Der Pott: "In Dortmund war’s am schlimmsten"
AZ: Lieber Herr Uefa-Champions-League-Pokal - oder dürfen wir Pott sagen?
UEFA-CHAMPIONS-LEAGUE-POKAL: Ach, Pott is schon okay. Nur Henkelpott mag ich nicht. Das klingt so nach Waschmittel.
Na gut, Herr Pott. Schön, dass Sie mal wieder da sind! Heute nimmt Sie ja OB Christian Ude in Empfang.
POTT: Ja, ich freue mich auch total auf München. Aber dieser Ude soll doch Löwen-Fan sein? Na gut, kann ein Sechzger mich auch mal aus der Nähe sehen. Von mir aus könnten sie übrigens jedes Jahr das Finale hier spielen.
Sie sind viel unterwegs, was?
Ach, hören Sie mir bloß auf! Diese ewige Reiserei geht mir auf den Henkel. Und dann diese Temperaturunterschiede! 30 Grad in Lissabon, Nebel und Regen in Chelsea – da wird das beste Silber matt!
Und das in Ihrem Alter!
Sie sagen es! Mit 45 ist man halt keine 20 mehr.
Und dann immer diese Gerüchte, mit wem Sie schon alles im Bett waren!
Ach, wissen Sie, mit den Jahren wird man da gelassener.
Erzählen Sie mal: Wie war’s in den „Roaring Sixties“?
Wild, sag’ ich Ihnen, wild ging’s da zu. Ich bin ja Jahrgang 67, war bei Geburt schon 73,5 Zentimeter groß und achteinhalb Kilo schwer – ein ganz schöner Brocken!
Dabei sollten Sie doch eigentlich eine Schale werden.
Genau. Europapokal wurde ja schon seit 1955 gespielt. Da gab’s als Trophäe so ’nen armseligen Silberklumpen. Der damalige Uefa-Boss Hans Bangerter hat dann irgendwann gesagt: ,Da muss mal was Ordentliches her! Am besten mit Henkeln dran, das kann man bei der Siegerehrung besser überreichen.’ Also musste mein Papa, der Berner Jürg Stadelmann, seine Idee von der Schale in die Tonne drücken.
Wie sollte die Trophäe denn aussehen?
Der Jürg wollte eine Schale, die auf dem Rücken eines Fußballers getragen wird, der zum Fallrückzieher ansetzt. Bissl verrückt war er schon, der Jürg. Künstler halt.
Wie war dann Ihr erstes Mal?
Erinnern Sie mich nicht dran! Das war ein Verhau! Celtic Glasgow gewann 2:1 gegen Inter Mailand, in Lissabon. Nach dem Schlusspfiff sind die Schotten-Fans total ausgetickt, auf den Platz gerannt, haben Rasenstücke rausgerissen! Deswegen gab’s auch keine gescheite Siegerehrung. Billy McNeill, Celtics Kapitän, bekam mich einfach so in die Hand gedrückt, ohne Fans, ohne Jubel. Und dann fing ja das mit der Klonerei an.
Klonerei?
Naja, wer mich drei Mal in Folge oder insgesamt fünf Mal gewonnen hat, bekommt einen Klon von mir, für die Sammlung. Mein erster Klon steht seit 1973 in Amsterdam.
Das ist hart. Aber dann wurde es doch besser, oder?
Jaaaa, Mitte der 70er, das war großartig! Drei Jahre am Stück in München, oben an der Säbener Straße. Drei Mal hat mich der Kaiser in Empfang genommen – das hat keiner mehr geschafft!
Und wie geht’s Ihrem Säbener-Klon heute?
Prima! Der ist total gern hier. Jeden zweiten Tag kommt Uli Hoeneß vorbei, streichelt ihn ein bisschen, summt „Gute Freunde...“ und murmelt irgendwas von „...kriegst bald wieder Gesellschaft“.
Nach den 70ern ging’s wieder quer durch Europa. Sogar nach Bukarest, Hamburg und Eindhoven hat es Sie mal verschlagen!
Aber am schlimmsten war’s in Dortmund! 1997, eigentlich ein prima Finale, in München, im guten alten Olympiastadion! Da hatte mich vier Jahre zuvor der Völler Rudi mit seinen Kumpels von Marseille in Händen. Lustig war auch das 79er-Finale im Oly: Nottingham gegen Malmö – putzig.
Schon. Aber was war so schlimm am 97er-Finale?
Na, Dortmund halt! Tagelang nach Pils gestunken hab’ ich da! Und wissen Sie, von so einer Heulsuse wie Andy Möller will man auch nicht unbedingt betatscht werden.
Dann schon lieber von einem gestandenen Bayern.
Logisch! Obwohl: Manchmal ist der Ton ganz schön rau bei euch. Wie dieser Oli Kahn vor elf Jahren immer gebrüllt hat „Da is das Ding!’, das war schon derb. Aber ansonsten wäre ich auch bei den Finals ’82, ’87, ’99 und 2010 gern mit nach München gekommen. Vielleicht darf ich diesmal ja wieder da bleiben. Auf jeden Fall will ich nicht nach Chelsea. Dieses Wetter...