Der Buddha-Irrtum: Warum Klinsmann einst beim FC Bayern scheiterte
München/Berlin - Klopf-klopf. Auf Holz. Zweimal, energisch. Jürgen Klinsmann strahlt und ruft laut: "Mahlzeit, Männer!" Kurze Pause. Noch lauter, beinahe euphorisch: "Geht's euch gut?" Anfangs blickten die Journalisten Klinsmann verwundert an, später nur noch sich selbst. Dabei verdrehten sie die Augen hinter seinem Rücken.
Kein gutes Zeichen. Denn wenn die Reporter sich über den Trainer lustig machen, kann man davon ausgehen, dass die Spieler in der Kabine nicht anders handeln.
Es war sein Begrüßungsritual. Jedes Mal, wenn Klinsmann den Medienraum an der Säbener Straße zum Pressetalk betrat. Knapp zehn Monate lang. So kurz war Jürgen Klinsmann Bayern-Trainer. Immer freundlich, immer Nähe suggerierend, stets pünktlich. Mit der Zeit wurde er ruhiger, nachdenklicher, zurückhaltender.
Was hat Klinsmann in München hinterlassen?
Am 27. April 2009 wurde der damals 44-Jährige entlassen, als Scherbenaufsammler bis Saisonende kam Jupp Heynckes. Doch was hat Klinsmann hinterlassen in München? Was blieb nach seinem letzten Spiel, dem 0:1 der Bayern gegen Schalke? An diesem Samstag wagt Klinsmann mit Hertha BSC den Neustart – gegen Borussia Dortmund.
Im Sommer 2008 folgte er auf Ottmar Hitzfeld. Kein einfaches Erbe. Doch Klinsmann, der Wahl-Kalifornier, kam als Sonnenschein nach München, in seiner Vita steht das Sommermärchen, als wäre es eine Trophäe. Er hatte Deutschland eine selten dagewesene Zeit der Euphorie während der Heim-WM 2006 beschert.
Das Fanvolk war so glücklich, dass man gar über den dritten Platz hinwegsah. Er war Messias Klinsi, Jürgen Christ Superstar. Die Bayern-Bosse zogen Klinsmann damals einem gewissen Jürgen Klopp vor und bekamen, was sie wollten: einen Projektleiter, einen Reformer.

Klinsmann konnte die Mannschaft motivieren
Er sollte die Mannschaft motivieren (ja, das konnte er!) und modernisieren – es wurde ein Aufbruch in die Vergangenheit.
Als Trainer, das merkten die Spieler recht bald, war Klinsmann, vor allem in der tagtäglichen Arbeit, eher ein Suchender, gegen Ende seines Schaffens schimpfte man: ein Praktikant. Bei der Nationalelf hatte er für den Trainingsaufbau und die Inhalte seinen Jogi, den späteren Erfolgsbundestrainer Joachim Löw.
Klinsmann kann begeistern, unbestritten. Weil er groß denkt, weil er den kalifornischen Way of Optimismus vorlebt. Weil er lacht. Zweifel? No way! Klinsmann will delegieren. In München kam sein Assistenten-Team im Dutzend daher, wie ein BWLer bei Marketing-Vorträgen benutzte er Begriffe wie "Empowerment" und "Verantwortungsübergabe".
Sogar erfahrene Führungsspieler rückten von ihm ab
Taktische Vorgaben blieben im Unklaren, Umstellungen im Spiel ohne Wirkung. Woche für Woche gärte es mehr in der Kabine, bis erfahrene Führungsspieler wie Mark van Bommel und Miroslav Klose von ihm abrückten.
In der Champions League wie im DFB-Pokal kam das Aus im Viertelfinale, in der Meisterschaft setzte es ein 1:5 beim späteren Meister VfL Wolfsburg (viel schlimmer für die Bosse: trainiert vom früheren Bayern-Coach Felix Magath).
In München ist man Klinsmann noch heute dankbar
"Wir haben den Grundstein gelegt für die Zukunft", sagte Klinsmann nach der Entlassung. Nicht als Architekt einer Mannschaft, aber als Bauträger. Tatsächlich ist man ihm in München heute noch dankbar, aus dem veralteten, teils miefigen Profitrakt ein modernes Funktionsgebäude gemacht zu haben.
Obwohl das Interieur (etwa die Bibliothek für die Spieler) weg ist, schwingt Klinsis Idee noch mit. Und die Buddhas? Hat Fitness-Trainer Marcelo Martins aufgestellt. Klinsmann beklagte sich – auch über diesen Irrtum: "Viele Dinge wurden mir angekreidet, für die ich nichts konnte."
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