"Das ist nicht der richtige Weg": Ex-Boss des FC Bayern kritisiert seine Nachfolger scharf

München - Länderspielpause – für Leon Goretzka liegt die Betonung neuerdings auf dem zweiten Teil des Begriffes, der eigentlich bedeutet, dass die nationalen Ligen pausieren, weil die Nationalmannschaften ihren Partien austragen.
Goretzka aber hat nicht nur Pause und mehr Freizeit, es wird trainiert an der Säbener Straße. Mit dabei unter anderem Leroy Sané, der sein Pensum nach der Leisten-OP im Anschluss an die EM Tag für Tag steigert. Aber auch Serge Gnabry (nicht nominiert), Thomas Müller und Manuel Neuer (aus dem DFB-Team zurückgetreten) mischen mit. Gibt allen ein besseres Gefühl.
Leon Goretzka nur noch auf Rang fünf in der Mittelfeld-Hierarchie des FC Bayern
Dennoch wird sich Goretzka dieser Tage nach Herzogenaurach wünschen. Dorthin, wo die Elite des Landes trainiert und sich auf die anstehenden Nations-League-Spiele vorbereitet. Woanders, zu einem anderen Verein, an einen anderen Ort, in eine andere Liga hat sich der 29-Jährige in diesem Sommer nie gewünscht.
Er blieb stabil bei seinem Nein zu einem Wechsel – und blieb. Obwohl ihm die Vereinsbosse einen Abschied nahegelegt hatten, weil er in der Hierarchie der zentralen Mittelfeldspieler auf Rang fünf abgerutscht war. Hinter dem neuen DFB-Kapitän Joshua Kimmich, der bei Bayern wieder in die Mitte rückte. Hinter Aleksandar Pavlovic, Neuzugang Joao Palhinha sowie Konrad Laimer.
Goretzkas Schicksal war das Thema in der Vorbereitung des FC Bayern
Dass die Ausgangstür für Goretzka und andere Profis wie Matthijs de Ligt, Noussair Mazraoui (beide wechselten zu Manchester United) und Kingsley Coman (blieb trotz einer lukrativen Offerte aus Saudi-Arabien) unabhängig von bestehenden Verträgen über Wochen sperrangelweit geöffnet war, klang aus dem Mund von Sportvorstand Max Eberl so: "Wir haben den Spielern klar kommuniziert, dass es schwer werden kann, damit es keine böse Überraschung gibt. Wenn sich Spieler entscheiden, zu bleiben, sind sie hundertprozentiges Mitglied des Kaders."
Diplomatische Fußballersprache für: Bitte alle Angebote gründlichst checken! Im Fall Goretzka betonte Eberl: "Wenn er bleibt, ist er vollständiges Mitglied des Kaders. Bayern hat keine Trainingsgruppe zwei. Bayern schickt keine Spieler weg." Goretzkas Schicksal war über Wochen das Thema der Vorbereitung der Münchner, eine hausgemachte Story. Beim 2:0 gegen Freiburg kam er am Sonntag erstmals zu einem Mini-Einsatz in den Schlussminuten, als Innenverteidiger.
Matthias Sammer kritisiert Handeln des FC Bayern: "Ich kenne die Motivation nicht"
Matthias Sammer, von 2012 bis 2016 Sportvorstand beim FC Bayern, schmeckt der Umgang mit Goretzka nicht. Der Experte von "Prime Video" wusste, dass er sich bei diesem Thema auf "dünnes Eis" begibt.

Mit Bedacht sagte der stets meinungsstarke 56-Jährige am Mittwochmittag: "Ich kenne die Motivation der Bayern nicht. Aber das ist untypisch für Bayern München. Wenn ich jemanden irgendwann nicht mehr haben will, dann kann man das anders lösen als über die Öffentlichkeit. Das ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg." Dass in einem Verein Veränderungen vorgenommen werden, sei Teil des Geschäfts. Ihm geht es um das Wie und den Weg über die Medien.
Sammer: Spieler wie Goretzka müsse man "lenken und leiten"
Sammer, seit 2018 bei Borussia Dortmund als Berater der Geschäftsführung tätig und enger Vertrauter von Boss Hans-Joachim Watzke, fügte hinzu: "Ich war vier Jahre in diesem Klub (Bayern, d.Red.). Aber auf die Idee wäre ich nicht gekommen, weil das Signalwirkung auf alles hat. Das kenne ich so nicht, auch international auf Top-Top-Level nicht." Er wolle "überhaupt nichts kritisieren", sondern nur hinterfragen, "was das für die Seele eines Spielers bedeutet".
Seit dieser 16 Jahre alt sei, kenne er Goretzka. Von daher wisse er zu gut, dass der Ex-Nationalspieler (57 Einsätze, der letzte im November) "seinen eigenen Kopf" habe und "ein bisschen eigen" sei. Derartige Spieler müsse man "lenken und leiten", so Sammers Erfahrung, denn: Sie haben "gewisse Themen, die einen aufregen könnten, aber sie haben auch Themen, die sie stark gemacht haben. Und die herauszustellen – habe ich gelernt – ist immer besser".
Ob der Rat des ehemaligen Funktionärs in der Führungsebene der Bayern gut ankommt? Dünnes Eis.