Der FC Bayern: Meister im Herschenken
Bayern glauben an Titelchance Doch von Platz 5 (am 22. Spieltag) auf eins, das gab’s noch nie. Beckenbauer mahnt – und fordert eine Serie
MÜNCHEN Letzte Saison nach dem 22. Spieltag – auf welchem Tabellenplatz standen die Bayern damals? Okay, das ist einfach. Sie waren Erster. Weil sie immer oben waren, vom ersten bis zum 34. Spieltag. Am 22. Spieltag lagen sie vier Punkte vor Werder Bremen. Und – immerhin – in diesem Jahr haben sie elf (!) Punkte Vorsprung vor dem Sonntags-Gegner, dem Tabellenelften.
Der Abstand ist geblieben, Bayern schaffte ein 0:0, der erste Auswärtspunkt der Rückrunde. „Auch wenn es nur ein kleiner Schritt ist“, sagte Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann und betonte: „Es ist wichtig, dass wir mit einem Punkt hier wegfahren.“ Nicht verlieren – das Minimalziel war erreicht. Hamit Altintop sagt: „Wir sind nicht da, wo wir hinwollen. Wir müssen kleinere Brötchen backen.“
Aber immer noch glauben sie an den ganz dicken Laib, an die Meisterschale, an die Titelverteidigung. „Mit dem Unentschieden ist nichts passiert, das ist ja eher ein Gewinn für uns“, argumentierte Manager Uli Hoeneß, „ich bin nicht unzufrieden, wir sind einen Punkt näher an den HSV herangerückt. Ihn interessiere „nicht der fünfte oder achte Platz. Wichtig wird sein, auf welchem Platz wir nach dem 34. Spieltag stehen.“ Ganz oben? Sie glauben daran.
Die Bundesliga-Historie spricht dagegen. Noch nie hat es eine Mannschaft, die nach dem 22. Spieltag auf Rang fünf stand, geschafft, dann noch Meister zu werden, noch nie in 45 Jahren. Von fünf auf eins – das gab’s noch nie. 12 Spieltage mit sieben Heimspielen und fünf Auswärtspartien bleiben den Bayern noch fürs Wunder 2009.
„Wenn man Meister werden will, muss man langsam eine Serie starten“, forderte Präsident Franz Beckenbauer im „Premiere“-Studio nach der Nullnummer und mahnte: „Man muss jetzt mal selbst die Punkte sammeln und nicht immer herschenken.“ Schon vor dem Rückflug aus Lissabon hatte Beckenbauer süffisant gemeint: „Allein mit den hergeschenkten Punkten könntest du schon Meister werden.“So aber sind sie (bisher) Meister im Herschenken.
Zum Ende der Hinrunde waren die Bayern noch punktgleich mit dem damaligen Tabellenführer Hoffenheim, selbst auf die schwächelnden Herbstmeister haben sie zwei Punkte eingebüßt. „Was mir aufstößt, ist, dass man bei uns immer noch nicht der Meinung ist: Jetzt wird es höchste Zeit“, murrte Beckenbauer und ergänzte: „Erfolg kann man ja auch erzwingen. Ich hoffe, dass sich das ändert - und zwar bald."
Am Mittwoch können die Bayern ihre Aufholjagd nicht starten, das Duell mit Leverkusen ist ein DFB-Pokalspiel, das Viertelfinale. „Wir müssen mit aller Macht den Einzug in die nächste Runde erzwingen – egal wie“, sagt Tim Borowski.
Das „wie“ ist Thema in der Mannschaft. Altintop beklagte „fehlende Leidenschaft“ und dass man sich mehr unterstützen müsse: „Es geht nur miteinander.“ Das Problem sei: „Der eine oder andere kann im Moment nicht abrufen, was er kann. Ich vergleiche nur ungern: Aber letztes Jahr haben wir uns gegenseitig mit- und hochgezogen.“ Diesmal wäre es ein riesiger Kraftakt: Von fünf auf eins – und ein historischer Coup obendrein.
P. Strasser, S. Maurer