer es gelernt hat und wer nicht.

Sind Sie standesgemäß aufgelaufen?

Wir sind mit dem Bayernbus angereist, mit dem Vereinsemblem darauf und hatten das Maskottchen dabei. Tausend Zuschauer sind gekommen zum gemächlichen Rentnerkick! Wir haben den FC Bayern würdig vertreten, auch beim Bürgermeisterempfang nach dem Spiel.

Klingt nach großem Stolz auf den FC Bayern - nach wie vor.

Na hören Sie mal: Ich bin Roter durch und durch!

Stoßen sich rot und blau ab?

Keinesfalls. Ich habe gegen die Sechzger schon in meiner Jugend gespielt. Heute um 14 Uhr treffe ich mich mit den Ehemaligen Sechgern in Nymphenburg zum Stammtisch - und wir spielen auch regelmäßig Tennis zusammen.

Die vergangene Saison ist nicht optimal gelaufen für die Bayern. Der Versuch vonJürgen Klinsmann, den Klub total umzukrempeln, ist misslungen.

Bayern hatte meistens zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Trainer. Nur Jupp Henyckes kam etwas zu spät. Klinsmann hat zuviel verändern wollen und das an den falschen Stellen.

Bitte erklären Sie das doch genauer.

Erstens: Eine Fußballmannschaft gehört nicht ins Sheraton, sondern in den Limmerhof, da haben die Spieler Ruhe und können sich konzentrieren Zweitens: Wer nie gelesen hat, wird es auch nicht tun, wenn Klinsmann eine Bibliothek einrichten lässt. Es sollte beim FC Bayern ausshließlich um Fußball gehen. Drittens: Bei Bayern muss man die Meisterschaft gewinnen und nicht Fremdsprachen lernen. Viertens: Die Abwehr entscheidet, ob eine Mannschaft gewinnt oder nicht, sie gibt der Mannschaft das Vertrauen: Klinsmann hat die Mannschaft auseinandergerissen. Fünftens: Er hätte einen deutschen Co-Trainer einstellen müssen.

Welche Ziele haben Sie für die Zukunft?

Gesund bleiben und auf Enkelkinder hoffen. Am besten solange ich noch mit ihnen Fußballspielen kann.

Interview: Boris Breyer

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