"Das Gefühl ist bei Schalke intensiver als bei Bayern"

Fußballreporter Uli Potofski kommt aus Gelsenkirchen und spricht hier über das Pokalspiel am Mittwoch, Rückkehrer Holger Badstuber – und erklärt, was S04 besonders macht.
von  Julian Buhl
Holger Badstuber kehrt am Mittwoch zurück nach München. Die AZ hat mit Sky-Reporter Uli Potofski über das Spiel gesprochen.
Holger Badstuber kehrt am Mittwoch zurück nach München. Die AZ hat mit Sky-Reporter Uli Potofski über das Spiel gesprochen. © sampics/Augenklick

AZ: Herr Potofski, Sie können sich wahrscheinlich denken, warum wir uns bei Ihnen melden.
ULLI POTOFSKI: Klar, weil Schalke die Bayern mal wieder aus dem Pokal schießen wird. Wie lange ist das schon wieder her, als Raul das entscheidende Tor gemacht hat? Da war ich in München im Stadion.

Das war im Halbfinale der Saison 2010/11. Werden Sie am Mittwoch beim nächsten Pokalduell wieder vor Ort sein?
Nein, alleine schon aus Aberglaube nicht. Beim ersten Auswärtsspiel, das ich besucht habe, war ich 14. Da hat Schalke im DFB-Pokal 0:6 beim MSV Duisburg verloren. Das hat bleibende Schäden hinterlassen. Aber das ist ja gerade mal 50 Jahre her.

Mit dem bis Saisonende an Schalke ausgeliehenen Holger Badstuber soll jetzt ein Bayer die Bayern stoppen.
Das ist ja eine schöne Geschichte. Badstuber kann aber nicht das einzige Rezept sein, um gegen Bayern zu bestehen.

"Schalker Fan etwas anders gestrickt"

Passt Badstuber denn zu Schalke?
Er hat eine fußballerische Qualität, die den Schalkern bei der Spieleröffnung vielleicht abgegangen ist. Ob er am Ende der Saison wieder das Format hat, um zu Bayern zurückzukehren, wird man sehen. Wie er mit der Mentalität in Gelsenkirchen zurechtkommt, ist eine andere Frage. Der Schalker Fan ist ja etwas anders gestrickt als der durchschnittliche Bayern-Fan. Da muss man sich schon mal ein paar andere Dinge anhören als an der Säbener Straße.

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Wie groß ist Manuel Neuers Verbundenheit mit Schalke noch?
Ich glaube, dass er nie vergessen wird, wo seine Wurzeln sind. Er unterstützt mit seiner Stiftung in Gelsenkirchen-Buer auch Kinder, denen es wirklich erschreckend schlecht geht. Er hat seine Wurzeln also nicht ganz abgeschnitten – trotz seines Millionenhauses am Tegernsee.

Neuer gilt als wahrscheinlicher Nachfolger von Philipp Lahm als Bayern-Kapitän. Wäre das aus Sicht der Schalker Fans zu ertragen?
Ich würde ihm wünschen, dass er diese Leaderrolle übernimmt, und traue ihm das auch absolut zu.

Rafinha hat in seinem Spind bei Bayern sogar noch ein Foto von sich im Schalke-Trikot hängen.
Das Gefühl ist bei Schalke schon noch ein bisschen intensiver als bei Bayern. Das hat er nicht vergessen. Neulich, als ich als Field-Reporter in München war, hat er mich besonders herzlich begrüßt. Nach dem Motto: Aha, da steht ja noch ein Schalker.

"Null Fanatismus"

Aus ihren Sympathien für S04 machen Sie ja kein Geheimnis.
Bei mir ist null Fanatismus vorhanden. Fanatismus ist für mich eine der blödesten Sachen, egal ob in der Politik, der Religion oder dem Sport. Aber ich bin in Gelsenkirchen geboren und dort unter schwierigsten Umständen groß geworden. Mein Vater war Bergarbeiter und ist mit 49 Jahren an der Staublunge gestorben. Günter „Ille“ Karnhof, schon zu Oberligazeiten Rechtsverteidiger auf Schalke und Teil der Meistermannschaft von 1958, war auch Bergmann und arbeite zusammen mit meinem Vater auf einer Zeche. Der verkehrte bei uns zu Hause – das war ganz normal für mich. Solche Dinge prägen einen und ich bewahre mir dieses Herz und diese Seele für das, was ich damals empfunden habe.

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Mit Julian Draxler sorgt eine weitere ehemalige Schalker Identifikationsfigur derzeit in Paris für Furore.
Julian Draxler ist ein Ausnahmefußballer. Auf der anderen Seite ist er manchmal extrem schwierig. Wenn er heftige Kritik abbekommt, hat er die noch tagelang im Kopf. Er denkt über Vieles zu viel nach. Wenn es nicht läuft, lässt er schnell die Flügel hängen. Und in jüngster Vergangenheit ist er für viele Fans in Deutschland leider auch der Inbegriff des Kapitalismus im Fußball geworden.

Hat er mit Paris die richtige Entscheidung getroffen?
Der Gelsenkirchener an sich gehört einfach in Weltstädte wie Paris. Wir gehören dorthin, wo es das große Theater, die Kunst und die Mode gibt. So ironisch sich das alles anhört, so ein bisschen reklamiert er das glaube ich schon für sich. Von Schalke über Wolfsburg nach Paris. Für mich ist das also komplett logisch.

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