Daum - jetzt plötzlich Fan von Uli & Klinsi

Es gab Zeiten, da war das Verhältnis zwischen dem Kölner Coach Christoph Daum und den Bayern mehr als zerrüttet. Nun spricht er von „angenehmer Normalität“.
von  Abendzeitung
Lautsprecher auf Kuschelkurs: Kölns Trainer Daum lobt die Bayern - und sogar auch Klinsmann und Hoeneß.
Lautsprecher auf Kuschelkurs: Kölns Trainer Daum lobt die Bayern - und sogar auch Klinsmann und Hoeneß. © dpa

Es gab Zeiten, da war das Verhältnis zwischen dem Kölner Coach Christoph Daum und den Bayern mehr als zerrüttet. Nun spricht er von „angenehmer Normalität“.

Von Oliver Griss

AZ: Willkommen zurück: Herr Daum, acht Jahre waren Sie weg aus der Bundesliga. Wie fühlt es sich an, mit dem 1. FC Köln wieder dazu zu gehören?

CHRISTOPH DAUM: Gut. Das ist ein sehr schönes Gefühl - aber ich war ja nie wirklich weg. Ich war ja in den Jahren zuvor auch in der Ersten Liga - nur eben in der Türkei. Ich habe Champions League gespielt, Meisterschaften geholt, Pokalsiege errungen (mit Fenerbahce und Besiktas Istanbul, d. Red.). Insofern hab ich mich dort in den acht Jahren auf höchstem internationalen Niveau bewegt.

Wieso hat Ihr Bundesliga-Comeback nicht schon früher geklappt?

Ich hatte immer wieder unterschiedliche Anfragen, ob von Schalke oder Stuttgart. Ich will nicht alle aufzählen, die sich gemeldet haben. Nur so viel: Es waren viele. Der Zeitpunkt war vorher einfach noch nicht reif.

Was hat sich in den letzten acht Jahren Bundesliga aus Ihrer Sicht verändert?

Natürlich die Infrastruktur – durch die WM 2006. Verändert hat sich das ganze Zuschauer-Verhalten, das Public Viewing. Die Bundesliga hat eine viel größere Aufmerksamkeit als vor zehn Jahren. Die Liga ist höchst attraktiv.

Obwohl die Etats im Vergleich zu England, Italien oder Spanien eher gering sind.

Die Wirtschaftlichkeit in Deutschland ist unser Problem. Wenn es darum geht, uns um Spieler zu bemühen, dann sehe ich oft die Situation: Die Stars sind im Schaufenster, wir stehen vor dem Laden, drücken uns an der Scheibe die Nase platt – und der Roman Abramowitsch und andere spazieren an uns vorbei, gehen in den Laden rein und schlagen zu.

Was muss passieren, um in Europa konkurrenzfähig zu bleiben? In der Champions League sind nur noch der FC Bayern und Werder Bremen vertreten.

Wir sind ja de facto diese Sperrklausel, die es für große Geldgeber im deutschen Fußball gibt, schon umgangen, mit Wolfsburg, Leverkusen oder Hoffenheim. Es ist jetzt die Frage: Wann gilt die Klausel für alle? Wer dann welchen Weg geht, bleibt jedem selbst überlassen. Die Klausel wird fallen. Ich befürworte eine Öffnung, damit Vereine die Alternative haben und nicht durch ein Gesetz daran gehindert werden, mit Hilfe eines Investors anzugreifen.

Am Samstag geht's gegen den FC Bayern, Ihren alten Rivalen: Das Stadion ist seit Wochen ausverkauft. An was denken Sie zuerst, wenn Sie den Namen FC Bayern hören?

An viele, viele große Spieler. So ein Verein ist immer wieder mit Namen verbunden. Franz Beckenbauer ist für mich die Lichtgestalt, den bewundere ich über alles. Erst als Spieler, dann später als Mensch. Das setzt sich fort bei Leuten wie Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge, Paul Breitner, Gerd Müller – um nur einige zu nennen.

Ausgerechnet Hoeneß? Mit dem Bayern-Manager haben Sie sich immer noch nicht ausgesprochen: Wann nähern Sie sich an?

Das spielt keine Rolle, meine Anerkennung für die Leistung, die Hoeneß für diesen Verein gebracht hat, ist sehr hoch. Er hat den Verein 1979 in einer schwierigen Phase übernommen – und wo er diesen Verein inzwischen platziert hat, verdient Respekt und Anerkennung. Er war immer ein Vordenker, ein Macher. Wenn ich unser Verhältnis so sehe, ist aus meiner Sicht eine Normalität eingekehrt, die ich sehr angenehm finde. Wir brauchen keine Freundschaftsinstitute, um uns gegenseitig anzunähern.

Wann kehrt Lukas Podolski vom FC Bayern zum 1. FC Köln zurück?

Ich will zu dem Thema nichts mehr sagen, ich wünsche Lukas beim FC Bayern den größtmöglichen Erfolg. Ich respektiere die Vertragssituations-Entscheidung des FC Bayern.

Aber Poldi plagt großes Heimweh.

Ich bin nicht dazu autorisiert, zu beurteilen, was für Lukas in seinem Leben wichtig und bedeutsam ist. Ich respektiere den Lukas, den ich als Riesen-Spieler und auch als tollen Menschen ansehe.

Waren Sie überrascht, dass Jürgen Klinsmann Bayern-Trainer geworden ist?

Nein, die Bayern haben ihren Wunschtrainer bekommen. Ich persönlich bin von Jürgen überzeugt – und wünsche beiden, dass sie ihre Ziele, die sie sich gesteckt haben, schnellstmöglich realisieren.

Ihr Kapitän Özat klappte vor drei Wochen wegen einer Herzmuskel-Entzündung beim Fußball zusammen. Sie brachen in Tränen aus.

An diesem Tag dachte ich nicht mehr an Fußball – und auch in den nächsten Tagen hatte ich Probleme. Mir ging es erst wieder besser, als Ümit aus dem Krankenhaus entlassen wurde. In meiner Karriere bin ich schon oft mit dem Tod konfrontiert worden. Ich saß zum Beispiel auf der Tribüne, als Marc-Vivien Foe auf dem Spielfeld tot zusammen gebrochen ist (26. 6. 2003, d. Red.).

Was raten Sie Özat: Sollte er aufhören?

Mein Rat: „Ümit, tue alles, damit Du wieder gesund wirst." Ich habe zu ihm eine sehr emotionale Verbindung. Er war schon mein Kapitän bei Fenerbahce, insofern war es für mich, als wenn etwas mit meinen Kindern passiert wäre.

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