Der FC Bayern zwischen Meistermatchball und Hängepartie

Nach dem 3:0-Erfolg in Bielefeld stehen die Bayern nun kurz vor ihrem zehnten Bundesliga-Titel in Folge. Aber besonders die Lewandowski-Frage bereitet den Bossen zunehmend Kopfzerbrechen.
von  Patrick Strasser
Charaktertest bestanden, aber kein Grund zu ausgelassener Freude: Die Bayern-Stars um Thomas Müller (2.v.l.) zelebrieren eher geschäftsmäßig den 3:0-Sieg in Bielefeld.
Charaktertest bestanden, aber kein Grund zu ausgelassener Freude: Die Bayern-Stars um Thomas Müller (2.v.l.) zelebrieren eher geschäftsmäßig den 3:0-Sieg in Bielefeld. © IMAGO/Ulrich Hufnagel

München - Sie trotteten wenig begeistert dahin, diskutierten und gestikulierten dabei mit unzufriedenen Mienen - und es hatte nicht den Anschein, als beschäftigten sich die Bayern-Profis auf dem Weg zu ihren Fans in der "SchücoArena" mit dem soeben errungenen 3:0-Erfolg bei Arminia Bielefeld.

Während die Anhänger "Deutscher Meister wird nur der FCB" sangen, erörterten die Profis die Lage eher geschäftsmäßig. Die drei Pflicht-Punkte beim Abstiegskandidaten waren eine okaye Antwort auf das Champions-League-Aus gegen den spanischen Underdog FC Villarreal, eine lange noch nicht verheilte Wunde.

FC Bayern kann gegen Dortmund Meister werden

"Es war ein Stück weit Frustabbau, nachdem wir ausgeschieden sind", sagte Serge Gnabry, der Torschütze zum 2:0. Und Joshua Kimmich gab zu: "Ich hab' mich schon sehr schwergetan, damit umzugehen. Das hat man immer noch im Hinterkopf."

Nachdem sie ihr gelbes Wunder erlebt hatten, bestanden sie in Spiel eins danach die Charakterprobe und sicherten sich damit den Meister-Matchball zu Titel Nummer zehn in Serie. Wenigstens ist diese Gelegenheit eine ganz spezielle. Kommenden Samstag empfängt Bayern "Verfolgerchen" Borussia Dortmund (neun Punkte Rückstand und das um 27 Tore schlechtere Torverhältnis) zum direkten Duell.

Der deutsche Clasíco samt Chance, mit einem Sieg auch rechnerisch über die Meister-Ziellinie zu gehen, sei "eine gute Fügung, die es nicht oft gibt", so Trainer Julian Nagelsmann, für den es der größte Erfolg als Trainer wäre - und das nur elf Tage nachdem der 34-Jährige mit dem Viertelfinal-Aus seine größte Pleite erlitten hatte.

Kimmich: "Müssen die Saison aufarbeiten"

"Zuhause gegen Dortmund die Meisterschaft klarzumachen, wäre etwas ganz Besonderes. Das wollen wir auf jeden Fall. Am Ende ist es vielleicht zu wenig", betonte Kimmich nachdenklich und forderte am DAZN-Mikrofon aber auch: "Wir müssen die Saison aufarbeiten. Wir sind früh aus dem DFB-Pokal ausgeschieden, zu früh aus der Champions League." Vor allem letzteres sei "schwierig zu verarbeiten", gestand Kimmich. Die Aufarbeitung wird lange andauern.

Parallel laufen die Planungen für die neue Saison und das Team der Zukunft auf Hochtouren. Noch stehen keine Transfers endgültig fest, die Unterschriften der beiden Ajax-Stars Noussair Mazraoui (24) und Ryan Gravenberch (19) werden jedoch zeitnah erfolgen. Gleiches gilt auch für die Kapitäne Manuel Neuer (36) und Thomas Müller (32) - beide sollen zeitnah bis 2025 verlängern. "Wir befinden uns in guten Gesprächen, in gutem Austausch. Beide Seiten wollen. Ich glaube, dass man da am Ende des Tages auch eine Lösung finden wird", sagte der Urbayer.

Verhandlungen mit Lewandowski und Gnabry stocken

Auf der anderen Seite sind die Verhandlungen mit Robert Lewandowski (33) und Serge Gnabry (26) ins Stocken geraten. Zwei Hängepartien rund um zwei ebenfalls 2023 auslaufende Verträge, die den Verein belasten, auch weil der Stand der Dinge stetig öffentlich diskutiert wird.

Wird Robert Lewandowski seinen Vertrag bei Bayern verlängern?
Wird Robert Lewandowski seinen Vertrag bei Bayern verlängern? © IMAGO/Ulrich Hufnagel

Zu Fifa-Weltfußballer Lewandowski, der zuletzt mit einem Wechsel zum FC Barcelona in Verbindung gebracht wurde, sagte Vorstandschef Oliver Kahn im Sport1-Doppelpass: "Wir wollen, dass er möglichst lange beim FC Bayern bleibt." Doch bei den Gesprächen müsse laut Kahn auch "die Situation des Spielers" gesehen werden, der beim FC Bayern alles erreicht habe und sich deshalb "Gedanken über die Zukunft" mache. Ein Vorgriff auf einen möglichen Abschied samt Ablöse schon diesen Sommer?

Hainer macht Hoffnung bei Müller und Neuer

Kahn beschwichtigte: "Es dauert dann länger, einen Spieler zu überzeugen. Und das Finanzielle spielt auch noch eine Rolle." So weit, so üblich. Angesäuert meinte der Ex-Torhüter: "Scheinbar meinen manche, das ist wie bei einem Online-Managerspiel: Ich muss nur irgendwo draufklicken und dann hat der seinen neuen Vertrag."

Vereinspräsident Herbert Hainer machte den Bayern-Fans bei "Bild TV" Hoffnung: "Bei Müller und bei Neuer sieht es wohl sehr gut aus, da sind fortgeschrittene Gespräche, und ich denke auch, dass wir da bald etwas vermelden können."

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