Das Doktor-Spiel beim FC Bayern München

Im ersten Spiel der Nach-Müller-Wohlfahrt-Ära kommt Dr. Volker Braun zum Einsatz. Doch wer ist schuld am Bruch? Sammer: „Wir haben es zur Kenntnis genommen und bedauert. Es ist alles gesagt“
von  Patrick Strasser
Die Ära Müller-Wohlfahrt beim FC Bayern ist vorbei - wie geht es jetzt weiter?
Die Ära Müller-Wohlfahrt beim FC Bayern ist vorbei - wie geht es jetzt weiter? © dpa

München / Sinsheim - Gestatten, Dr. Braun. Was kann ich für Sie tun? Wo zwickt’s denn? Der erste Patient des neuen Bayern-Arztes Volker Braun (41), Orthopäde und Unfallchirurg, der ansonsten die zweite Mannschaft drei Klassen tiefer in der Regionalliga Bayern betreut, hieß Juan Bernat. Hoffenheims Sebastian Rudy hatte den Knöchel des Spaniers am Anfang der Partie übel malträtiert. Bernat musste lange behandelt werden, blieb zur Pause in der Kabine. Entwarnung kam später von Trainer Pep Guardiola: „Ich glaube, er kann gegen Porto spielen.“

Ärzte-Zoff: Sammer widerspricht Müller-Wohlfahrt

Am Dienstag in der Champions League, im Spiel zwei der Ära nach Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, genannt „Mull“. Der 72-Jährige war am Donnerstag zurückgetreten, hatte nach einem wohl erneuten Streit mit Guardiola, der von Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge unterstützt wurde, hingeworfen. Nach 38 Jahren Zusammenarbeit.

Ungeklärt bleiben die Schuldfrage und der genaue Hergang des Zerwürfnisses im Anschluss an das 1:3 in Porto, bei dem Bayern wichtige Spieler wie Schweinsteiger, Ribéry, Robben, Alaba, Benatia und Martínez verletzt fehlten. Was Pep zu viel wurde – numerisch wie emotional. Die Bayern-Bosse weisen die Verantwortung für die Eskalation mit Müller-Wohlfahrt, der seit 1977 bei 47 Titelgewinnen dabei war, von sich. „Keiner hat ihm die Schuld an der Niederlage in Porto gegeben“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer bei „Sky“ und fügte hinzu: „Für Bayern München ist es eine Stilfrage, in solchen Situationen die Dinge kurz und prägnant zu beantworten. Es ist die Entscheidung von Müller-Wohlfahrt. Wir haben es zur Kenntnis genommen und es bedauert. Es ist alles dazu gesagt.“ Nur noch nicht von allen. Karl Valentin lässt grüßen. Fortsetzung folgt.

Mull schmeißt hin: Das sagen die AZ-Leser

Wenn die Sache nur nicht so ernst und folgenreich für die Spieler wäre, da es um den Vertrauensarzt der meisten Bayern-Profis geht. Nach dem 2:0 gegen Hoffenheim eilten die Bosse um Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Karl Hopfner sowie die Vorstände Jung und Wacker an den Journalisten vorbei aus der Kabine Richtung Ausgang. Den Blick zu Boden gerichtet. Vier Männer, zwei Worte, keine Meinung, zumindest nicht für die Öffentlichkeit. „Schönen Sonntag!“, sagte Rummenigge. Es ist zu erwarten, dass „Mull“ als erster zur Sprechstunde bitten wird. „Ich werde mich irgendwann äußern, aber heute ist es noch zu früh“, hatte er am Freitag vor seiner Praxis im Alten Hof gesagt.

Und die Spieler? Sie waren extrem vorsichtig mir ihren Statements. Eine delikate Angelegenheit, man kann sich ja nicht auf eine Seite der Zoff-Parteien schlagen. „Mull ist der Doktor bei der Nationalmannschaft, ich kenne ihn seit Jahren“, sagte etwa Torhüter Manuel Neuer und erklärte: „Es hängt natürlich auch immer von der Verletzung ab. Dann hat man seine speziellen Leute, zu denen man hingeht. Aber ich bin Nationalspieler und werde natürlich auch weiterhin von Müller-Wohlfahrt behandelt werden.“ Bayerns Weltmeister Jérome Boateng würdigte ihn als „ganz tollen Arzt“.

Müller-Wohlfahrt-Zoff: Ende der heilen Bayern-Welt

„Er ist eine Ikone seines Fachs. Viele Sportler schwören auf ihn. Klar ist es ein Verlust, auch für Bayern. Es war sehr überraschend für uns alle, ein Schock – sicher ungünstig in dieser Phase“, sagte Sebastian Rode und Sky-Experte Stefan Effenberg, früher Bayern-Kapitän, meinte: „Natürlich werden die Spieler weiter zu Müller-Wohlfahrt gehen. Guardiola kann ja keine Straßensperren auf dem Weg zur Praxis aufstellen. Denn der Doc ist auch als Mensch eine Vertrauensperson und wird es bleiben. Das macht es für das neue Ärzte-Team schwierig.“ Dr. Volker Braun soll den Job bis Saisonende machen. Und ab Juli? Kommt Zeit, kommt Arzt.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.