Der Martinez-Effekt kommt für Gustavo zu spät
Bayerns Brasilianer dreht vor den Augen seines neuen Konkurrenten auf – „Er will spielen – aber ich auch“ – Kampf auf verlorenem Posten.
München - 17 Millionen Euro sind eine stolze Summe. Bestimmt fünf prächtige Villen könnte man sich davon kaufen, über 30 schnittige Sportwagen – aber nicht mal einen halben Javier Martinez. Die Summe, die Bayern München vor eineinhalb Jahren für Luiz Gustavo an 1899 Hoffenheim überwiesen hat, erscheint seit der
40-Millionen-Verpflichtung am vergangenen Mittwoch nahezu lächerlich.
Da mag es auch wenig helfen, dass der Brasilianer ausgerechnet vor den Augen seines neuen Konkurrenten beim 6:1 gegen den VfB Stuttgart aufdrehte. Laufbereit, zweikampfstark, offensiv wie defensiv fehlerfrei: Gustavo zeigte eines seiner besten Spiele im Bayern-Trikot – der „Martinez-Effekt“ allerdings bringt wohl nichts mehr. Er kämpft gegen den spanischen Nationalspieler und Bastian Schweinsteiger auf verlorenem Posten.
„Ich bleibe ruhig. Ich habe die Saison gut angefangen und werde so weiter machen. Ich kann immer helfen“, beteuert der 25-Jährige mit leiser Stimme. Wohl selten war Gustavo bei den Reportern so gefragt wie am vergangenen Sonntag. Sein drittes Tor im 44. Spiel für Bayern war nur das I-Tüpfelchen auf seiner tadellosen Leistung vor der Abwehr. Die Leistungsexplosion kommt für die Bayern-Bosse - und auch für Gustavo – jedoch viel zu spät.
Von „enormem Handlungsbedarf auf dieser Position“ hatte etwaPräsident Uli Hoeneß vor dem Transfer von Martinez gesprochen – und damit auch eigene Fehler eingestanden. Immerhin haben die Münchner in Anatoli Timoschtschuk (11 Millionen Euro) und Gustavo in den vergangenen vier Jahren schon knapp 30 Millionen in „Sechser“ investiert, die sich nicht gerechnet haben. Eine feste Größe neben Schweinsteiger konnte keiner der beiden werden. Zu behäbig, spielerisch limitiert: Mit Martinez soll nun alles anders werden. „Jeder hier hat unglaubliche Qualität. Auch Martinez hat Qualität, das ist doch gut für die Mannschaft“, sagt Gustavo diplomatisch, fügt aber kampfeslustig hinzu: „Er will seinen Platz,aber ich genauso.“ Dass er nach der Länderspielpause gegen Mainz 05 noch von Beginn an auflaufen darf, ist allerdings mehr als unwahrscheinlich. In den kommenden beiden Wochen soll sich das „geniale Duo“ (Franz Beckenbauer) Martinez/Schweinsteiger
einspielen. Wer im offensiven Mittelfeld weichen muss, entscheidet sich wohl je nach Tagesform. Klar ist jedoch, dass es für Gustavo nur noch darum geht, als Reserve-Option Nummer eins in Erinnerung zu bleiben.
Auch seine Vielfältigkeit mag dem Defensivspieler nun nicht mehr viel bringen. Auf all seinen Positionen – in der Innenverteidigung und vor der Abwehr – ist der Rekordmeister seit dieser Saison doppelt und dreifach besetzt. Als Vertreter von David Alaba auf der Außenbahn fiel er in der Vorbereitung schon durch. „Ich kann noch besser. Ich will so weiter machen. Wenn ich etwas Platz habe und Selbstvertrauen, dann kommen auch die Tore dazu“, sagt er fast flehend. Von der Bank aus lassen sich Tore allerdings schwer schießen. Und 17 Millionen Euro sind seit vergangener Woche in München ein ganz, ganz schwaches Argument.