Der Kraftzwerg und sein großer Bruder
MÜNCHEN Seine neueste Errungenschaft präsentierte Xherdan Shaqiri seinen Fans via Twitter. Er postete ein Foto seiner neuen Ohrringe. Brillis mit Perlen, darin seine Initialen „XS”. Der Schweizer steht auf Schnickschnack: „Ich interessiere mich sehr für Mode.” Einst fing er eine Ausbildung zum Herrenausstatter an. Als Profi kann er sich auf dem Platz – Brilli-Verbot! – nur mit seinen Schuhen abheben.
Macht er. Familie und Herkunft sind dort abzulesen. Zuneigung und Statement des Schweizer Nationalspielers zugleich. Auf der Außenseite des linken Schuhes prangt der Name Medina Shaqin, seine Schwester. Auf der rechten Außenseite sind seine Brüder Erdin und Arianit verewigt. Auf der Innenseite hat der 21-Jährige drei Flaggen einsticken lassen: Das Schweizer Kreuz, die Kosovo- und Albanien-Flagge. „50 Prozent meines Herzens gehören dem Kosovo”, sagt Shaqiri, der in Gjilan, damals Jugoslawien, heute Kosovo geboren wurde.
Letzten Sommer verpflichteten die Bayern Xherdan Shaqiri vom FC Basel. Kein Rekord-Einkauf wie Javi Martínez für 40 Millionen Euro, kein Transfer mit Stammplatz-Perspektive wie bei Dante und Mandzukic. Einer für die zweite Reihe, für die Rotation. Dank seiner Vielseitigkeit kann der offensive Mittelfeldspieler alle drei Positionen besetzen. Zentral, rechts, links. Also die von Kroos/Müller, Robben oder Ribéry. Nun, da Kroos wegen seines Muskelbündelrisses bis Saisonende ausfallen wird und Trainer Jupp Heynckes seine Spieler rotieren lässt, wird Shaqiri immer wichtiger. Die Eingewöhnungszeit von der Schweizer Super League zur Bundesliga ist vorbei, „Shaq”, wie er von den Kollegen genannt wird, ist ein vollwertiger Bestandteil der Mannschaft. Erst elf Mal stand Shaqiri in dieser Ligasaison in der Startelf, zuletzt jedoch vier Mal hintereinander, dabei gelangen ihm zwei Tore und drei Torvorlagen. Heynckes ist überzeugt: „Das wird ein außergewöhnlicher Spieler, auch für Bayern.”
Im Pokal-Halbfinale gegen Wolfsburg (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht beendet, d.Red.) muss Shaqiri den gesperrten Franck Ribéry ersetzen. Zum Saisonende steigern sich Aufgaben und Anforderungen. Doch Shaqiri, der Kraftzwerg wie ihn die Schweizer Medien wegen seiner Fitnessstudio-Figur (70 Kilogramm bei 1,69 m) nennen, hat prominente Fürsprecher. Etwa Ottmar Hitzfeld, den ehemaligen Bayern-Coach und aktuellen Schweizer Nationaltrainer: „Er ist ein herausragender Spieler, mit ihm hat Bayern viele Optionen im Offensivbereich.” Um die Zukunft von Shaqiri unter dem künftigen Bayern-Trainer Pep Guardiola mache sich Hitzfeld „keine Sorgen”, da dieser das „Barcelona-Gen in sich” habe. Hitzfeld: „Xherdan passt ins System von Guardiola. Dieser steht auf junge, technisch starke, wendige Spieler. Solche, die perfekt am Ball sind und sich um die eigene Achse drehen. All diese Attribute bringt Xherdan mit.”
Und die nötige Prise Lockerheit und Gelassenheit, um es mit einem Haus-Nachbarn wie Franck Ribéry auszuhalten. Der Franzose sagte über Shaqiri kürzlich im „Blick”: „Shaq hat unglaubliche Qualität. Er muss sich jetzt einfach bei der Konkurrenz hier durchkämpfen.” Dabei hilft er ihm: „Ich bin wie ein großer Bruder für ihn. Schließlich bin ich fast 30 Jahre alt und er gut 20. Ich rede viel mit ihm und versuche zu helfen, wo ich kann.”