Das Frust-Triple
Nach der Basel-Blamage sieht Boss Karl-Heinz Rummenigge die Gefahr, dass der FC Bayern alle Titel verspielt. Er hält eine leise, aber eindringliche Brandrede: „Ihr müsst wach werden! Ihr müsst bös’ werden!“
Basel - Der Donnerstag hatte gerade begonnen, als Franck Ribéry sich leicht nach vorne beugte, mit seinem Zeigefinger die Nase, mit dem Mittelfinger seine Lippen berührte. Der Filou Ribéry ernst und in Denkerpose, das hat man auch noch nicht so oft gesehen beim FC Bayern. Doch er wusste, was die Stunde geschlagen hatte. Und lachen war einfach nicht angebracht, hier beim Mitternachts-Bankett der Bayern im Salon Sydney des Basler Le Plaza. Nicht für Ribéry. Und nicht für die anderen Spieler, die sich in Basel noch weiter in die Krise gespielt hatten. Mit 0:1 hatten die Bayern das Achtelfinal-Hinspiel nach einer weiteren uninspirierten Leistung in Basel verloren, der Negativ-Strudel dreht sich immer vehementer. Nun hieß es für die Spieler: zuhören.
Denn das Wort hatte Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef. Der hatte schon am Montag im Auditorium an der Säbener Straße versucht, die Mannschaft durch eine harte Ansprache aufzurütteln. Nun folgte eine Brandrede mit leiser Stimme. Er nahm sich die Spieler vor, appellierte an ihre Ehre, beschwor sie.
Etwas mehr als vier Minuten sprach Rummenigge, frei und floskelfrei. Es war eine Rede, die zwar nicht von der Schärfe, aber doch von der aufrüttelnden Intention her an jene berühmte Lyoner Bankett-Rede Franz Beckenbauers 2001 erinnerte. Damals warf Beckenbauer dem Team, das wenig später Champions-League-Sieger wurde, vor "Altherren-Fußball" zu spielen. Nun fragte Rummenigge: „Was ist geschehen seit Weihnachten?“ Man müsse sich große Sorgen machen. „Es macht keinen Sinn, jetzt hier großen Zirkus zu machen“, sagte er noch, ehe der inhaltlich stärkste Teil seiner Rede kam. „Ich möchte nur an die Mannschaft appellieren: Ihr müsst wach werden! Wach werden! Ihr müsst bös’ werden. Ich kann euch nur eins sagen: Es macht keinen Sinn, jetzt auf den Platz zu gehen und zu denken, die Dinge werden sich von selbst regulieren. Das wird nicht der Fall sein, das gab es zu keiner Zeit. Ihr müsst jetzt aggressiv spielen, und ihr müsst die alte Sepp-Herberger-Weisheit ,Einer für alle, alle für einen’ wieder aus dem Hut zaubern. Am Sonntag geht’s los, meine Herren.“
Am Sonntag ist Schalke zu Gast in der Allianz Arena, bei einer Pleite würde Bayern auf Platz vier zurückfallen – und die Saison, die so gut begonnen hatte, mit rauschenden Spielen und leichten Siegen, würde endgültig in den Negativ-Strudel der schlechten Ergebnisse geraten. Der Traum von der erfolgreichsten Spielzeit der Klubgeschichte droht zum Albtraum des Frust-Triples zu werden. Obwohl sich Spieler, Trainer und Bosse optimistisch gaben, dass Bayern die Basler schlagen würde im Rückspiel in drei Wochen, in dieser Form scheint alles möglich. Vor allem alles Üble.
Es besteht die realistische Chancen, dass der Sturmlauf nach Fröttmaning zum Henkelpott bereits im Achtelfinale strandet. Gegen einen Klub wie den FC Basel! „Und vergesst nicht, was auch ihr den Fans versprochen habt: Am 19. Mai das Finale, und ich glaube nicht, dass man sich im Achtelfinale ganz einfach so verabschieden darf“, so Rummenigges unmißverständliche Aussage.
Den Beweis, und das nur nebenbei, dass die Bayern-Spieler im Pokal-Halbfinale am 21. März Gladbach zumindest einmal in dieser Saison schlagen können, haben sie auch noch lange nicht gebracht. Rummenigges Appell geriet deshalb drastisch: „Wir müssen in den nächsten Wochen gemeinsam, gemeinsam ist die Parole, aber hart arbeiten, um wieder aus der Scheiße, in die wir uns leider in den letzten Wochen reingespielt haben, rauszukommen."