Dem FC Bayern fehlt genau das, was es für den Angstgegner am Samstag braucht

München - Tauchen wir kurz ab in die Welt des Konjunktivs: Hätten die Berliner in der 72. Minute nach dem Kontakt zwischen Konrad Laimer und Union-Stürmer Kevin Behrens einen Elfmeter bekommen, wäre die Abteilung Angst erneut hochgekrochen in den Münchnern. Ein 1:1 gegen den Abstiegskandidaten nach der 0:1-Blamage gegen Bremen und die Welt an der Säbener Straße hätte anders ausgesehen an diesem vorfrühlingshaften Donnerstag. Hätte, hätte, Fehlerkette.
FC Bayern gegen Union im Elfer-Glück
Für Bayern-Trainer Thomas Tuchel war es "auf jeden Fall eine Schrecksekunde. Meine Interpretation ist, dass wir auf jeden Fall Glück hatten in der Situation." Der den Unionern verweigerte Elfmeter (Schiedsrichter Frank Willenborg wurde vom VAR auch nicht zur Beweisaufnahme an den Bildschirm an der Seitenlinie geschickt) ein Fall für die Kategorie Dusel-Bayern? "Ich glaube, dass es nicht genug war, um die Live-Entscheidung des Schiris als krasse Fehlentscheidung zu überstimmen", argumentierte Tuchel, "ich glaube aber auch, wenn er live den Kontakt als Foul gewertet und auf Elfmeter entschieden hätte, wäre es wahrscheinlich auch genug gewesen, um nicht überstimmt zu werden."
Unterm Strich stand damit ein glücklicher 1:0-Erfolg für die Bayern, die auf vier Punkte an Tabellenführer Bayer Leverkusen heranrückten. Doch das eine Törchen von Raphael Guerreiro in zwei Heimspielen gegen Mannschaften aus der unteren Tabellenregion sind dürftig für die Ballermänner der ersten Monate der Saison als man sich auf Rekordkurs 100 Tore und mehr wähnte.
Thomas Tuchel: "Wir haben sehr aufmerksam, strukturiert und diszipliniert gespielt"
Show und Spektakel waren einmal, die wichtigsten Attribute der Tuchel-Bayern anno 2024 lauten: stabil und solide. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen – wenn überhaupt. Insgesamt sei der Auftritt gegen recht biedere Berliner "okay" gewesen, so Tuchel. Der Fokus liegt in dieser Phase der Saison auf der Defensive, bei der ein Spieler nach dem anderen verletzt wegbricht oder in Asien bzw. Afrika um den kontinentalen Titel kämpft. Wenn es offensiv nicht wuppt, gibt Tuchel vor: Safety first!
"Wir haben keine Konter zugelassen. Ganz am Schluss hatte Union eine Chance, ansonsten waren wir sehr stabil", freute sich der 50-Jährige und lobte: "Wir haben sehr aufmerksam, strukturiert und diszipliniert gespielt." Was jedoch keinen Fan von den Sitzen reißt. Tuchel weiter: "Union hat sehr tief verteidigt. Wir haben das Spiel im Griff gehabt, aber das zweite Tor hat gefehlt. Wenn man das schießt, werden es vielleicht noch ein paar mehr." Wenn...
Augsburg Bilanz sollte ein Warnung an den FC Bayern sein
Wo ist die Leichtigkeit, der Glanz? Die Leichtigkeit und die Kreativität fehlen aktuell, um tiefstehende Mannschaften zu knacken – dabei fehlt von den Offensivspielern derzeit nur der verletzte Serge Gnabry. Hoffnung auf Besserung? Nicht am Samstag, wenn es im bayerischen Derby zu Angstgegner FC Augsburg geht.
Die bayerischen Schwaben haben in drei der letzten vier Bundesliga-Heimspiele gegen den großen Nachbarn gepunktet und die letzten beiden Duelle in der WWK Arena sogar gewonnen (2:1 und 1:0). Bei keinem anderen aktuellen Bundesliga-Klub hat der Serienmeister seine letzten beiden Gastspiele verloren.
Und dass nur die Vergangenheit den Bayern Sorgen bereiten sollte vor dem Gastspiel bei Tuchels Jugendverein als Spieler (1988-92) ist nur ein Teil der Wahrheit: Unter Trainer Jess Thorup hat der FCA in elf Spielen 16 Punkte geholt (vier Siege, vier Remis, drei Niederlagen) – im selben Zeitraum genauso viele wie etwa Borussia Dortmund oder der VfB Stuttgart.
Also darf den Bayern nicht erneut ein "Bruch in der Energie" widerfahren wie gegen Union oder ein totaler Blackout wie gegen Bremen. Denn die wichtigsten zwei Partien der nächsten Wochen sind nicht mehr weit. Am 10. Februar kommt es zum Titel-Topspiel in Leverkusen, vier Tage später steigt das Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Lazio Rom. Da wird solide Form nicht reichen.