Der iPhone-Sieg

Nach dem ersehnten Erfolg gegen Hannover lobt Trainer van Gaal Rückkehrer Schweinsteiger, die Bayern-Fans – und sich selbst. Und zwar, weil er so viele Einzelgespräche per Handy geführt hat
MÜNCHEN Noch ein Hinweis in eigener Sache, dachte sich Louis van Gaal während seines Statements bei der Pressekonferenz nach dem deutlichen 3:0 gegen Hannover. Ein Lob für die eigenen Fans, das kann ja nie schaden.
Also sprach der Holländer: „Ich bin sehr froh über diese Fans – und das, obwohl wir vorher nur acht Punkte aus sieben Spielen geholt hatten, was viel zu wenig war. Diese Fans sind hinter uns gestanden. Es gab viel Druck, wir hatten schwierige Umstände.“ Und wer hat’s überwunden? Er natürlich. Nach den warmen Worten für das tatsächlich vor allem in der zähen ersten halben Stunde geduldige Publikum lobte van Gaal dann seinen wichtigsten Mann: sich selbst.
Drei Dinge waren für den ersehnten Sieg am achten Spieltag maßgebend. Erstens Mario Gomez. Dafür konnte der Trainer wenig, einen anderen Mittelstürmer hatte er nach den Ausfällen von Miroslav Klose und Ivica Olic auch nicht zur Verfügung. Zweitens die Einwechslung von Bastian Schweinsteiger, der nach seiner rund einwöchigen Pause infolge einer Fußverletzung als Joker zur Verfügung stand. Als er nach 65 Minuten ins Spiel kam, kippte die Mittelfeld-Hoheit sofort zu Gunsten der Bayern. Schweinsteiger forderte die Bälle, er zog sie wie ein Magnet an, gab dem Spiel seiner Elf Rhythmus und Linie. Brust raus, Kopf oben, der Gegner am Boden.
„Nach dem Wechsel von Schweinsteiger haben wir uns verbessert und waren wieder Chef auf dem Platz“, stellte van Gaal fest und betonte: „Schweinsteiger war Chef auf dem Platz.“ Den Wechsel hatte freilich der Chef auf der Bank vorgenommen. Am Dienstag in der Champions League gegen den rumänischen Meister CFR Cluj (20.45 Uhr) wird Schweinsteiger von Beginn an spielen, weichen muss einer aus dem Trio Pranjic, Braafheid oder Ottl.
Schließlich noch der dritte Grund: Der Dauer-Telefonierer van Gaal. Es hatte extremen Redebedarf nach dem 0:2 vor zwei Wochen in Dortmund gegeben, die Spieler waren für zehn Tage bei ihren Nationalmannschaften. Auf die Frage, wie er das hinbekommen habe, die verunsicherten Profis in dieser Drucksituation wieder aufzubauen, wurde van Gaal gefragt. Seine Antwort: „Sie können ja mein iPhone anschauen. Dann sehen sie, wie viele Einzelgespräche ich in den letzten Tagen geführt habe. Dazu haben wir Video-Bilder gezeigt, mit der gesamten Mannschaft gesprochen.“ Erst am Donnerstag an der Säbener Straße, und dann, als alle zurück waren, am Freitag im Teamhotel „Dolce Munich“ in Unterschleissheim. Van Gaal: „All das habe ich gemacht, damit wir uns verbessern.“ Am Anfang war das Wort. Das 3:0 gegen Hannover, ein iPhone-Sieg.
Wie bei einer Nachricht auf die Mailbox sprach Karl-Heinz Rummenigge Trainer und Mannschaft ins Gewissen: „Wir stehen immer noch miserabel da.“ Wenigstens besser als vorher. Davon kann sich van Gaal online jederzeit auf seinem iPhone überzeugen.
Patrick Strasser, Fabian Klee