Der rote Rückpass (12): Dieter Brenninger

In 276 Spielen für die Bayern machte Dieter "Mucki" Brenninger zwischen 1962 und 1971 genau 111 Tore. Nach einem Jahr bei den Young Boys Bern in der Schweiz spielte der Stürmer noch bis 1976 beim VfB Stuttgart, erzielte da in 99 Spielen noch 16 Tore. Nach der Karriere arbeitete er als Verkaufsleiter einer Brauereigesellschaft in Erding.
von  Abendzeitung
Titelfeier im Grünwalder Stadion: Dieter Brenninger (unten rechts) mit der Meistermannschaft der Bayern 1969.
Titelfeier im Grünwalder Stadion: Dieter Brenninger (unten rechts) mit der Meistermannschaft der Bayern 1969. © abendzeitung

In 276 Spielen für die Bayern machte Dieter "Mucki" Brenninger zwischen 1962 und 1971 genau 111 Tore. Nach einem Jahr bei den Young Boys Bern in der Schweiz spielte der Stürmer noch bis 1976 beim VfB Stuttgart, erzielte da in 99 Spielen noch 16 Tore. Nach der Karriere arbeitete er als Verkaufsleiter einer Brauereigesellschaft in Erding.

AZ: Herr Dieter Brenninger, wie kommen Sie zu dem ungewöhnlichen Spitznamen „Mucki“?

DIETER BRENNINGER: Den Spitznamen „Mucki“ hat Zlatko Cajkovski ins Leben gerufen. „Tschik“ hatte so seine Probleme mit der deutschen Sprache - aus ursprünglich „Wucki“ machte er „Mucki“. Seitdem nennen mich alle so.

Klingt sehr bayerisch, passt also zu Ihnen: Sie haben Ihre ganze Jugend in Ihrem Heimatverein, dem SpVgg Altenerding verbracht.

Ich bin ein sehr heimatverbundener Mensch. Ich lebe in Altenerding, dort bin ich aufgewachsen, dort hat meine Fußballkarriere begonnen, dort war mein Vater Bürgermeister, dort habe ich beim Erdinger Weißbräu gearbeitet und dort arbeitet heute auch mein Sohn.

Er ist also quasi in den einen Ihrer beiden Fußstapfen getreten.

Richtig. Natürlich hätte ich gerne gesehen, das er in den Fußball-Fußstapfen tritt, aber er hatte etwas anderes im Sinn. Der Bursche ist selbstständig und weiß, was er will.

Sie sind vor zwei Jahren in den Ruhestand getreten, was haben Sie heute im Sinn?

Ich bin ein Natur- und Familienmensch: Ich arbeite gerne im Garten, reise viel und meine drei wunderbaren Enkel halten mich auf Trab. Außerdem versuche ich gesund und fit zu bleiben, der Rest kommt sich von selber.

Sie kommen aus einer fußballbegeisterten Familie.

Mein Vater, seine Brüder, die ganze Familie - jeder hat früher Fußball gespielt. Nach der Schule ging es direkt auf den Sportplatz, alles, wirklich alles hat sich um Fußball gedreht.

Später, beim FC Bayern, drehte sich viel darum, den Lokalrivalen, die Löwen, zu deklasssieren.

Es gab damals noch zwei große Vereine in München, Bayern und Sechzig. Da ging es natürlich immer darum, die Vorrangstellung in München inne zu haben. Viele der Spieler waren Einheimische, also: Wenn man beim innerbayerischen Duell die Nase vorn hatte, dann war man wer in der Stadt!

Sie hätten auch bei Sechzig landen können.

Sechzig hat mich mal zum Probespielen eingeladen, noch bevor ich beim FC Bayern unterschrieben habe. Aber das Auftreten, das Umfeld, die Art - bei Bayern war alles besser, Bayern hat mir von Anfang an imponiert.

1962/63 hatten mit ihrer Nominierung für die Bundesliga aber erstmal die Sechzger die Nase vorn.

Trotzdem: Der FC Bayern war immer das Aushängeschild, in München, in Deutschland und später in Europa.

Die ganz große Zeit stand den Bayern erst noch bevor, als Sie mit 18 Jahren Ihren Vertrag unterschrieben - was war anders als heute?

Alles war etwas ruhiger. Früher standen sechs Journalisten am Trainingsplatz, heute sind es hundert. Aber Fußball war unser Leben - nur ganz so reich ist man davon noch nicht geworden.

Verglichen mit den heutigen Stars, wurden Sie geradezu bescheiden belohnt.

Wir haben gut gelebt aber reich geworden ist man nicht. jeder musste später noch einer geregelten Arbeit nachgehen. Heute braucht man ja nicht mehr zu spielen und kriegt trotzdem sein Geld. Das ist kein Vorwurf gegen die heutigen Profis, die wären schön blöd, wenn Sie das viele Geld nicht einstreichen würden.

Zuviel Geld für einen Sportler?

Das Leistungs- und Gehaltsgefüge heute passt nicht zusammen. Gerade in Zeiten einer Finanz- und Arbeitsmarktkrise zeigt sich, dass Grenzen für die Spielergehälter und für Ablösesummen angebracht wären.

Nach neun erfolgreichen Spielzeiten bei den Bayern sind Sie 1971 in die Schweiz geflüchtet, zu den Young Boys Bern.

Ich wollte mal etwas anderes erleben. Ursprünglich wollte ich gleich zu Stuttgart, aber die Bayern ließen mich zunächst nur ins Ausland. Und da ein echter Bayer nur Richtung Süden auswandert, ging ich nach Bern.

An die Erfolge mit den Bayern konnten Sie in Stuttgart nicht anknüpfen.

Bei Bayern waren wir eine ganz besondere Truppe, da hat nur die Mannschaft, nie der Einzelne gezählt, jedes Rädchen hat ins andere gegriffen. Um Erfolg zu haben, braucht man nicht nur die Häuptlinge, sondern auch die Indianer.

Was waren Sie? Häuptling oder Indianer?

Ich war ein mannschaftsdienlicher Spieler mit viel Eigeninitiative. Für mich gab es immer nur ein Ziel: Dieses Rechteck, kurz vor dem Tor, da musste ich rein - der Rest ging dann wie von selbst.

276 Spiele und 111 Tore für die Bayern, dagegen nur ein Spiel für die Nationalmannschaft. Warum wurden Sie nicht öfter nominiert?

Ich musste mich vor niemandem fürchten, aber die Konkurrenz um die Plätze in der Nationalmannschaft, war ungleich größer als heute. Helmut Schön sagte immer: „Mucki“, nächstes Mal bist Du dabei!“ Aber ich kam dann wieder nicht dran. Natürlich hätte ich gerne mehr Spiele gemacht. Dann könnte ichn heute über mich lesen: Er war 30 Mal oder öfter für die Nationalmannschaft im Einsatz. Aber damals war die Situation anders: Heute schießt einer zwei Tore und ist dabei.

Interview: Boris Breyer

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