Das Rätsel um Bayernstar Mario Götze

München - Mario Götze wollte nicht reden. „Lasst uns am Dienstag wieder sprechen“, antwortete er den Reportern in den Katakomben der Allianz Arena nach dem 0:1 gegen Augsburg und bat um Aufschub. Was sein gutes Recht ist.
Gegrinst nach Pleite: Götze entschuldigt sich
Ein Selbstschutz – vielleicht besser so. Zu viel war auf den 22-Jährigen in der letzten Woche eingeprasselt. Das große Kaisergrollen etwa. Rund um das 0:3 vom Hinspiel in Barcelona, als Götze für Thomas Müller in der 77. Minute eingewechselt wurde, sagte Ehrenpräsident Franz Beckenbauer: „Manchmal kommt er mir in seinen Bewegungen wie ein Jugendspieler vor, der Zweikämpfe verliert und stehen bleibt. Das ist teilweise ein jugendliches Verhalten.“ Am Wochenende legte der Kaiser nach: „Mario Götze ist ein großartiges Talent. Aber er muss an sich arbeiten. Er muss auch seinen Körper einsetzen“, forderte Beckenbauer.
Also mehr aus der Abteilung treten, kratzen, beißen? Beckenbauer, in seiner Karriere der elegante Leichtfuß-Libero, sagte, er habe bisher „selten einen Zweikampf gesehen, wo er sich durchsetzt wegen seines stabilen Körpers. Er soll sich mal ein Beispiel an Luis Suárez nehmen. Der ist nicht größer als er, aber er setzt seinen Körper ein.“ Meinte der gute Franz also Suárez, den wuchtigen Mittelstürmer, Teil des 112-Tore-Sturms des FC Barcelona mit Messi und Neymar? Oder jenen Suárez, der bei der WM 2014 im Uruguay-Trikot dem Italiener Giorgio Chiellini mit Schmackes und Jähzorn in die Schulter gebissen hatte?
Und wenn es nur symbolisch gemeint war: Götze braucht mehr Biss. Ex-Bayern-Kapitän Stefan Effenberg, bis dahin noch auf Götzes Seite, urteilte bei Sky: „Hart, aber wenn der Franz was sagt, muss man sich das schon zu Herzen nehmen.“ Doch macht er das? Seit knapp zwei Jahren ist Götze, der für 37,5 Millionen Ablöse von Dortmund verpflichtet wurde, nun schon beim FC Bayern – ein wirklicher Bayern-Spieler ist er noch nicht geworden.
FC Barcelona-Coach vor dem Rückspiel: "Wir werden in München leiden"
Der Durchbruch? Lässt auf sich warten. Im Debüt-Jahr wurde er Double-Sieger, stand jedoch im Schatten der bayerischen Langzeit-Helden Robben und Ribéry. Es folgte die WM in Brasilien und der magische Mario-Moment in der Verlängerung des Finals gegen Argentinien. Fast noch legendärer der Motivationsspruch von Joachim Löw bei der Einwechslung: „Zeig’ der Welt, dass du besser bist als Messi.“ Es glückte. Für den einen Moment.
Nach einer starken Hinrunde mit sieben Toren in seiner zweiten Saison baute Götze nach der Winterpause ab, hat in den letzten 12 Pflichtspielen nicht getroffen. Bayern-Trainer Pep Guardiola vertraut ihm nicht. In den wichtigsten Partien der letzten Monate saß Götze zunächst draußen: im Pokal gegen Dortmund, in der Champions League beim FC Barcelona. Ein Anti-Lauf. Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge sprang ihm zur Seite: „Es ist unsere Verpflichtung, diesen Jungen in einer nicht einfachen oder schwierigen Situation zu unterstützen und das tun wir ohne Frage.“ Und das, so der Seitenhieb auf Beckenbauer, gehe, „indem man nicht in das allgemeine Gejaule einmündet. Man muss diese Spieler stützen und nicht kritisieren.“ Unwahrscheinlich, dass man ihn gehen lässt. Zumal es aktuell nicht einfach sein dürfte, Käufer zu finden. Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke schließt eine Rückkehr wegen des unterschiedlichen Gehaltsniveaus aus: „Das ist völlig unrealistisch.“
Womöglich wird Götze in der Nacht auf Mittwoch, nach dem Rückspiel gegen Barcelona, verschont. Dann will wohl kaum einer der Journalisten etwas von ihm wissen. Das Ausscheiden inklusive Saisonfazit müssen die Kapitäne, die Führungsspieler ziehen. Zu denen gehört Weltmeistermacher Götze nicht.
Vielleicht nicht mal zur Startelf gegen Barça.