Den FC Bayern plagt vor dem Supercup gegen Borussia Dortmund die Angst vor der großen Krise
München - Es war gerade mal sein zweiter Tag als Sportdirektor von Bayern München, und schon musste Hasan Salihamidzic die erste Krise moderieren. Er versuchte sie wegzulächeln, doch das Vorhaben misslang ihm gründlich. Als Antwort auf den blamablen letzten Platz beim hochkarätig besetzten eigenen Turnier hatte Salihamidzic viele Plattitüden und nichts Substanzielles zu bieten. "Wir Freude uns auf den Supercup", sagte er und versicherte sogleich: "Ich bin sehr sehr zuversichtlich, dass wir da ein gutes Spiel machen werden."
Woher Salihamidzic diese Zuversicht nimmt, erschließt sich nicht. Der Supercup bei Borussia Dortmund am Samstag (20.30 Uhr/Eurosport und ZDF) ist bereits eine Art Krisengipfel. Die beiden Rivalen quälen sich durch die Vorbereitung auf die neue Saison, doch während sich die Dortmunder augenscheinlich schwer tun, das System des neuen Trainers Peter Bosz zu verinnerlichen, scheinen die Münchner gar keines zu haben. Zumindest fehlt ihnen "die Balance", wie Trainer Carlo Ancelotti das nennt.
"Natürlich sind wir beunruhigt."
Fünf der vergangenen sechs Vorbereitungsspiele gegen durchweg namhafte Gegner hat der FC Bayern verloren, nach dem blamablen 0:3 gegen den FC Liverpool und dem 0:2 einer B-Mannschaft gegen den SSC Neapel gab es am Mittwochabend Pfiffe des Publikums. "Die Leute haben das Recht zu pfeifen", sagte Salihamidzic, der allerdings versicherte, die Leute "müssen sich nicht um den FC Bayern sorgen". Die augenblickliche Verfassung ist freilich so schlecht, dass selbst Ancelotti zugab: "Natürlich sind wir beunruhigt."
Die Gründe sind vielfältig. Die Reise nach Asien mit vier Spielen in zwölf Tagen zeigt noch Wirkung. Kein Wunder, findet auch Jürgen Klopp, dessen FC Liverpool den FC Bayern am Dienstagabend schön herspielte. "Wer zwölf Tage in Asien verbringt, kommt zurück und zahlt dafür", sagte er. Zur körperlichen Belastung kommt hinzu: Erst seit Sonntag ist der Kader komplett. Wobei: Neuzugang James fällt nun wochenlang aus (Muskelverletzung), Stratege Thiago zumindest am Samstag, Jerome Boateng und Arjen Robben sind noch nicht fit.
Richtungsweisender Supercup
Darüber hinaus ist kein Konzept zu erkennen. Die Bayern machen derzeit von allem ein bisschen, aber nichts davon durchgehend. "Es gibt viele Punkte, an denen wir arbeiten müssen, wir sind noch nicht bei hundert Prozent", bestätigte Mats Hummels. Er bemängelte auch die Einstellung der Mannschaft beim 0:3 gegen Liverpool. "Das war einfach ein bisschen hingespielt und geschaut, was passiert", sagte er. Und ja, manchmal sei es gut, "einen vor den Bug zu bekommen", aber "wir haben jetzt zwei, drei vor den Bug bekommen". Das sei zu viel.
Salihamidzic bat am Mittwochabend noch einmal darum, ihn "erst mal ankommen" zu lassen, doch angesichts der aktuellen Probleme sollte er sich beeilen. Die Niederlagen in der Vorbereitung drücken bereits hörbar und erkennbar auf die Stimmung, dem Supercup wird schon eine richtungweisende Bedeutung beigemessen. "Wir müssen gewinnen, das ist ein wichtiges Spiel für den FC Bayern", bekräftigte Franck Ribéry. "Wir müssen jetzt schnell die Kurve kriegen", sagte Klubchef Karl-Heinz Rummenigge schon am Dienstag.
Kurve kriegen oder "den Schalter umlegen" und die Niederlagen "so schnell wie möglich wegstecken", wie Joshua Kimmich fordert - das alles klingt sehr dringlich, auch wenn Hummels lässig einwarf, dass die Testspiele ja "zum Glück nicht viel aussagen für die Pflichtspiele". Auch der Nationalspieler weiß natürlich: Der Supercup wird "ein unglaublicher Härtetest." Und die Angst vor einer Ausweitung der Krise schwingt da mit.