Das Imperium schlägt zurück: Wie sich der FC Bayern nach der Leverkusen-Schmach erholt hat

Der FC Bayern hat Meister Bayer Leverkusen bisher in Schach gehalten. Ein AZ-Essay zu Gründen für die wiedergewonnene Vormachtstellung.
von  Patrick Strasser
Der FC Bayern möchte gegen Leverkusen seine Vormachtstellung untermauern.
Der FC Bayern möchte gegen Leverkusen seine Vormachtstellung untermauern. © IMAGO / ActionPictures

München - Beim Blick auf die vom Schnee leicht bedeckten, eher gezuckerten Dächer und Trainingsplätze an der Säbener Straße sagte Vincent Kompany am Freitagmorgen zu Max Eberl: "In den letzten drei Monaten habe ich hier mehr Schnee gesehen als in den letzten 15 Jahren in England." Es ist immer eine Frage der Perspektive. Ein richtiger, knackiger Winter sieht anders aus in Bayern, selbst in München.

Am Nachmittag machen sich der Niederbayer Eberl, der Belgier Kompany und sein Team auf ins Rheinland, um den Leverkusener Volkshelden Xabi Alonso, gebürtig aus dem Baskenland, in die Schranken zu weisen.

FC Bayern möchte mit einem Sieg die alte Vormachtstellung wiederherstellen

Bayer gegen Bayern. Der Meister gegen den Rekordmeister. Der Double-Gewinner gegen den 2024 titellosen Champion aus Gewohnheit, der in der vergangenen Saison nur die Trophäen in den hauseigenen Vitrinen abstauben konnte, frisch hinzukam: nichts. Im Mai soll die Meisterschale laut bajuwarischem Selbstverständnis wieder an ihren üblichen Bestimmungsort zurückkehren.

Das Spiel in Leverkusen am Samstag (18.30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker), der neue deutsche Clásico, soll aus Münchner Sicht die alte Vormachtstellung der Bayern wiederherstellen. Ein Statement-Sieg sollte, ja müsste her nach fünf erfolglosen Duellen gegen Maestro Alonso und seine Leverkusener. Selbstbewusst klangen die Aussagen der letzten Tage, das schon. Kampfansagen waren nicht dabei.

Keine Kampfansagen des FC Bayern an Bayer Leverkusen

"Wir sind acht Punkte vorne, haben die deutlich bessere Tordifferenz", meinte Eberl am Freitag, "wir haben den amtierenden Meister bislang in Schach gehalten und eine sehr gute Ausgangsposition." So der Status quo. Während Leverkusen in den vergangenen 18 Monaten nur ein einziges Ligaspiel (gegen RB Leipzig) verloren hat, konnten die Bayern als einziges Team ihre jüngsten sieben Begegnungen gewinnen. Doch trotz des Acht-Punkte-Polsters lassen die Münchner im Vorfeld nicht ihre Muskeln spielen. Die Zeiten, in denen man den Gegner verbal einschüchtern wollte und konnte, sind vorbei. Zum einen ist dies eine Frage des Zeitgeistes, zum anderen der handelnden Personen.

Selbst Uli Hoeneß, die Abteilung Attacke aus angriffslustigeren Zeiten, ist zuletzt zurückgerudert, hat seine vollmundige Ankündigung vom November ("Was ich zusagen kann, ist die deutsche Meisterschaft") einkassiert. In "Sonntags-Stammtisch" des Bayerischen Rundfunks sagte der Ehrenpräsident kürzlich überraschend demütig: "Das muss ich jetzt einschränken, weil die Leverkusener stärker sind, als ich das erwartet hatte. Das sind die Einzigen, die uns ärgern – und auch noch weiter ärgern werden. Alle anderen – Dortmund, Leipzig – sind vorbei." Im Grunde ein Ritterschlag für Erfolgscoach Alonso und die Führungsetage der Werkself, die Tegernsee Verdienstmedaille in Silber – man muss ja nicht übertreiben.

Weniger Reibung im Team: FC Bayern hat auch Dank Kompany den Turnaround geschafft

Dass man in der Liga den Turnaround geschafft hat und wieder souverän an der Tabellenspitze steht, hat auch mit Kompany zu tun. Seine Wahl und sein Auftreten hat Ruhe in den Verein gebracht. Die Spieler folgen seinem Kurs, vertrauen seinem Weg und freuen sich über mehr Zuwendung und Zuspruch. Dass Alphonso Davies seinen Vertrag langfristig verlängerte und Joshua Kimmich wieder zum Führungsspieler wurde, geht auf Kompany zurück.

Es herrscht weniger Reibung, allein durch den Abgang von Tuchel, der den Verein spaltete – in Befürworter und Gegner des speziellen Kurses eines speziellen Trainers. Kompany war anfangs der kleinste gemeinsame Nenner, nun stellen sich alle Bosse zufrieden hinter den großen, entspannten Typen mit der Bärenruhe. Einer zum Anlehnen. Einer zum Liebhaben. Einer für Titel?

Das Double des zuvor landesweit belächelten Werksklubs ("Neverkusen") hat die Bayern enorm herausgefordert, ja gereizt, sich zu straffen, auf Einigkeit in der Führung zu besinnen. Trotz zwischenzeitlicher Störfeuer wurde der Vertrag von Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen im November um weitere zwei Jahre verlängert. Kontinuität um fast jeden Preis lautet die neue Zauberformel. Siehe auch die nun endlich fixierte Vertragsverlängerung von Jamal Musiala bis 2030. So sehen Muskelspiele des FC Bayern dieser Tage aus. Die Botschaft nach außen: Unser Schlüsselspieler bleibt. Das Imperium schlägt zurück. Wer ko, der ko.

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