Demichelis spielt Bulle: »Gigantisch«

Im Pokal-Halbfinale gegen Magath war er Bayerns Bester: Martin Demichelis. Der Argentinier schüchtert seine Gegner ein wie einst Franz Roth.
MÜNCHEN Als Ribéry zum 1:0 gegen Wolfsburg traf, stand Martin Demichelis an der Mittellinie. Absichern und beobachten. Dann lief der Kurzzeit-Rebell los, die Fäuste geballt. Na, zum wem wohl? In die Arme von Lucio, seinem Chef. Seinem Abwehrchef. Sie herzten sich, als hätten sie sich lange nicht gesehen. Hatten sie auch nur im Training, nicht im Spiel. Am 14. Februar war es, als der Argentinier und der Brasilianer beim 2:2 in Aberdeen zuletzt das Innenverteidigerpaar gebildet hatten.
Am Mittwoch überzeugten sie wieder. Besonders Demichelis. Der 27-Jährige hatte nach überstandenem Muskelfaserriss im defensiven Mittelfeld ausgeholfen – für zwei Partien. Dann hatte es ihm gelangt. Sein Stolz verbot es ihm, fachfremd zu arbeiten, Trainer Ottmar Hitzfeld suspendierte den bockigen Argentinien für das Spiel in Cottbus – ab auf die Couch.
„Es ist schon so, dass Spieler heute mehr wollen, als ihnen zusteht“, sagte Hitzfeld in „Sport-Bild“ und forderte: „Sie tun aber besser daran, die richtigen Prioritäten zu setzen. Und die erste ist ganz klar der FC Bayern. Er bezahlt die Spieler und kann immer 100 Prozent von seinen Angestellten verlangen. Stattdessen stellen sie Ansprüche, um besser in der Nationalelf dazustehen, so wie jetzt Demichelis.“
Doch gegen Wolfsburg tat Demichelis was für seinen Arbeitgeber – zu 100 Prozent. Er war Bayerns Bester. Hatte sich hineinmokiert, van Buyten wurde rausrotiert, es sieht nach einer langfristigen Bankverbannung des Belgiers aus. Und nach einem Stammplatz für „Micho“ Demichelis.
„Er ist der beste Spieler auf Platz. Er spielt die Saison seines Lebens“, sagte Vorstandsberater Paul Breitner in der Halbzeit, „er hat eine tolle Technik, ist abgezockt. Dazu spielt er hart, aber immer sauber.“ Und zeigte deutlich, dass er künftig nur noch auf dieser, auf seiner Position in der Innenverteidigung spielen will. „Ich bin Abwehrspieler“, sagte er und verglich sich mit den besten seines Faches: „Cannavaro in Madrid, Terry bei Chelsea, Nesta bei Milan – das sind alles Abwehrspieler. Lucio und ich haben eine unglaubliche Saison gespielt“, sagte Demichelis jüngst, „ich weiß nicht, warum das geändert wurde.“
Brust raus, Grätsche rein. Stets hellwach. Mit einer Körpersprache, die an Bulle Roth in den 70er Jahren erinnerte. Demichelis („Ich gebe alles für Bayern – mein Herz, meine Seele“) schüchterte die Gegner ein. Wenn überhaupt nötig, nahm er ihnen den Ball ab. Er, der Bulle Micho. Beim Jubel über das 2:0 packte er sich. Na? Wen? Lucio.
Patrick Strasser