„Der Mann hat eine Idee“

Django Asül, Kabarettist und AZ-Kolumnist, über die Stärken von Bayern-Trainer van Gaal, die Vaterpflichten von Franz Beckenbauer und die Besessenheit von Präsident Uli Hoeneß.
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„Die Spieler haben begriffen, seine Idee umzusetzen“: Und deswegen wird man Bayern-Trainer Louis van Gaal auch in dieser Saison vermutlich oft in Jubelpose sehen können.
dpa „Die Spieler haben begriffen, seine Idee umzusetzen“: Und deswegen wird man Bayern-Trainer Louis van Gaal auch in dieser Saison vermutlich oft in Jubelpose sehen können.

Django Asül, Kabarettist und AZ-Kolumnist, über die Stärken von Bayern-Trainer van Gaal, die Vaterpflichten von Franz Beckenbauer und die Besessenheit von Präsident Uli Hoeneß.

AZ: Was ist heuer vom FC Bayern zu erwarten? Louis van Gaal ist ja in seiner ersten Saison schon zum beliebtesten Holländer seit Rudi Carrell mutiert.

DJANGO ASÜL: Die Erwartungshaltung ist immens gestiegen nach dem Beinahe-Triple der letzten Saison. Die Skepsis, die van Gaal monatelang entgegen schlug, ist einer großen Euphorie gewichen. Im Moment erntet ja jeder, der sich mit dem neuerlichen Double zufrieden gibt, fast schon böse Blicke. Die Zahl derer, auf die sich der Trainer beinahe blind verlassen kann, hat sich im letzten halben Jahr doch deutlich erhöht. Dass ein Lahm schlechtestenfalls solide spielt, war die Regel. Die Jüngsten wie Badstuber oder Contento präsentieren sich sehr routiniert mit wenigen Ausreißern nach unten. Müller ist sowieso ein Phänomen. Und es ist ein starkes Zeichen vom Verein, dass keine Neuzugänge geholt wurden.

Klingt alles so harmonisch. Sehen Sie gar keine Probleme?

Einige Fragezeichen gibt es. Die Situation im Sturm ist alles andere als optimal. Von Klose war es eine Frechheit, dass er indirekt sagte, dass er eigentlich erst in der WM-Vorbereitung hart an sich arbeitete. Das ist in Kombination mit seinen Leistungen in der letzten Saison eine moralische Bankrotterklärung.

Wie geht der Trainer damit um?

Zu van Gaal sei gesagt: Mit welcher Konsequenz der seinen Weg ging vom ersten Tag an, war nicht nur überraschend, sondern verstörend. Auch wenn einige davon sprachen, dass man einem neuen Trainer Zeit geben müsse, darf man sich im Nachhinein nichts vormachen: Wenn das Gruppenspiel in Turin schief gegangen wäre, wäre wohl auch der Trainer gegangen. Mittlerweile hat jeder begriffen, dass der Mann eine Idee hat. Und die Spieler haben begriffen, wie sie diese umzusetzen haben.

Was ist eigentlich mit Uli Hoeneß los? Hat plötzlich Zeit für Hauptrollen in You-Tube-Filmen zum Thema Bratwurstsemmeln, posiert als Förderer der Münchner Randsportart Basketball und wollte fast DFL-Chef werden. Was ist noch von ihm zu erwarten?

Hoeneß ist im besten Sinne ein Besessener. Für ihn ist der FC Bayern kein Job, sondern eine Herzensangelegenheit. Nach der Stabsübergabe an Nerlinger kann er nicht daheim sitzen und sich die Ruderboote auf dem Tegernsee anschauen. Bei Bayern wird er sicher noch jahrelang als Ratgeber und Türöffner fungieren. Fad wird dem Uli bestimmt nicht. Und ich bin sicher, dass er sich für karitative Angelegenheiten noch mehr Zeit nehmen wird, obwohl sein Einsatz auf diesem Gebiet sowieso überdurchschnittlich war.

Und der Beckenbauer? Erst als Präsident, nun auch noch als Spieler verabschiedet.

Der Franz ist happy, dass er mehr Zeit für die Kinder hat. Er hat ja lang genug warten müssen, bis er beweisen konnte, dass er die Vaterrolle drauf hat.

Und nun zum Sport. Die spannendste Entwicklung der Saison: der unvermeidliche Aufstieg des Bastian Schweinsteiger zum Bayern-Kapitän. Was sagen eigentlich van Bommel und Lahm dazu?

Die Entwicklung von Schweinsteiger vom letzten Herbst bis zur WM war schon sensationell. Beim Halbfinale gegen Spanien war er der Einzige, der die Hosen nicht voll hatte und bis zur letzten Minute ackerte. Den hatten viele ja schon abgeschrieben als Mitläufer, weil er oft den Biss vermissen ließ. Ein sehr erfreulicher Prozess eines sehr angenehmen Burschen vom netten Buben zum Verantwortungsträger. Er hat das Auftreten, die Position auf dem Feld und das Alter, um ein würdiger Spielführer zu sein. Ein Klub wie der FC Bayern muss den Anspruch haben, elf Spielführer auf den Rasen zu schicken. Aber die Binde kann eben nur einer haben.

Kommen wir zu Rib & Rob. Sie bestreiten wahrscheinlich nur ein Spiel gemeinsam ohne gerade verletzt, gesperrt oder in Untersuchungshaft zu sein, aber das wird toll, oder?

Wie schnell kommt Ribéry in Schwung? Findet er die Konstanz, die durch den Ausfall von Robben noch wichtiger geworden ist? Letzte Saison hat Robben viele Spiele im Alleingang entschieden. Dieser Part obliegt jetzt Ribéry. Der Verein ging mit dem neuen Vertrag in Vorleistung. Wenn Robben im Winter wieder einsteigt, kann es dauern, bis er wieder Vollgas geben kann. Auch wenn Bayern nicht komplett von diesem Duo abhängig ist: Sie können den Unterschied ausmachen.

Mario Gomez: Wäre ein Wechsel eine gute Idee?

Gomez ist zur falschen Zeit zu Bayern gekommen. Er war vor van Gaal da. Das ist Pech. Denn das System des Trainers passt nicht zu seinem Spiel. Müller und Olic sind immer Flügelflitzer, hängende Spitze oder Mittelstürmer in Personalunion. Die Flügel Robben und Ribéry sind keine klassischen Flankengeber, die ein Mittelstürmer wie Gomez braucht. Sie ziehen nach innen und schießen selbst. Das ist zwar ein Luxusproblem, aber es ist eins. Es gäbe genug Bundesligisten, wo Gomez sehr gut aufgehoben wäre.

Und was wird aus Ballack, dem ewigen Zweiten? Aus Schalkix Magath und seinen Meistern der Schmerzen? Aus den wildmoser- und stofferslosen Löwen?

Sollte Ballack nicht mehr DFB-Kapitän sein, werden die Gründe nichts mit dem Fußball zu tun haben. Aber er hat mit Leverkusen eine Basis für die nächsten Jahre. Schalke ist die Wundertüte der Saison. Glaubt man Magath, hat er mit Neuer und Raul erst zwei gesetzte Spieler. Aber Felix ist bekannt dafür, aus allem das Optimum herauszuholen. Und den Löwen wünscht jeder, sich endlich mal auf den Sport konzentrieren zu können statt sich mit geistigen Amokläufern wie Stoffers rumschlagen zu müssen.

Interview: Thomas Becker

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