Der Orkan von Fröttmaning: Ribéry retour!
MÜNCHEN - Die Fans feiern das Comeback ihres Lieblings noch lauter als die Bayern-Tore. Der Franzose strahlt und genießt die Ovationen
Ein Fingerzeig - und dann lief er los. Nach 62 Minuten des Pokalduells mit dem 1.FC Nürnberg zeigte Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann auf Frank Ribéry, der sich seit Beginn der Halbzeit vor der Südkurve aufgewärmt hatte. Endlich – für ihn und für die Bayern-Fans unter den 65000 – wurde er erlöst. Drei Minuten noch dauerte die Quälerei an der Seitenlinie bis das Spiel unterbrochen war.
Miroslav Klose musste raus, der Stürmer erhielt höflichen Applaus für seine Leistung und das herrliche 1:0, aber das war nichts im Vergleich zum Orkan von Fröttmaning, der nun folgte. Die Zuschauer erhoben sich und das „Ri-bé-ryyyyy" war lauter und leidenschaftlicher als die jeweiligen Rufe nach den Toren.
Sein letztes Spiel für den FC Bayern war über vier Monate her gewesen. Beim 4:1 zum Saisonabschluss gegen Hertha erzielte er das 3:0, glänzte mit einer Torvorlage. Bei der EM verletzte er sich im Gruppenspiel der Franzosen am 17. Juni gegen Italien (0:2) - ein Syndesmosebandriss. Nun, nach langen Wochen der Reha, ist Ribéry retour.
„Die Mannschaft freut sich auf die Rückkehr ihres Spaßvogels“, hatte Klinsmann gesagt. Aber natürlich ist Ribéry mehr: Letzte Saison war er Titel-Garant und wurde zum Fußballer des Jahres 2008 gewählt. Seine erste Aktion gestern: Er versuchte, zwei Nürnberger zu narren, blieb aber hängen. Es war eine Annäherung gestern. Ein Eingewöhnungsabend bei idealer Gelegenheit. Ein Heimspiel, eine Führung, ein harmloser Gegner. Aller Wiederanfang ist schwer, auch für Monsieur Hoffnung. Etwas zaghaft sahen sie noch aus seine Flügelsprints, seine Dribblings. Auch in den Zweikämpfen hielt er sich zurück.
Anders als das Publikum. Schon vor seiner Einwechslung hatte Ribéry Ovationen geerntet. Er strahlte. Das war es, was ihm gefehlt hatte. Die Liebe der Zuschauer, die Interaktion. Einer wie er ist, wie er einmal selbst sagte, unausstehlich, wenn er sich nicht bewegen kann, sich austoben kann. Wie ein Tiger im Käfig lief er den Korridor zwischen Werbebande und Torlinie entlang - unruhig und immer mit dem Blick Richtung Bank: Wann darf ich? Nach etwas mehr als einer Stunde, wie verabredet.
Der 25-Jährige hatte aber auch zuvor schon seinen Spaß: auf der Ersatzbank. Anders etwa als Mark van Bommel, der eher süß-sauer dreinschaute (siehe unten). Mit dem rausrotierten Kapitän erlaubte sich Ribéry keinen Spaß, dafür alberte er mit Lukas Podolski herum, zwickte Sitznachbar Christian Lell in die rechte Wange. Wie die Lümmel von der letzten Bank.
Nun wissen alle: Er ist wieder da. Am Samstag in Hannover darf er möglicherweise von Beginn an ran. Und wenn nicht? Pas de problème. Denn die Champions-League-Partie am kommenden Dienstag gegen seine Landsleute, gegen Olympique Lyon, das ist sein Ziel. Für das Startelf-Comeback.
Patrick Strasser