David Alaba: Bayerns „Entdeckung des Jahres“
David Alaba ist Bayern Münchens Gewinner der Saison – doch die Krönung, das wusste er schon vor dem DFB-Pokal-Endspiel am Samstagabend, wird ihm in diesem Jahr versagt bleiben.
Berlin - Über 80.000 Zuschauer im ehrwürdigen Estadio Santiago Bernabeu trauen ihren Augen nicht. Ist das wirklich David Alaba, der sich da gerade den Ball zum ersten Schuss des FC Bayern beim wichtigsten Elfmeterschießen der jüngeren Klubgeschichte hinlegt? Alaba, der 19-Jährige? Es ist Alaba – und er trifft, ganz cool. Wie im Pokal-Halbfinale gegen Gladbach, wo er auch erster Schütze war. „Unglaublich“, fand Präsident Uli Hoeneß die „Kaltschnäuzigkeit“, Christian Nerlinger nannte den Youngster die „Entdeckung des Jahres“.
Der Bayern-Sportdirektor sieht in Alaba das Potenzial, „einer der besten Außenverteidiger der Welt zu werden“. Dabei mussten Alaba und die Münchner zu ihrem Glück beinahe gezwungen werden. Zwar hat Alaba in der österreichischen U17-Nationalmannschaft schon links hinten gespielt. Doch als Trainer Louis van Gaal ihn im Frühjahr 2010 in der Bundesliga auf diese Position stellte, hielt mancher im Klub das für einen Fehler – sogar Alaba selbst. „Er ist ein linker Außenverteidiger, auch wenn er das selber nicht denkt“, sagte van Gaal.
Der streitbare Niederländer behielt recht – auch wenn es zunächst gar nicht danach aussah. In Frankfurt, wo Alaba sein drittes Bundesligaspiel bestritt, verloren die Bayern 1:2. Sündenbock? Der überforderte Linksverteidiger Alaba. Der wurde bald nach Hoffenheim verliehen und wäre am liebsten dort geblieben. Jupp Heynckes aber erkannte das Juwel in ihm und holte es zurück. Der jüngste österreichische Fußballer des Jahres (2011) dankte es als solider Vertreter von Bastian Schweinsteiger im Mittelfeld, dann hinten links, wo er den wegen Rafinhas Grippe nach rechts gewechselten Philipp Lahm ersetzte. Und sich selbst unersetzlich machte.
Groß war der Bayern-Gram deshalb, als Alaba in Madrid Gelb sah; im „Finale dahoam“ am 19. Mai gegen den FC Chelsea wird er gesperrt fehlen. „Das schmerzt sehr“, sagt Alaba. Und das ist für ihn schon eine ungewohnt deutliche Aussage. In der Mannschaft ist der Sohn einer ehemaligen philippinischen Schönheitskönigin und eines Musikers aus Nigeria der Spaßmacher mit Wiener Schmäh, nach außen der schüchterne, kleine Junge. Ein langjähriger Klubmitarbeiter erinnert sich nur an einen vergleichbaren Fall: Brian Laudrup. Der große Däne habe „richtige Schweißausbrüche“ bekommen, wenn er Interviews gab. Wie Alaba, den Bild deshalb „Bla-laba“ schimpfte.
Laudrup sprach auf dem Platz, Alaba tut es ihm gleich. „Wie eine Raubkatze, unglaublich schnell“, erinnert sich Emanuel Dahner, Alabas erster Trainer beim SV Aspern im 22. Wiener Bezirk, an den damals Achtjährigen. Zwei Jahre später vermittelte er Alaba an die Austria, wo er Herbert Gager auffiel, den Alaba seinen größten Förderer nennt. Gager lobte in der österreichischen Sportwoche die Gelassenheit seines Zöglings. Dieser spiele gegen Real-Weltstar Cristiano Ronaldo, als ob es „gegen die Akademie Burgenland gehen würde“. Heynckes hebt hervor, Alaba habe „so viel Ehrgeiz, dass ich ihn sogar bremsen muss“.
Dieser Hunger, dieser Biss soll Alaba noch weit bringen, das Finale in der Champions League will er irgendwann nachholen. Zu diesem Zweck legt er gerne Sonderschichten ein. Für die Zeit nach Saisonende hat er sich bereits bei den Austria-Amateuren zum Training angemeldet, er will fit bleiben – Anfang Juni hat Österreich zwei Test-Länderspiele.