Das Podolski-Dilemma

Er hatte sich soviel vorgenommen für die Rückrunde: Doch Lukas Podolski schafft es einfach nicht, beim FC Bayern richtig Fuß zu fassen. Was für einen Wechsel spricht – und warum er bleiben könnte.
MÜNCHEN Nun hat ein Bandscheiben-Vorfall Lukas Podolski (22) eine erneute Zwangspause eingebrockt, beim Pflichtspielauftakt 2008, gestern im Pokal gegen Wuppertal (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht begonnen) fehlte er verletzt.
Reha statt Fußball. „Ich möchte mir keinen Druck machen und will erst mal wieder schmerzfrei werden“, sagt der Angreifer. Druck ist Podolski trotzdem ausgesetzt: Nicht nur wegen ständiger Verletzungsnöte, sondern auch angesichts einer niederschmetternden Einsatzbilanz. Denn: Nie hat der Stürmer in dieser Saison durchgespielt. Und: Tore blieben Mangelware. Schon in der Vorsaison war es für Podolski bei den Bayern durchwachsen verlaufen.
Hilft Podolski deshalb der Gang zu einem anderen Klub aus dem Dilemma? Oder ist die Perspektive des Nationalspielers bei den Bayern vielleicht doch nicht so schlecht?
Die AZ erklärt, was für und was gegen einen Verbleib von Podolski bei Bayern spricht:
PRO:
Charaktertest: Wer sich bei Bayern durchsetzt, der packt es überall, heißt es gemeinhin. Und Podolski signalisiert Bereitschaft, um seinen Platz zu kämpfen: „Ich will und werde bei Bayern wieder angreifen.“ Eine echte Reifeprüfung für einen 22-Jährigen, der auch (noch) nicht darauf einzugehen scheint, dass andere Klubs locken.
Perspektive: Im Juli übernimmt Jürgen Klinsmann als Trainer. Die Chance auf ein zweites Sommermärchen wie bei der Weltmeisterschaft 2006, als Podolski als unbekümmerter Zweitliga-Kicker der Durchbruch gelang. Ex-Bundestrainer Klinsmann gilt als Podolskis Förderer und setzt weiter auf junge deutsche Spieler. Die Aussicht darauf könnte Podolski beflügeln.
Gehalt: Nicht zuletzt geht es auch ums Geld. Bei den Bayern verdient Podolski bestens – bei Bremen, Stuttgart und bei Manchester City, die Interesse haben, müsste er sicherlich Abstriche machen- Obendrein läuft Podolski Vertrag bei den Bayern noch bis 2010.
KONTRA:
Spielpraxis: Podolskis Entwicklung stagniert seit der WM. Bei Bayern kommt er an Topleuten wie Miroslav Klose und Luca Toni nicht vorbei. Wie soll man sich dann auch empfehlen bei gerade mal neun Ein- und zwei Auswechslungen? Podolski-Tore bei den Bayern in dieser Saison: In der Liga null, nur im Uefa-Cup gab’s zwei Erfolgserlebnisse. Zu wenig für einen Nationalspieler.
EM–Chancen: Als Bankdrücker drängt man sich denn auch nicht gerade auf für einen Platz im EM-Kader – zumal die Stürmer-Konkurrenten in der Nationalmannschaft auch in ihren Klubs feste Größen sind. Die Bayern sehen es dagegen nur aus Vereinssicht. Wenn Podolski die EM verpasst, dann „ist das doch nicht unser Problem“, sagt Trainer Ottmar Hitzfeld.
Akzeptanz: Isoliert ist Podolski schon deshalb, weil er wegen seiner Verletzungen ständig aus dem Mannschaftstraining gerissen ist. In der Reha und beim Solo-Trimmen lassen sich kaum Freundschaften knüpfen: Die scheinbar große Verbundenheit mit Bastian Schweinsteiger war tatsächlich nie besonders ausgeprägt. Allein Klose, mit dem er sich auf polnisch unterhält, darf man zu Podolskis Fürsprechern rechnen.
Christian Paschwitz