"Das Herz ist stärker als das Gehirn"

Rekordnationalspieler Matthäus veröffentlicht sein Buch „Ganz oder gar nicht”. In der AZ redet er über die schönste Zeit seines Lebens und erklärt, wieso er von allen um seine Freundin beneidet wird.
Thomas Becker |
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Lothar Matthäus hat am Donnerstag auf der Buchmesse seine Autobiografie „Ganz oder gar nicht“ vorgestellt. Die Bilder aus Frankfurt.
dpa Lothar Matthäus hat am Donnerstag auf der Buchmesse seine Autobiografie „Ganz oder gar nicht“ vorgestellt. Die Bilder aus Frankfurt.

Rekordnationalspieler Matthäus veröffentlicht sein Buch „Ganz oder gar nicht”. In der AZ redet er über die schönste Zeit seines Lebens und erklärt, wieso er von allen um seine Freundin beneidet wird.

Auf der Buchmesse hat Rekordnationalspieler Lothar Matthäus seine Biografie „Ganz oder gar nicht” vorgestellt. Dort sagte er: „Ab und zu denke ich zu wenig nach und lasse meinen Gefühlen freien Lauf. Da ist das Herz stärker als das Gehirn.”


Der Herzmensch stellte sich auch den Fragen der AZ.


AZ: Wie passt ein Lothar Matthäus auf 240 Seiten?

LOTHAR MATTHÄUS: Es hätten auch 1000 oder 2000 Seiten sein können. Aber ich konnte ja nicht alles erzählen.


Wie war der Rückblick auf Ihre Karriere?


So was mache ich sonst nie! Nie mehr habe ich das WM-Endspiel ’90 angeschaut, nie das Champions-League-Finale ’99. Natürlich beißt man sich in den Arsch, aber man kann eben nicht nur gewinnen. Man hat auch Neider. Damit kann ich leben. Ich bin keiner, der hintenrum ist. Aber diese Offenheit wird oft ausgenutzt.


Ein Kapitel heißt „Mein Leben, ein 4:2”.


Mir sind auch Fehler passiert, die zu Gegentoren geführt haben. Aber trotz all der Dinge, die oft falsch interpretiert werden, sehe ich mich auf der Gewinnerseite. Aber: Wenn Franz Beckenbauer, auf den ich überhaupt nicht neidisch bin, über die Straße geht, macht er alles richtig. Wenn ich über die Straße laufe, mache ich alles falsch. Ich bin in einer Schublade. Boris Becker geht es ähnlich. Die Bewunderung für unsere Leistungen lässt nach. Im Ausland wird meine Lebensgeschichte anders gesehen.


Mit Michael Schumacher und Michael Ballack sind zwei Sportgrößen abgetreten. Wie findet man den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören?


Auf dem Höhepunkt sollte man nicht aufhören, dann wäre Schumi nur einmal Weltmeister geworden. Beckenbauer hat gesagt: „Spielt solange, wie’s geht! Was danach kommt, kann nicht so schön sein.” Ich war 2000 über meinem Zenit, bin aber 1999 noch Fußballer des Jahres geworden. Dann hieß es: „Der ist zu alt.” Ich hatte bei Bayern Vertrag bis 2002, bat aber um die Freigabe für New York. Ich bin nochmal ostamerikanischer Meister geworden. Das haben die seit Pele und Beckenbauer nicht mehr geschafft. Aber das sieht man hier nicht.


Ihre beste Zeit als Kicker?


Mailand! Dolce Vita, gutes Essen, der Comer See, die stärkste Liga der Welt. Ich höre jetzt noch von italienischen Spielern: „Lothar ist gekommen, und auf einmal war der Unterschied da.” Meister, Weltmeister mit Deutschland in Italien, Uefa-Cup-Sieg, volle Stadien – das war das Beste. Der Fan ist dort nicht neidisch, wenn du Mercedes fährst: „Besser unser Spieler fährt Mercedes, bevor einer von AC Mailand einen fährt.” In Deutschland war der Neidfaktor da. Das ist jetzt genauso: Du hast eine junge Frau an der Seite, jeder deutet mit dem Finger, und wahrscheinlich möchte jeder selbst diese Frau haben. Ich bin keinem neidisch, wenn er mehr hat.


Unlängst öffneten Sie dem Sender Vox Ihr Privatleben.


Jeder sagt: ein Flop. Das war kein Flop. Leute auf der Straße sagen: „Geile Sendung. Super, wie du dich öffnest.” Die Absprachen mit dem Sender waren andere. Sie wollten mich zeigen, wie ich wirklich bin. Dann wechselte der Sender seine Meinung, ohne mich zu informieren, bediente die Klischees.


Sie schreiben vom Vagabundenleben. Wie wichtig ist München?


In Deutschland ist München mein Anlaufpunkt. Ich habe nach wie vor zu Bayern ein gutes Verhältnis, auch wenn das oft anders dargestellt wird. Vor zwei Wochen hatte ich ein interessantes Essen mit Karl-Heinz Rummenigge. Ich habe gesagt: „Warum sagst du mir nicht direkt, wenn es etwas zu besprechen gibt. Warum tust du’s über die Presse?”


Bei Bayern ist die Stimmung derzeit gespannt, vor allem zwischen Jupp Heynckes und Matthias Sammer.


Ich glaube, dass sie trotzdem harmonieren. Sie müssen nicht immer einer Meinung sein. Man sagt schon mal ein Wort, das dem anderen falsch aufstößt. Ein Verein braucht starke Leute, und Hoeneß hatte den Mut, einen starken Mann neben Heynckes zu installieren. Warum hat Bayern seit 30, 40 Jahren Erfolg? Weil Persönlichkeiten wie Hoeneß, Beckenbauer, Rummenigge, Hopfner, Willi Hoffmann und Robert Schwan diesen Verein verkörpern. Das wird bei Bayern auch so bleiben.


Das heißt: Sammer und Heynckes passen zusammen?


Ich möchte zu Hause auch niemanden, der nur wiederholt. Sammer war sauer, da brennt’s in der Hütte. Da soll man nicht beleidigt sein. Gegenüber dem, was in Wolfsburg abgeht, ist das bei Bayern Kindergarten.


Wer wird der nächste Bayern-Trainer?


Pep Guardiola. Wenn ich eine starke Figur will, gibt es nur zwei Trainer. Der eine hat nicht die Zeit, Deutsch zu lernen, der andere hat sie. Mourinho muss sich auf Madrid konzentrieren. Und wo will Guardiola arbeiten? Spanien geht nicht mehr, Italien verliert an Reiz. Ich glaube, dass Bayern als einer der Top 5-Klubs für ihn interessant ist.

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